Social Media Eigenmarketing für Bewerber Teil 3: Wie man die Hemmung, sich im Web sichtbar zu machen, ablegen kann

In den ersten beiden Teilen dieser kleinen Serie „Social Media Eigenmarketing für Bewerber“ haben wir uns mit dem unterschiedlichen Verhalten von Unternehmen und Bewerbern bei der Stellenbesetzung beschäftigt – und mit den Möglichkeiten, das digitale Bewerbungsprofil aufzupeppen. Doch ab jetzt werden wir uns tatsächlich mit den verschiedenen Aspekten der neuen Zeit beschäftigen, in denen Erwerbstätige mit unternehmerischer Kreativität an ihre beruflichen Ziele herangehen können – und vielleicht auch herangehen sollten. Kein Wunder, dass diese Aussicht Ängste erzeugt. Privatsphäre ist seit hunderten von Jahren eines der wichtigsten Rechte der Menschen. Stehen Eigenmarketing und Privatsphäre nicht im Widerspruch zueinander? Sollte man nicht lieber versuchen, sich komplett unsichtbar zu machen, anstatt offensiv vorzugehen?

Wohin geht der Arbeitsmarkt der Zukunft?

Keine Frage, je austauschbarer ein Job ist, desto unwichtiger ist die Frage nach Eigenmarketing. Um im Lager zu arbeiten, Karriereleitermuss ich weder empathisch noch kreativ sein, alles was ich brauche, ist Zuverlässigkeit, fachliche Kompetenz und eine gute Gesundheit. Das lässt sich auch durch den Lebenslauf dokumentieren. Doch schon bei begehrten, gut bezahlten Stundentenjobs wie Messe-Promotion wird sicher der/ oder Diejenige bevorzugt, die „Frische“, Engagement und Attraktivität ausstrahlen. Ob da nicht die Agentur auch die Web-Profile der besten Bewerber mal googlet?

In den USA arbeitet schon jeder dritte (!) Erwerbstätige als Freelancer, Tendenz weiter steigend. Durch die Globalisierung und Digitalisierung nähern sich diese Zahlen weltweit an. Es kann sein, dass auch in Deutschland die Zahl der selbstständigen Erwerbstätigen steigen wird, auch wenn unsere Gesetzgeber versuchen, das zu verhindern. Unser bewährtes Sozialsystem ist durch diese Entwicklung definitiv gefährdet, doch viele junge Menschen finden es attraktiv, sich neben dem klassischen Angestelltendasein auch etwas Eigenes aufzubauen. Kann es nicht auch Chancen bergen, sich beruflich selbst zu verwirklichen? Können sich Anstellung und Persönlichkeit nicht zukunftsweisend verbinden zum Wohle aller Beteiligten?

Ob Chance oder Risiko, kluge Menschen wappnen sich für die Herausforderungen der Zukunft. Auch wenn wir in Deutschland gerade mit rund 6,0 Prozent Arbeitslosenquote weltweit eine privilegierte Situation erleben, ist nicht alles paradiesisch schön. Befristete Arbeitsverträge, unfreiwillige Teilzeitverträge, Minijobs und Leiharbeit, ein weiter steigender Mindestlohnsektor – selbst gut ausgebildete Akademiker wissen, wie schwierig es sein kann, sich im Arbeitsmarkt zu behaupten. Man muss den Tatsachen emotionslos ins Auge sehen: Eigenen Marktwert und eigene Chancen einschätzen, anschließend Strategien entwickeln, wie man den eigenen Marktwert steigern kann. Und da ist gutes Eigenmarketing definitiv der wichtigste Erfolgsfaktor.

Sich im Web sichtbar machen – muss das sein?

Vor Kurzem ging durch die Presse, dass die US-Einreisebehörden die Social-Media-Accounts aller einreisenden Touristen prüfen wollen. Man geht davon aus, dass jeder Mensch in irgendeiner Weise Social Media als Kommunikationsmedium nutzt. Ob überhaupt noch Urlaubern geglaubt wird, die sagen, dass sie in keinen sozialen Netzwerken angemeldet sind, sei dahingestellt. Auf jeden Fall macht sich in den USA Jeder verdächtig, der es nicht tut.

