Was passiert eigentlich, wenn wir uns „viel zu wichtig nehmen“?

Was passiert eigentlich, wenn wir uns selbst total wichtig nehmen? Ist das gefährlich, weil es uns zu rücksichtslosen Egoisten macht? Ist es desillusionierend, weil wir sehr schnell merken, dass wir kein bisschen wichtig sind? Führt diese Einstellung zu Realitätsverlust und dem Konflikt zwischen Realer Welt und unserem Phantasie-Universum? Ich behaupte, ohne das Wissen, total wichtig zu sein, können wir nichts unternehmen. Gerade an Biografien großer Unternehmer sieht man, wie entscheidend für den Erfolg es ist, dass der Pionier und „Weltbeweger“ an sich glaubt, mutig seine eigene Welt in die Hand nimmt und sich nicht von Barrieren und Gegenwehr einschüchtern lässt. Nur wer sich selbst total wichtig nimmt wie ein Kind, kann etwas bewegen, und ich wünschte, jeder Mensch könnte diese Großartigkeit in sich wahrnehmen.

Der kleine Ingvar wuchs vor dem zweiten Weltkrieg in einem schwedischen Dorf auf, das von bitterer Armut geprägt war. Die BallerinaGroßmutter musste die Familie allein durchbringen, da ihr Mann aus Verzweiflung Selbstmord begangen hatte. Er sah schon als kleines Kind den Unterschied zwischen den reichen und den armen Bauern, und wie alle kleinen Kinder wusste er, dass es seine höchstpersönliche Aufgabe ist, seine Familie und sein Dorf zu retten.

Mit fünf Jahren verkaufte er Streichhölzer, um Einnahmen zu erzielen, später verkaufte er Möbel  – und noch heute ist er als Neunzigjähriger berühmt für seine Sparsamkeit – und IKEA ist ein Sinnbild dafür geworden, dass auch der einfache Mensch ein Recht darauf hat, schön und individuell zu leben wie die Wohlhabenden…

Ich vermute, dass die Großmutter von Ingvar Kamprad, zu der das Kind wohl eine sehr intensive Beziehung hatte, dem kleinen Jungen immer vermittelt hat, wie wichtig, einzigartig und unersetzbar er ist. Ich vermute, daraus hat dieser Unternehmer die Kraft gezogen, gegen alle Widerstände seinen Traum zu verfolgen. Wäre es nicht schön, wenn wir alle so voller Überzeugung an uns glauben könnten und stolz auf uns wären?

Das Schlimmste, was einem Kind passieren kann, ist die Erkenntnis, dass es nicht wichtig ist. Viele Kinder wachsen in diesem Bewusstsein auf. Sie erfahren schon sehr früh, dass sie der Familie, der Schule, der Umgebung gerecht werden müssen, um Anerkennung zu erfahren. Der Kern ihrer Persönlichkeit wird nicht geschätzt – geschätzt wird ihre Leistung und ihre Anpassung an Normen, die andere vorgeben. Später geht es so weiter: Beruf, Ehe, Freundeskreis – erschreckend viele Menschen leben in einem Umfeld, das sie als bedrückend und einschränkend erleben.

So bleibt oft nur der Traum vom „Reisen in ferne Länder“, der aus der Handlungsunfähigkeit befreien soll. Tatsächlich habe ich vor vielen Jahren mal eine Livesendung im Rundfunk erlebt, bei der Passanten gefragt wurden, was sie täten, wenn sie nur noch ein Jahr zu leben hätten. Fast durchgängig wurde „Reisen“ angegeben, was mich total verwirrte. Heute verstehe ich, dass „Reisen“ für Menschen, die sich unwichtig und ausgeliefert fühlen, oft die einzige Hoffnung ist, sich aus dem Erwartungs-Gefängnis zu befreien, Ausdruck der Sehnsucht nach Freiheit und ICH-Erlebnis – wie traurig!

Was für ein Loch würde in dieser Welt entstehen, wenn es Dich nicht gäbe? Warum bist Du einzigartig wichtig und unersetzbar?

