Pankikattacken und Versagerängste? Wenn Prüfungen zum Alptraum werden

Als Kind hatte ich extreme Angst vor der Schule. Die Grausamkeit, vor vielen Mitschülern von der Lehrkraft-Autorität verhöhnt zu werden, kenne ich nur zu gut. Denn durch meine Angst entsprach anscheinend alles, was ich dachte, aussprach und tat, genau dem, was so ein Lehrer bzw. eine Lehrerin mit Dummheit und Versagen in Verbindung brachte. Später habe ich noch einige Male diese Rolle erlebt im Berufsleben, mit Chefs, die mich niedermachten. Ehrlich gesagt war sogar genau das mein Motiv, mich 2004 selbstständig zu machen. Nie wieder Panikattacken und Versagensängste vor Menschen, die Macht über mich haben!

Heute liebe ich Herausforderungen und Bühnen - doch früher war das ganz ganz anders...

Heute liebe ich Herausforderungen und Bühnen – doch früher war das ganz ganz anders…

Rückblickend erkenne ich mich Staunen, dass gerade diese demütigenden Lehrer und Chefs die unfähigsten waren. Ich habe lange gebraucht, das zu erkennen, doch tatsächlich scheint es eine Grundregel zu sein, dass wirkliche Autoritäten jedem Menschen Respekt entgegen bringen – und „Angeber“ ihre Position verteidigen, indem sie andere durch Worte und Taten niedermachen. Ich weiß nicht, ob diese Erkenntnis tröstet, aber das kann ich versprechen: Menschen die andere demütigen und Menschen, die immer alles besser wissen, sind Angeber, die sich mit dieser Taktik vor Entlarvung schützen. Angeber als Chef, Angeber als Pädagoge, Angeber in ihrem Fach, Angeber als menschliches Wesen…

Seit 11 Jahren genieße ich das Privileg, mich nicht mehr Prüfungen und Bewerbungssituationen aussetzen zu müssen. Ich habe keine Chefs mehr über mir, die sich auf meine Kosten profilieren können. Wenn ich in eine Situation komme, in der ich erlebe, wie sich ein Chef über seine Mitarbeiter, seinen Ehepartner, seine Kinder oder andere Abhängige erhebt, pflege ich auf der Stelle ehrliches Feedback zu geben und die Situation zu verlassen – zu tief sitzen meine eigenen schmerzhaften Erfahrungen, ich dulde das nicht.

Heute bin ich selbst Lehrer, habe die große Ehre, Studenten, Akademiker und erfahrene Kommunikationsprofis in Marketing und Social Media unterrichten zu dürfen. Das größte Kompliment, das ich dann immer bekomme ist: „Eva, eigentlich bist Du mehr Moderator als Lehrer, Du holst damit alles aus uns heraus“. Ich bemühe mich um eine Lernsituation, in der niemand auch nur die geringste Prüfungsangst aufbauen kann, indem ich jedem einzelnen Teilnehmer zeige, dass er etwas ganz Besonderes ist und stolz auf sich sein kann. Ich gestalte die Prüfungen bewusst so, dass Jeder sich selbst staunend überprüfen kann und Freude daran hat, Wissen und Kreativität frei zu entfalten. Klappt in der Erwachsenenbildung sehr gut.

Ich stehe heute viel auf Bühnen, schwinge Reden und gründe laufend neue Unternehmen. Man schätzt meine Kreativität, meine Intelligenz, meine Empathie, meine Freundlichkeit und meine strategischen Fähigkeiten. Ich trau mich an jede Autorität, liebe Herausforderungen, fühle mich gleichwertig jedem Menschen gegenüber, auch und gerade den großartigen Visionären, Unternehmern und Weltveränderern gegenüber, die ich bewundere und die mir Vorbild und Leitbild sind. Nie hätte ich gedacht, dass aus dem verschüchterten kleinen Mädchen mal so ein „Erfolgsdrachen“ wird, der sich von Niemandem etwas gefallen lässt. Es ist himmlisch, so frei und selbstständig zu sein!

Ich bin sehr froh, dass wir heute in einer Zeit leben, in der die Angst vor Arbeitslosigkeit gering ist. Ich wünsche mir, dass wir bald in eine Zeit kommen, in der die Arbeitgeber und Personalverantwortlichen sich vor Bewerbungsgesprächen fürchten, da sie womöglich vom Bewerber abgelehnt werden könnten wegen mangelnder Kompetenz, Sympathie und Vertrauen! Ich wünsche mir eine Zeit, in der die Menschen nicht mehr erpressbar und bedrohbar sind von „Mächtigen“, eine Zeit, in der jeder das Recht auf Leben, Wohnen und ein menschenwürdiges Einkommen hat, unabhängig von Leistungsbeurteilungen und Abhängigkeiten.

