Marketingstrategien Teil 3: Die Markt- und Wettbewerbsanalyse

Serie in den SteadyNews zu Marketingstrategien: Jeder weiß, dass man vor dem Start eines Unternehmens eine ausführliche Markt- und Wettbewerbsstrategie erarbeiten muss. Es nützt auch wenig, diese Arbeit bei einem Unternehmensberater einzukaufen (was leider viele tun) – wenn man selbst nicht den Überblick über Markt und Wettbewerb hat, wird man Fehler machen, die das Unternehmen gefährden. Man könnte es damit vergleichen, dass ein Farmer in einer völlig fremden Region eine Landwirtschaft aufbauen will mit den Erfahrungen aus seiner alten Heimat, mit dem gleichen Saatgut, den gleichen Ernteergebnissen, dem gleichen Verhalten. Doch wie verhält es sich bei einem etablierten Unternehmen: Wann braucht man eine erneute Markt – und Wettbewerbsanalyse – woran erkennt man, dass es Zeit ist für einen Change?

Markt- und Wettbwerbsanalysen – muss das sein?

MarktanalyseJedes Unternehmen kennt gute Zeiten und schlechte Zeiten. Immer wieder passieren Schicksalsschläge, die das weitere Bestehen bedrohen: Ein großer Kunde bricht weg, ein Konjunktureinbruch überwältigt das Unternehmen, ein Produkt wird nicht mehr nachgefragt, ein hervorragender Mitarbeiter verlässt das Unternehmen, gründet womöglich selbst und wird zur Konkurrenz. Es gibt wohl keinen Selbstständigen, der das Rauf und Runter nicht aus eigener Erfahrung kennt, ob Kleinstunternehmen, Freiberufler oder Mittelständler, die Eigenverantwortung fordert immer wieder ihren Tribut.

Mit einer guten Liquidität lässt sich vielleicht so manche Krise „aussitzen“, denn oft genug beruhigt sich die stürmische See von allein wieder, doch gerade bei kleinen Unternehmen braucht die Krise eine rasche unternehmerische Entscheidung, um bewältigt zu werden. In der heutigen Zeit verändern sich Märkte und Entwicklungen so schnell, dass man nicht mehr auf den früheren Stand hoffen kann. Stillstand ist Rückschritt, Ignoranz von Marktveränderungen oft genug der erste Schritt zum Scheitern.

Noch nie hatten Unternehmen eine so geringe Lebensdauer wie heute. Die durchschnittliche Lebensdauer aller Unternehmen liegt zurzeit bei rund zwölf Jahren, selbst die TOP 500 Unternehmen werden selten älter als 35, 40 Jahre. Die Selbstständigenrate in Europa steigt hingegen immer weiter. Die Aera der Großunternehmen scheint dem Ende zuzugehen, meint Prof. Dr. Winfried W. Weber und appelliert an den Unternehmergeist jedes Einzelnen.
Quelle: Prof. Dr. rer. pol. Winfried W. Weber, Professor für Management an der Hochschule Mannheim, „Zeit sich auf sich selbst zu verlassen“, 2009.

Zeit für Markt- und Wettbewerbsanalysen

Es ist keine gute Strategie, so lange mit einer erneuten Markt- und Wettbewerbsanalyse zu warten, bis die Krise da ist und kein anderer Ausweg bleibt. Denn wenn man erst dann über Änderungen nachdenkt, kann bereits zu spät sein. Darum ist meine Empfehlung, sich mindestens alle zwei Jahre mit einem externen Berater zusammenzusetzen, und einen Marketingplan zu erarbeiten. Falls Sie dies lieber allein tun wollen oder kein Budget für eine Beratung haben, meine Anleitung, wie Sie vorgehen:

  1. IST-Zustand Ihres Unternehmens aufzeichnen
    Jedes Unternehmen wird beeinflusst von den Einflussfaktoren: Lieferanten, Kunden, Wettbewerbern, Substitutionsprodukten (was meine Kunden anstatt meiner Produktangebote wählen) und neuen Mitbewerbern, die den Markt verändern. Ebenfalls entscheidend sind die Finanzen, die Produktionskosten und die Mitarbeiter. All diese Einflussfaktoren sollten objektiv untersucht werden.Man zeichnet mit Zahlen, Daten, Fakten ein genaues Bild des inneren Zustandes des Unternehmens – und der Umgebung, in der es sich bewegt. Dank des Internets ist es heute möglich, ca 70 bis 80% aller relevanten Informationen leicht und kostenfrei zu erhalten. Ihre betrieblichen Kennzahlen stehen Ihnen ja sowieso zur Verfügung. Übrigens bin ich immer wieder überrascht, wie wenig die Unternehmer über die eigene Kundenstruktur wissen. Oft wird ihnen erst durch eine solche Analyse deutlich, welche Kunden sie anziehen, und welches Alleinstellungsmerkmal sie haben!
  2. Die Wettbewerber identifizieren und durchleuchten
    Leider haben viele Unternehmen Scheu davor, ihre direktesten Mitbewerber zu analysieren. Das mag daran liegen, dass man sich ungern vergleicht, aber auch daran, dass man sich vor den Ergebnissen fürchtet. Doch diese Scheu ist unbegründet. Viel häufiger stellt man fest, dass die anderen auch nur „mit Wasser kochen“. Eine Wettbewerbsanalyse ist durchaus mutmachend und holt so manchen Götzen vom Podest. Welche Faktoren werden bei einer Wettbewerbsanalyse untersucht:Zunächst muss man die relevanten Wettbewerber identifizieren. Das bedeutet zu identifizieren, welche Marktteilnehmer meine Zielgruppe bei dem selben Problem abholen, bei dem ich Lösungen anbiete. Region, Produkt, Preisstrategie… sowohl Zielgruppe als auch Problem sollten identisch sein. Es nützt nichts, wenn die Zielgruppe abweicht. Kaufverhalten, Demografie, Zielgruppenmilieu, je genauer die Zielgruppen angesprochen werden, desto zielführender ist die Wettbewerbsanalyse – auch wenn Substitutionsprodukte angeboten werden.Haben Sie die relevantesten Wettbewerber identifiziert, sammeln Sie alles an Informationen, was wichtig ist. Im Internet gibt es immer mehr Möglichkeiten, an Informationen zu kommen, da heute noch Social Media zusätzliche Daten liefert. Wettbewerbsanalyse ist keine Sache von wenigen Stunden, sie sollte sehr intensiv betrieben werden. Am besten ist es, wenn Sie über Suchaufträge permanent Ihre erfolgreichsten und direktesten Wettbewerber beobachten, dann ersparen Sie sich die mühselige Grundanalyse alle ein, zwei Jahre.Welche Informationen relevant sind, können Sie nur durch die intensive Recherche entdecken. Denn Überraschungen gehören dazu. Nur wenn Sie Erstaunliches feststellen, sind das Inspirationen für Ihren eigenen Marketingplan. Konzentrieren Sie sich also nicht nur auf Größe, Umsatz, Marktanteile und Gewinn, sondern auch auf Unternehmensstrategie, Mitarbeiterzufriedenheit, Produktentwicklung, Reaktionsprofil, Kundenservice, Beziehungsgeflechte/ Netzwerke.
  3. Den relevanten Markt definieren
    Entscheidend ist nun, den relevanten Markt aus all diesen Informationen: Ihr Unternehmen in seiner „ökologischen Nische“ und zwei, drei Wettbewerbsunternehmen in ihrer „ökologischen Umgebung“ herauszufiltern. Das ist extrem wichtig, um im nächsten Schritt eine Marketingstrategie zu entwickeln. Doch was ist nun der „relevante Markt“?Der relevante Markt besteht im Grunde genommen immer aus Menschen. Auch wenn Sie B2B sind, wenn Sie industrielle Produkte an produzierende Unternehmen verkaufen, haben Sie es mit Menschen zu tun, die Entscheidungen treffen – für oder gegen Sie. Darum sollte Ihr relevanter Markt immer vom Menschen aus betrachtet werden.Nur wenn Sie es schaffen, Ihre Kunden zu begeistern, sind diese bereit, auch dann treu zu bleiben, wenn andere Anbieter billiger sind. Ihr relevanter Markt sind erreichbare Menschen mit einem Problem, für das Sie die optimale Lösung bieten. Ihr relevanter Markt sind die Kunden, die einen schlechten Tausch machen, wenn sie sich für einen Wettbewerber entscheiden. Auch wenn die Zielgruppe durch diese Eingrenzung klein sein sollte – kein Problem, Zielgruppen ausweiten ist die leichteste aller Übungen! Sie müssen Ihren relevanten Markt – egal, ob regional begrenzt oder global wie bei einem internationalen Online-Produkt  – so genau kennen wie Ihre Familie. Zum Abschluss des heutigen Teils ein Tipp, wie das geht.