Für mich besteht kein Unterschied zwischen Ingvar Kamprad, Mutter Teresa und meiner Nachbarin, die vor zwei Wochen im Alter von 96 Jahren gestorben ist. OK, sie hat kein Imperium gegründet und nicht ihr Leben den Armen gewidmet. Sie war Hausfrau und nicht besonders berühmt. Doch sie war eine so einzigartige Persönlichkeit, dass ich jedes Mal, wenn ich an ihrer Wohnungstür im Erdgeschoss vorbeigehe, das Loch regelrecht spüren kann, das nun entstanden ist, weil es sie auf diesem Planeten nicht mehr gibt.
Welches Loch würde bleiben…

Sie war bescheiden und freundlich, konnte supergut putzen und war sehr diszipliniert. Sie stellte wenig Anforderungen ans Leben und war auch mit Rollator noch jeden Tag unterwegs. Ist das nicht einzigartig und wichtig? Und ihre Freundin und Nachbarin auf dem selben Flur, die (etwas jünger) vor einigen Jahren gestorben ist – war sie nicht auch eine einzigartige Persönlichkeit? Sie war streng und misstrauisch, beobachtete ihre Umgebung sehr genau und konnte ausgezeichnet streiten. Auch wenn sie für uns alle unbequem war – als sie plötzlich fort war, blieb ein Loch, es fehlte etwas.

Ich finde es ganz schade, wenn der Wert eines Menschen bemessen wird nach dem Wert, den er oder sie für Familie, Liebespartner, Nachbarschaft, Beruf und Freunde hat. Wenn der Wert bemessen wird anhand von Nützlichkeitskriterien oder dem, was wir gemeinhin als „Liebe“ bezeichnen. „Liebe“ sollte nicht zwischen Menschen unterscheiden und trennen – Liebe sollte allumfassend sein und niemanden ausschließen. Liebe sollte nicht besitzen, Liebe sollte frei sein – und sich in der Gewissheit entfalten, dass alles gleichwichtig ist und wir alle miteinander verbunden sind. Jeder ist wichtig!

Es gefällt mir, dass es bei den jungen Menschen einen Trend gibt, sich unabhängig von Besitz und Status zu machen und ein eigenes Ding zu starten. Natürlich ist es nur ein kleiner Teil, natürlich versuchen die Allermeisten, den Erwartungen ihrer Umgebung gerecht zu werden – und doch entsteht da ein Pflänzchen, das mich freut.

Ob Digitale Nomaden, ob Social Media Creator, Künstler oder StartUp-Gründer, dank dem Internet und der weltweiten Verbindung in Echtzeit wachsen alternative Lebensmodelle – und Gleichgesinnte vernetzen sich. Menschen, die sich selbst total wichtig finden, sind tüchtige Menschen, denn sie haben keine Angst vor Handlungsfreiheit – sie probieren aus und kommen damit klar, hinzufallen und abgelehnt zu werden. Macht nicht gerade Ablehnung uns stark und schärft unseren Willen?

Also nur Mut: Einfach mal sich auszusprechen trauen, welches Loch bleiben würde, wenn es uns nicht gäbe. Einfach mal erleben, wie uns selbst die Tränen kommen vor Mitgefühl bei dem Gedanken, dass die Welt irgendwann auf uns verzichten muss. Schon Adam bekam von Gott den Auftrag, den Tieren Namen zu geben und die Welt zu gestalten. Nur los! Es gibt viel zu tun, packen wir es an 🙂

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One thought on “Was passiert eigentlich, wenn wir uns „viel zu wichtig nehmen“?

  • Reply Newsletter der SteadyNews vom 5. April 2016 - Steadynews | 14. April 2016 at 14:32

    […] Was passiert eigentlich, wenn wir uns „viel zu wichtig nehmen“? Was passiert eigentlich, wenn wir uns selbst total wichtig nehmen? Ist das gefährlich, weil es uns zu rücksichtslosen Egoisten macht? Ist es desillusionierend, weil wir sehr schnell merken, dass wir kein bisschen wichtig sind? Führt diese Einstellung zu Realitätsverlust und dem Konflikt zwischen Realer Welt… […]

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