Social-Media-Manager-Zertifikate brauchen wir – noch

Philip Steuer bloggte  bei Medium über langweilige Unternehmens-Postings, die Angst vor dem Neuen und Zertifikate. In einigen Punkten gebe ich ihm Recht – aber vielleicht sollten wir mal über Zertifikate und Ausbildung und die Generation Y diskutieren.

Philip Steuer hält von Zertifikaten nichts:

Wie der gemeine Leser vielleicht schon festgestellt haben dürfte, halte ich überhaupt nichts von diesen Zertifikaten. Theorie schön und gut, aber a) wird hier nur in guter alter Copy & Paste Manier das wiedergegeben, was der Dozent vorgibt und b) hilft das schönste Zertifikat nicht weiter, wenn in der Praxis dann der allmächtige Kacksturm über die betreute Facebook-Seite des Kunden hineinbricht.

Weiterhin geht Steuer davon aus, dass junge Menschen irgendwie wohl automatisch total toll Social Media machen können.

Lieber auf junge Talente aus den eigenen Reihen setzen und auf deren natürlichen Erfahrungen als Digital Native vertrauen.

Gehen wir das mal der Reihe nach an: Ja, es gibt Unternehmen die erklären wie man Social Media nutzen kann. Ich sehe da auch nichts Schlechtes drin, weil der Beruf des Social Media Managers immer noch sehr jung ist und es noch nicht zum Status eines eigenen Ausbildungsberufes geschafft hat. Mehrfach sind mir zwar bereits schon Auszubildende zum SEO über den Weg gelaufen, die Branche ist ja auch nicht unbedingt alt, aber ich habe bei den verschiedenen Veranstaltungen noch kein Unternehmen gehört oder gesehen, dass wirklich Social Media als Hauptberuf ausbildet. Falls das der Fall sein sollte, melde man sich bitte in den Kommentaren.

Wie also kommt man an das Wissen für Social Media wenn man kein „Digital Native“ ist und nicht gerade so jung ist wie die Generation Y, die ja angeblich alles so wunderbar können. Man macht eine Zusatzausbildung, eine Fortbildung. Sicherlich gibt es auf dem Markt nun Unternehmen, die unseriös sind und in Pusemuckel was anbieten, womit man nicht arbeiten kann. Ich weigere mich aber schlicht und einfach alles in Acht und Bann zu tun nur weil es diese Unternehmen gibt. Das ist wie in jedem anderen Berufsfeld übrigens auch: Schwarze Schafe gibt es überall. Deswegen sollte man sich ja auch vorher genau darüber informieren – wie immer im Leben.

Das Kind mit dem Bade ausgeschüttet

Wenn Social Media Wissen also Zusatzwissen ist – und das auch noch etwas so bleiben wird, es sei denn man studiert direkt an der Uni, was nun auch nicht jeder machen kann aus vielfältigen Gründen – brauchen wir in Deutschland halt Weiterbildungsinstitute, die dieses Wissen lehren. Zudem werden Zertifikate ja auch explizit von Firmen gefordert: Oftmals sind sie Voraussetzungen für das Erklimmen der Karriereleiter. Und da wir in Deutschland darauf getrimmt sind, dass man um etwas zu können besser ein Papier hat auf dem steht, dass man kann was man kann… Nun.
Vielleicht gibt sich das auch irgendwann und vielleicht können wir in Zukunft tatsächlich auf Zertifikate verzichten und Firmen trauen ihren Mitarbeitern mal auch Fähigkeiten so zu – die Realität ist aber leider momentan noch nicht so weit wie die Wunschvorstellung, die Steuer in seinem Rant entwirft. Und ja, mag sein dass ein Absolvent eines Kurses bei einem Shit-Storm überfordert ist – aber wie oft kommt das denn jetzt a) vor und b) ist Social Media ein Feld, das man nie ausgelernt hat. Ein Absolvent eines Kurses hat aber immerhin mal die Grundkenntnisse, die nötig sind um mit den vielen Kanälen und Anforderungen überhaupt mal zurecht zu kommen. Und wenn ich denke, für wie viele Studenten Twitter alleine viel zu kompliziert ist. Abgesehen davon, dass für Whatsup natürlich nichts mit dem Internet zu tun hat. Ja, ich habe diese und andere Aussagen in dem Semester in dem ich als Gasthörer bei der UDE dabei war für Medienpädagogik von jüngeren Leuten des Studiengangs so gehört. Und selbst die müssten es eigentlich ja besser wissen…

A propos die Jugend von heute, die ja ach so total Digital und Native ist: Es mag jetzt sein, dass junge Leute generell schon ungefähr wissen was Social Media ist – ich bezweifle aber dass die Meisten von ihnen auch nur ansatzweise wissen wie man monitort, wie man Influencer findet, wie man jenseits der persönlichen Betreuung für den privaten Account eine Content Strategie entwickelt. Junge Leute bekommen natürlich das Wissen mit, dass in ihrer Firma notwendig ist um ihre Arbeit zu erledigen. Ich glaube aber nicht, dass jeder Betrieb intensiv SIO macht, SEO lehrt oder auch nur annähernd vermittelt wie man richtig mit den Tools des Social Web umgeht. Das führt dann aber auch gerade zu dem, was Philip Steuer beklagt: Langweilige Facebook-Postings von Unternehmen. Gewinnspiele. Etcetera. Gerade aber um das aufzubrechen müssen wir doch als Fachleute Leuten vermitteln wie es besser geht. Und das können wir generell momentan nur mit Zertifikaten oder anderen Bescheinigungen. Das ist momentan eben noch so und vielleicht ändert sich das auch noch. Aber nein, junge Leute können heutzutage nicht automatisch mit Social-Web-Tools umgehen. Um frische Ideen von ihnen zu bekommen müssen schon Lehrer da sein, die ihnen beibringen wie man mit den Tools umgeht. Und erst dann können die Jungen loslegen. Nicht vorher. Es sei denn sie sind Naturtalente. Solls geben.

Social Media ist Kommunikation, aber nicht jeder der kommuniziert macht das gut

Wenn Steuer meint, dass man keinen braucht der einen lernt wie man mit Menschen spricht hat er teilweise Unrecht. Zwar kommunizieren wir alle, aber wir kommunizieren nicht unbedingt immer gleich gut. Und nicht jedem ist die Gabe der schönen Rede gegeben. Dafür gibts – genau – Trainer. Und genauso wie es für die Verbesserung des Präsentieren, des Moderierens, des Formulierens Trainer gibt, so gibt es diese auch für Social Media. Daran ist nun per se erstmal nichts Schlechtes. Es kommt drauf an wer Kenntnisse vermittelt, wie das geschieht und wer der Ansprechpartner ist. Schwarze Schafe gibts immer. Aber genrell zu denken, dass die Jugend total toll Social Media für den Betrieb anwenden kann ist das Denken, der Praktikant könne das ja mal eben so nebenbei betreuen. Und das ergibt dann genau das was Philip Steuer auf die Nerven geht. Vielleicht sollte man daher erstmal gutes, exaktes Wissen vermitteln? Ich frag ja nur mal.

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