„YouTube Heroes“: Wird von Google nun eine Denunzianten-Community gezüchtet?

Dazugehören, wichtig sein, belohnt werden, über Andere bestimmen, säubern – das sind Wünsche, die viele Menschen hegen. Wunderbar an diesen Sehnsüchten ist, dass man solche Menschen sehr gut für sich einsetzen kann, ohne ihnen dafür Geld zahlen zu müssen – Belohnungen anhand von Rechten, Spaß, Anerkennungen und „Beförderungen“ reichen da schon aus, um den Eifer anzuspornen. Genau mit diesen psychologischen Trick will nun Google Menschen finden, welche die Videoplattform YouTube kontrollieren und moderieren: Unerlaubte Inhalte melden, Kommentare löschen, Fragen beantworten – na eben einfach mal ein bisschen für Ordnung sorgen!

Das neue Programm „YouTube Heroes“

Bezeichnend, dass ausgerechnet unter dem Werbe-Video, in dem Google erklärt, was das neue Programm „YouTube Heroes“ youtube_1alles Tolles bietet, die Kommentarfunktion gesperrt ist. Immerhin ist ein Drittel der Nutzer, die die anderthalb Minuten gesehen haben, so gar nicht begeistert: sie haben ein Dislike gesetzt. Nur sehr wenige konnten sich zu einem „Like“ durchringen – doch egal, schließlich reichen ja auch wenige ehrenamtliche Hausmeister-Typen, um den Plan von Google durchzusetzen: Die Community als Aufpasser nutzen, um sich selbst vor Ärger und Verantwortung zu schützen.
Computerbild: Scharfe Kritik für Heroes Programm

Die Hausmeister-Heroes sollen übrigens nicht nur Urheberrechtsverstöße und beleidigende Kommentare finden, melden und löschen, sie sollen durchaus auch Gutes tun: Videos per Untertitel übersetzen, den YouTube-Nutzern für Fragen zur Seite stehen, im YouTube-Forum mitdiskutieren. Zur Belohnung gibt es dann Punkte, die man nutzen kann für Web-Seminare und weitere Rechtevergaben. Fleißige und tüchtige Heroes dürfen neue YouTube-Produkte vor der allgemeinen Markteinführung testen – und sicher können sie ab einem bestimmten Level auch eigenständig Videos und Kommentare löschen, da Google ihnen dann voll vertraut.

Manchmal frage ich mich, ob Google als Sozialpartner einfach untalentiert ist. Immer, wenn die „Großen Gelben Seiten Anzeigenverkäufer“ versuchen, in den Bereich „Social Network“ einzusteigen, geht es schief. Allzuoft schon haben sie ihre Fans und wohlwollenden Nutzer vor den Kopf geschlagen, zum Beispiel, weil sie einen Dienst plötzlich eingeschränkt oder gar abgeschaltet haben. Man hat sich schon daran gewöhnt, sich nicht auf Google Produkte zu sehr zu verlassen. Sie sind oft prima – aber auf die Zukunft würde man da nichts verwetten.

Facebook wird als Videoplattform immer mehr zum Konkurrenten. Auch Vimeo sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen, könnte sein, dass durch die „Heroes“ die Sympathien dahin abwandern. Immerhin entwickelt sich Vimeo auch zu einem beachtlichen Streaming-Anbieter. Auf jeden Fall wird mir sicher in Zukunft immer ein bisschen mulmig sein, wenn ich bei YouTube das Gefühl habe, von lauter ehrenamtlichen Hausmeister-Typen umgeben zu sein. Da bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass Google mal wieder etwas anfängt, und es rasch wieder bleiben lässt.

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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