Was also wohl bald bei der US-Einreise obligatorisch sein wird, wird auch für Menschen im Bewerbungsprozess schon heute entscheidender. Zwar sind Unternehmen in Deutschland sehr viel vorsichtiger mit ihre „Überwachungs“-Politik als Unternehmen in anderen Staaten, doch auch hier wird schon auf Software von Anbietern gesetzt, die mit Datenanalysen und standardisierten Serviceleistungen wie Einstellungstests das Recruiting unterstützen. Big Data und People Analytics bei der Personalsuche.

Kurz und gut, je herausfordernder und ambitionierter die beruflichen Ziele sind, desto wichtiger ist es, im Web mit einem Profil aufzutreten, das diese Ziele unterstützt. Doch nun sind wir beim Kern der oben gestellten Frage angelangt: Wie kann ich die Hemmung ablegen, mich im Web sichtbar zu machen? Oder anders ausgedrückt: Was alles kann mir passieren, wenn ich mich selbstbewusst im Web präsentiere mit meinen Fähigkeiten und Zielen? Das Erste, was wohl jedem Social Media Aktiven voller Schrecken einfällt, ist der private Facebook-Account. Obwohl nur die Wenigsten die berüchtigten Volltrunken-Bilder vorweisen können, können auch extrem private Bilder, Meinungsäußerungen und Dialoge mit peinlichen Freunden und Verwandten Panik auslösen. Verständlich!

Die größten Gefahren für das digitale Eigenmarketing

Viele Karriereorientierte trösten sich mit ihrem Xing-Profil, das dem Lebenslauf in ihrem Bewerbungsprofil entspricht. Das ist ja auch schon ganz gut, weil man zumindest wagt, sich beruflich öffentlich sichtbar zu machen. Der erste Schritt ist also getan, wenn man ein Profil mit Bild in den beruflichen sozialen Netzwerken anlegt: Bei Xing und LinkedIn ein sorgfältig gepflegtes, aktuelles Profil zeugt davon, dass man kein digitaler Verweigerer ist – und dass man es mit den eigenen beruflichen Plänen ernst meint. Immerhin! Meistens ist man dann sogar nach einiger Zeit enttäuscht, weil es kaum Resonanz bei Xing gibt. Eine gute Voraussetzung, um weiter in die Tiefe zu gehen: Was könnte passieren, wenn ich als beruflich ambitionierter Mensch im Web sichtbar bin? Zwei Gefahren könnten lauern:

  • Meine privaten Freunde, Bekannte und meine Familie lachen mich aus. Ich werde wegen meiner Aktivitäten im Web gemobbt und verhöhnt.
  • Der potentielle Arbeitgeber hätte mich aufgrund meiner Bewerbung eigentlich eingestellt, doch wegen meiner Aktivitäten im Social Web überlegt es es sich anders.

Ja, beide Gefahren sind real vorhanden. Immer, wenn ich mich an die Öffentlichkeit begebe, kann das privat negative Konsequenzen nach sich ziehen. Ob ich ein politisches Amt anstrebe, mich in der Flüchtlingshilfe engagiere, mich als Model casten lasse oder anders aus der Masse heraustrete – garantiert gibt es Menschen, die das unpassend finden und die sich darüber aufregen.

Ja, beide Gefahren sind real vorhanden. Mit meinem Bewerbungsprofil erzeuge ich beim Personalverantwortlichen eine bestimme Erwartungshaltung, und tatsächlich kann mein öffentlich sichtbares Profil im Web diese Erwartungshaltung enttäuschen. Wenn ich zum Beispiel in beruflichen Netzwerken über digitale Herausforderungen diskutiere, und wenn mein potentieller Arbeitgeber dem digitalen Wandel extrem skeptisch gegenübersteht, kann meine Überzeugung abschrecken.

Auf der anderen Seite sind die „Unsichtbaren“, die sich stets bemühen, es Allen recht zu machen, auch nicht mit Erfolg gesegnet. Häufig geht es ihnen sogar so, dass sie ausgenutzt werden, in quälende Situationen geraten, krankmachende Arbeitsbiografien erleben, immer mehr an sich selbst zweifeln, resignieren. Vielleicht sollte man doch über den eigenen Schatten springen und die Risiken in Kauf nehmen?