Zielgruppe als Persona definieren

In der heutigen Zeit von Echtzeit und globaler Erreichbarkeit ist es wichtiger denn je, Zielgruppen so genau zu definieren, dass sie zu einem persönlichen Adressaten werden: Wir extrahieren den idealen Kunden/ die ideale Kundin aus all unseren Informationen. Ein Beispiel: Ich biete Unterstützung für Unternehmen an, die dem digitalen Wandel begegnen müssen. Ich untersuche die Probleme von kleinen und mittleren Unternehmen, ihr Reaktionsprofil, ihre Zuständigkeiten, ihre Ängste, ihr Wissen, ihre Finanzkraft und ihre Bereitschaft zur Mitarbeit. Ich untersuche das Lernverhalten des kompletten Unternehmens und die Bereitschaft der Mitarbeiter, sich den digitalen Herausforderungen zu stellen. Aus all diesen Informationen möglicher Zielgruppen extrahiere ich eine Branche, eine Unternehmensgröße, ein Milieu, das am ehesten bereit ist, diesen Change zu vollziehen. Ich definiere eine Persona:

  • Udo M. ist Inhaber einer Werbeagentur mit 12 Mitarbeitern. Er ist seit vielen Jahren „Platzhirsch“ in einer mittelgroßen Stadt mit 45.000 Einwohnern. Seine Kunden kommen sowohl aus der Industrie als auch aus der Dienstleistung, die haben sowohl B2B- als auch Konsumenten als Kunden. Da die Stadt in der Nähe einer Metropole liegt, ist die Aufgeschlossenheit gegenüber Veränderungen relativ hoch. Die Kunden erwarten von der Agentur zunehmend digitale Dienstleistungen.
  • Udo M. ist Familienvater, er hat drei Kinder, die in Waldorfeinrichtungen gehen. Seine Frau ist überwiegend für die Familie zuständig, sie arbeitet noch einige Stunden wöchentlich bei einer Freundin in einer Boutique.
  • Das Klima in der Agentur ist entspannt und freundschaftlich. Die Mitarbeiterfluktuation ist gering. Udo M. ist attraktiv, sportlich, ein guter Netzwerker und engagierter Bürger. Im vergangenen Jahr hat sich eine junge Werbeagentur in der Stadt angesiedelt, die viel digitale Kompetenz hat. Udo M. weiß, er muss etwas verändern, um seine Agentur erfolgreich in die Zukunft zu führen.

Mit dieser Identifikation kann ich nun als Projektleiter für den digitalen Wandel eine konkrete Strategie und ein konkretes Produkt entwickeln, mit dem ich Udo M. bei seinem Change begleite und unterstütze. Zwar handelt es sich um eine imaginäre Figur, doch das ist unerheblich – ja, sogar nützlich! Ich entdecke auf spielerische Art, wer an Zielgruppe zu mir passt und kann im nächsten Schritt meine CI (Corporate Identitiy) über Werbemittel, Strategien und Kommunikationsarten deutlich und adressatengerecht gestalten.

Wollen Sie auch eine Persona entwickeln?

Sie können natürlich auch jetzt sofort zum Spaß eine Persona entwickeln, die Ihr „idealer Kunde“ ist. Doch eigentlich macht dieser Schritt erst dann wirklich Sinn, wenn Sie mit Ihrer Markt- und Wettbewerbsanalyse zufrieden sind. Ich beschließe den heutigen Teil der Serie mit dem Hinweis aus ein herrliches Tool, mit dem Sie Ihren Idealen Kunden basteln können.

personapp.io:  Das Tool ist zwar in englischer Sprache, aber so simpel, dass Sie es schnell verstehen: Registrieren, bestätigen, Typus auswählen, die einzelnen Felder ausfüllen. Hier ein Beispiel von einem Unternehmensberater als Prototyp, für den wir als Netzwerk KMU-digital Schulungen und digitale Weiterbildungen entwickeln werden.

Eva_Ihnenfeldt_KMUdigital_kleinEva Ihnenfeldt
Marketing und Social Media
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Persona

 

 

 

 

 

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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