Warum wir Dinge tiefer denken sollten: Tools sind Tools und ändern sich

Die Drohne in ihrem natürlichem Lebensumfeld. Foto: Christian Spließ

Die Drohne in ihrem natürlichem Lebensumfeld. Foto: Christian Spließ

Medienpädagogen seien, so steht die Behauptung im Raum, die natürlichen Feinde der Social-Media-Manager. So ganz kann ich nicht nachvollziehen woher diese Behauptung kommt und welche Grundlagen sie hat. Natürlich klären Medienpädagogen über die Benutzung von Medien auf, forschen über die Sozialen Netzwerke und auch über die Hintergründe. Natürlich ist ein Konzept wie SIO ein gefundenes Fressen für sie, weil SIO auch psychologische und verhaltensbestimmende Aspekte dabei hat. Aber abgesehen von dieser vielleicht kleinen Bedenkenträger-Last: Ich sehe da keine Feindschaft. Allerdings: Sicherlich kann man darüber streiten ob die Konzentration auf reine Tools nicht vielleicht ein wenig überhand nimmt derzeit.

Neulich: Bekannter Pädagoge verurteilt die Nutzung von Tablets im Klassenzimmer. Reaktionsverhalten: Befürworter, Gegner schlagen aufeinander ein und nur selten kann man eine differenzierte Meinung zu diesem Thema wahrnehmen. Die einen fühlen sich in ihrer These des „Dieses Internetzeugs braucht wirklich keiner, wir kamen zu meinen Zeiten auch ohne Technik aus! Und das war VIEL BESSER, weil…“ bestätigt. Andere wieder seufzen, warum man in Deutschland offenbar immer noch der Zeit hinterherhinke. Die Realität sähe doch eh anders aus, Jugendlich brächten die Smartphones mit in den Unterricht, man sollte dann doch vielleicht mal besser Regeln für den Umgang aufstellen anstatt komplett zu verbieten oder zu verbannen. Dazwischen gibts ja dann bekanntlich nichts. Entweder bist du für uns – oder du bist gegen uns. Wenn Jesus Christus das von sich als Anspruch fomuliert hat das ja eine bestimmte Richtigkeit, aber im Leben ist das eh immer etwas komplexer. (Und selbst das Christentum hat sich nach einiger Zeit aufgespalten…)

An diesem Beispiel wird allerdings offenbar, wie sehr wir uns alle noch – immer noch! – auf die Frage der Tools, der Werkzeuge und der Technik stürzen. Ja, mit Smartwatches können Schüler jetzt im Unterricht die Wikipedia abfragen. Früher hätten die das nicht gekonnt, wir müssen daher die Smartwatches verbieten. Nun, früher hätten die Schüler andere Mittel und Wege gefunden – kleine Zettel als „Erinnerungshilfe“ etwa. Wer betrügen will, der findet immer einen Weg. Wie sinnvoll ein Verbot ist, das ist dann die Frage, die natürlich keiner in der Diskussion um Tablets in Schulen, Whiteboards in Bildungseinrichtungen oder Smartphones im Gottesdienst stellt. Wir stürzen uns liebend gerne auf die Technik. Wir denken nicht darüber nach, wo wir damit hin wollen.

Fest steht: Wir befinden uns immer noch einer Umbruchsphase. Die „Neuland“-Phrase der Kanzlerin mag belächelt worden sein von den Internetnerds, aber Nerds befinden sich laut Definition vielleicht nicht unbedingt in der Mehrheit. Die Mehrheit glaubt, WhatsApp habe nichts mit dem Internet zu tun sondern sei ein Dienst, der einfach über die normale Telefonleitung geht. Kein Witz, das habe ich während meiner Zeit als Kundenberater für ein Telefonunternehmen tatsächlich desöfteren so gehört. Installiert man ein Blog, so wird gar nicht verstanden, dass man die erste Anlaufstelle als Punkt für aktuelle Infos nutzen kann – stattdessen werde ich dann gefragt ob es möglich ist, dass jeder seinen aktuellen Seitenbereich pflegen kann. Darüber kann man lächeln, schmunzeln, sich ärgern – die Wahrnehmung aber davon, wie Leute, die ebend nicht beruflich damit zu tun haben mit diesen Medien und Erscheinungen umgehen, das erdet einen auch wieder. Manchmal recht drastisch.

Die richtigen Digitalen Natives sind gerade erst geboren worden. (Falls es wirklich diese Digitalen Naiven geben sollte. Mir kommen da allmählich Zweifel.) Und selbst wenn angenommen wird, dass jeder Jugendliche vertraut mit Sozialen Netzwerken oder dem Internet ist – es gibt genügend Gründe, warum dem nicht so ist. Das hat mit Bildung zu tun. Das hat auch – und da kommen die Medienpädagogen ins Spiel – mit dem Umgang zu tun, den man den Kindern vom Elternhaus beibringt und der dann in der Schule als Impuls aufgegriffen werden und vermittelt werden soll. Der Umgang mit diesem Neuland ist etwas, was uns gesellschaftlich noch eine lange Zeit beschäftigen wird. Momentan aber fehlt eine ganzheitliche Vision davon, wie wir als Gesellschaft uns in Zukunft verhalten sollen. Zwar hat die Bundesregierung eine Digitale Agenda ins Leben gerufen, aber von der Umsetzung hört man derzeit nicht viel.

Solange wir uns aber an der Frage aufhalten, wie das mit der Technik geht, warum Smartpads im Unterricht verboten sein sollten – warum Jugendliche in der Grundschule schon Smartphones haben sollten oder auch nicht – sollten wir uns fragen: Was möchten wir eigentlich unseren Kindern vermitteln? Und was können wir, die wir eine Zeit ohne Internet und Telefone an Schnüren mit Wählscheiben noch kennen von ihnen lernen? Momentan ist die Rede davon, man müsse die Städte verbessern, diese smarter machen, diese vernetzen mit den Bürgern. Wie genau das aussehen soll – und ob man da nichts schnell in ein Big-Brother-Szenario gerät – ist momentan noch sehr nebulös, da hat jeder eigene Vorstellungen von. Viel wird momentan auch von der Arbeit 4.0 geredet – ein Begriff, der mir selbst nach dem Studieren des Grünbuches der Bundesregierung nicht klar genug gefasst ist. Was eigentlich IST das denn jetzt? Die „New Work“ ist es nicht, diese ist ein anderes Modell wie wir in Zukunft leben und arbeiten könnten – ich finde das übrigens sympathisch. Wir als Gesellschaft sollten jedenfalls uns Gedanken machen. Vielleicht wäre das mal von Vorteil anstatt uns nur immer an Dingen aufzuhalten, die sich eh ändern.

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