Meine Tipps für Menschen, die unter Prüfungsangst leiden

  1. Es tut mir furchtbar leid, dass es so ist. Ich kann mich daran gut erinnern, an diese Panik bei einer Mathearbeit, an die kafkaeske Atmosphäre bei einer mündlichen Latein-Prüfung, an das Selbstbild, wenn mir in einem Mitarbeitergespräch mitgeteilt wird, was alles an mir nicht stimmt. Bitte wisst, dass Ihr nicht allein seid damit.
  2. Ich wünsche Euch, dass Ihr beharrlich nach einem Weg sucht, Euch aus diesem alten Trauma zu befreien, wie auch immer dieser Weg ist. Bitte passt Euch nicht an und versucht nicht, den Erwartungen der „Besitzenden“ gerecht zu werden. Bitte seid stolz darauf, dass Ihr Prüfungsängste habt. Denn Prüfungsängste zeigen, dass Ihr fähig seid zu Demut und Selbstzweifeln – wäre es nicht furchtbar, Ihr wärt so wie die, vor denen Ihr zu Recht Angst habt? Wenn Ihr selbstgerecht, trampelig, mitgefühllos und ignorant wärt? Ich finde es toll Menschen zu begegnen, die Prüfungsangst haben, denn sie haben viel Gefühl und sind lieb. Respekt!
  3. Mein letzter Tipp: Hütet Euch vor Verbindlichkeiten, die Euch erpressbar machen und Euch zu Lügen und falschen Kompromissen zwingen. Haltet Euch fern von Schulden und anderen finanziellen Lasten. Versucht so zu leben, dass Ihr jederzeit Situationen verlassen könnt, die Euch krank machen und die Euch schaden. Gönnt Euch Euren Charakter mit der Prüfungsangst, und lauft nicht jedem Job hinterher! Bewahrt Euch Eure Ehrlichkeit und Verletzlichkeit, damit Ihr nicht im Alter bitter und böse werdet. Die Lieben werden nämlich wunderbare Greise, um die sich die Ratsuchenden scharen. Es lohnt sich, sich treu zu bleiben. Also:
    Love it, change it or leave it (Liebe es, verändere es oder hau ab, so schnell Du kannst 😉 )

Danke schön an Lars Hahn, der diese Blogparade ins Leben gerufen hat. Jeder, der zu dem Thema etwas schreiben möchte, kann das tun – entweder in einem eigenen Blog oder bei Medium.com – einer Plattform, bei der man sich ganz einfach registrieren kann und dann Beiträge schreiben kann.

Was genau sich Lars Hahn von uns wünscht, könnt Ihr hier lesen:
Bogparade gegen Lampenfieber und Prüfungsangst

Lars Hahn verlinkt dann Euren Beitrag zum Thema und verbreitet ihn über Twitter, Facebook, Xing…. Und es ist so ein wichtiges Thema! Also ran an die Tastatur und mitmachen: Kennt Ihr Lampenfieber und Prüfungsangst? Was sind Eure Tipps dagegen?

Last but not least möchte ich auf einen zweiten Blogparadebeitrag hinweisen von der wunderbaren Karriereberaterin Svenja Hofert. Sie bringt noch mal einen ganz anderen Aspekt in die Frage, ob Menschen auf ihr Lampenfieber stolz sein können. Denn oft genug ist das mangelnde Lampenfieber ein Zeichen von Selbstüberschätzung 😉 Aber lesen Sie selbst:
Svenja Hofert: Wenn Menschen zu cool sind und sich selbst überschätzen

 

 

 

 

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

3 thoughts on “Pankikattacken und Versagerängste? Wenn Prüfungen zum Alptraum werden

  • Reply Lampenfieber und Prüfungsangst › LVQ. Karriere-Blog 31. August 2015 at 12:06

    […] Pankikattacken und Versagerängste? Wenn Prüfungen zum Alptraum werden von Eva Ihnenfeldt (29.08.2015) […]

  • Reply Moritz 7. Februar 2017 at 08:23

    Schöner Artikel!
    Tatsächlich sind es oft die hohen Ansprüche an uns selbst, die zur Prüfungsangst und im schlimmsten Fall zum Blackout führen.
    Mein Tipp: Kurz vor der jeweiligen Prüfungssituation einfach die schlimmsten Ängste und Befürchtungen, die man damit hat, auf ein Blatt Papier schreiben.
    Laienhaft ausgedrückt werden die Ängste so „extern gespeichert“ statt im Gehirn alles zu blockieren.
    Mir hilft’s – dem nächsten der hier vorbeischaut ja vielleicht auch 🙂
    Liebe Grüße
    Moritz

  • Reply Prüfungsangst und Lampenfieber Kostenloses E-Book › LVQ. Karriere-Blog 18. Juni 2018 at 13:37

    […] Pankikattacken und Versagerängste? Wenn Prüfungen zum Alptraum werden von Eva Ihnenfeldt (29.08.2015) […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert