Online Journalismus und Social Media: Video Interview mit Lars Wienand

Lars Wienand ist wohl der erste Social Media Redakteur einer regionalen Tageszeitung in Deutschland – und zwar bei der Rhein-Zeitung, deren Verbreitungsgebiet im nördlichen Rheinland-Pfalz den Regierungsbezirk Koblenz, Mainz und das Umland von Mainz umfasst. Täglich erreicht die Rhein-Zeitung ca 640.000 Leser. Wie wir alle wissen haben Zeitungsverlage große Schwierigkeiten mit dem Trend zur „papierlosen Zeitung“ und kaum ein Leser ist bereit, für die Online-Version der regionalen Tageszeitung zu zahlen – was also tun?

Lars Wienand berichtet in dem folgenden Video-Interview mit Roman Mischel aus seinem Redaktionsalltag, der sich erheblich von dem seiner Print-Kollegen unterscheidet. Der Social Media Redakteur arbeitet vor allem vom Computer aus, er durchforstet Twitter, Facebook und andere soziale Netzwerke nach interessanten News aus der Region.

Durch eigenes Posten und virales Verbreiten von News im Namen der Zeitung aktiviert er Bürger, zu aktuellen Geschehnissen in den Dialog zu treten – dadurch gelangt er manchmal an Informationen, die seine Kollegen nicht hatten. Er greift Themen auf und recherchiert Hintergrundinfos, fragt nach und baut Beziehungen zu Quellen und Experten auf.

Seine Kollegen informiert Lars Wienand, wenn er spannende Neuigkeiten erkundet hat. Nach eigener Aussage bewerten ihn wohl die Redakteure der Rhein-Zeitung als „zusätzliche Quelle“. Das ist nicht immer nur eine willkommene Bereicherung, manchmal kann es auch als zusätzliche Arbeit oder verwirrende undurchschaubare Bürgerstimme aufgenommen werden – aber das gehört zum Journalismus nun mal dazu.

Etwas schade ist, dass ein Social Media Redakteur seltener Außentermine wahrnehmen kann als ein Print-Redakteur. Die Geschehnisse in der „virtuellen Welt“ der sozialen Netzwerke erfordern so viel Aufmerksamkeit und Beständigkeit, dass die Produktion eigener Blogbeiträge, Bild- und Videoartikel vor Ort weniger Raum erfährt. Lars Wienand erzählt dass er früher sogar an freien Tagen und im Urlaub ständig bei Twitter und Facebook überprüfen musste ob etwas passiert war – denn Pausen gibt es im Internet nun mal nicht. In der Zwischenzeit ist jedoch eine Vertretung geregelt – so wird die Arbeit strukturierter und leichter.

Ich selbst finde es ausgesprochen spannend, in Echtzeit regionale Geschehnisse verfolgen und mitgestalten zu können, mit Bürgern, Bloggern und Experten unkompliziert und direkt in Dialog treten zu dürfen – und wie ein Detektiv Gerüchte von Tatsachen, Meinungen von Wahrheiten und versuchte Beeinflussungen von ehrlichem Engagement unterscheiden zu lernen. Doch natürlich bleibt das Rätsel, wie man denn nun als regionale Tageszeitung mit dieser Form von Online-Journalismus Geld verdienen kann – sicher wird es noch einige Zeit dauern, bis hier der „Stein der Weisen“ gefunden wird – doch finden wird man ihn, Journalismus ist schließlich die vierte Gewalt in einer Demokratie – und in jeder Gesellschaft unverzichtbar.

 

Der Social Media-Redakteur: Lars Wienand, Rhein-Zeitung (ABZV Videoreporter Folge #5) from ABZV on Vimeo.

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