Hemmungen abbauen und Spaß haben am webbasierten Eigenmarketing

In der letzten Folge haben wir schon die Möglichkeiten des Eigenmarketing-Videos beleuchtet, das mit einfachen Mitteln in das digitale Bewerberprofil eingebaut werden kann. Auch wenn Sie das nicht umsetzen wollen, können Sie ja als Vorbereitung für ein Social Media Eigenmarketing einfach mal zum Spaß so ein Video für sich produzieren? Muss ja Keiner sehen – Smartphone und Stativ reichen aus. Einfach mal probieren – so lange, bis es Ihnen gefällt. Wer sich selbst angucken und sich selbst zuhören kann, ist schon ein ganzes Stück weiter beim Abbau der Hemmungen. Und wenn Sie dann so zufrieden sind, dass Sie Ihr Video Freunden zeigen – dann ist das Meiste passiert. Dann sind Sie reif für den nächsten Schritt.

Was ebenfalls hilft als Vorbereitung, um die Hemmungen abzubauen, ist die Professionalisierung des Facebook-Accounts. In Deutschland melden sich viele junge Menschen unter 18 Jahren bei Facebook mit einem Fake-Profil an – obwohl das laut Facebook-AGB verboten ist. Doch irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, dieses „kindliche Verhalten“ abzulegen und mit dem Klarnamen zu agieren. Häufig wählen Facebook-User die (ebenfalls verbotene) Variante, ein zweites Profil mit Klarnamen anzulegen und weiterhin mit dem Fake-Account privat zu kommunizieren. Doch wie wäre es, wenn man sämtliche Aktivitäten auf den Klarnamen verschiebt und dort eine Liste anlegt mit den privaten Kontakten – so dass niemand Ungebetenes die sehr privaten Posts und Kommentare sehen kann? Mit der Zeit kann man dann irgendwann das Fake-Profil löschen. So hat man behutsam eine Korrektur vorgenommen, ohne die privaten Freunde vor den Kopf zu schlagen.

Zum Dritten wäre es sehr hilfreich, wenn Sie für ein, zwei Wochen täglich irgendwo im Web einen Kommentar schreiben, eine Bewertung vornehmen (z.B. von Ihrem Ex-Arbeitgeber), in einem Forum mitdiskutieren oder bei Xing einen Inhalt hinzufügen. Je mehr Sie im Web aktiv sind unter Ihrem eigenen Namen, desto mehr Vertrauen gewinnen Sie darin, dass nicht Schlimmes passiert. Abgesehen davon gewöhnen Sie sich durch diese webbasierte Kommunikation daran, sich mit Ihrem beruflichen Ich zu identifizieren. Es ist nun mal etwas ganz Anderes, ob ich privat über Fußball oder Mode diskutiere, oder ob ich mich als berufliche Kompetenz erweise.

Darum enden wir heute mit einer kleinen „Hausaufgabe“:

  • Erstellen Sie ein kleines Video von sich mit Ihrem Smartphone, das Ihre berufliche Kompetenz und Ihre beruflichen Ziele wiedergibt. Niemand muss das Video sehen! Experimentieren Sie so lange herum, bis Sie ganz zufrieden sind.
  • Gewöhnen Sie sich mindestens eine Woche lang daran, jeden Tag irgendwo etwas Eigenes im Web öffentlich zu hinterlassen: Einen Kommentar in einer Online-Zeitung oder einem Blog, eine Bewertung, einen Beitrag in einem Forum oder einem (öffentlich sichtbaren) Netzwerk wie Xing.

Im nächsten Teil sind Sie dann gerüstet, sich damit auseinanderzusetzen, wie Sie aktiv Xing und LinkedIn nutzen können, um Ihr Eigenmarketing zu befördern. Wenn Sie spüren, dass Ihre Hemmungen grundsätzlich keine hindernde Rolle mehr spielen, können Sie diesen nächsten Schritt gehen. Und in der letzten Folge widmen wir uns dann den öffentlich sichtbaren Einträgen bei Facebook und Co. Wenn einmal die Ängste abgefallen sind, ist der Gestaltung freie Hand gegeben.

Hier der komplette Überblick über unsere Serie: Social Media Eigenmarketing für Bewerber

 

Bildquelle: pixabay_Peggy_Marco

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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