Deutsche Senioren beginnen schon mit 35 – das ist weltweit der Spitzenplatz!

Die Deutschen sind mal wieder Weltmeister: Nirgendwo auf der Welt sind die Verweigerer von Social Media so jung: Schon ab 35 sinkt der Anteil der Deutschen, die mit sozialen Netzwerken vertraut sind, erheblich. Tatsächlich wird die deutsche 30+ Generation in Weltonline schon als „Senioren-Generation“ betitelt, nur 39 Prozent sind in sozialen Medien aktiv. Unter 35 sind es in Deutschland 81 Prozent. In Venezuela ist der Abstand zwischen „jung“ und „alt“ am geringsten: 93 Prozent der unter 35-Jährigen und 82 Prozent der Digital Immigrants kommunizieren über Facebook, Twitter und Co – woran mag das liegen?

In einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) wurde die Trennlinie zwischen den Digital Natives alt_jungund den Digital Immigrants bei 34/ 35 gezogen – und es wurden 30 verschiedene Nationen in fünf Kontinenten  auf ihr digitales Kommunikationsverhalten hin untersucht. Erstaunlich ist dabei, dass die Länder, in denen sich auch noch alte Menschen mehrheitlich an soziale Netzwerke heranwagen, welche sind, in denen den staatlichen Medien kaum vertraut wird und in denen die Menschen sich überwacht wissen. Russland, China, Kenia, die Türkei… sind wir in Deutschland zu verwöhnt für Social Media?
Weltonline vom 16.9.16: Die Social Media Verweigerung der Deutschen über 35 – Studie

Wollen 35+ Deutsche tatsächlich ihre Daten schützen?

Tatsächlich kommen die 35+ Senioren bei uns meist mit dem Argument, sie wollen ihre Daten schützen und verweigern deshalb die sozialen Netzwerke. Lässt man sich auf eine Diskussion darüber ein, wird schnell klar, dass diese Überzeugungen ähnlich fundiert sind wie Stammtischparolen. Kaum jemand weiß, wie flächendeckend wir tatsächlich mit unserem kompletten Internetverhalten überwacht werden – viele wissen nicht einmal, dass WhatsApp auch ein soziales Netzwerk ist, das Daten sammelt, auswertet – als hundertprozentige Tochter von Facebook.
Überwachung: Rund 1.000 Datenhändler verfolgen komplett unser Verhalten im Internet

Bietet Social Media Schutz vor Überwachung?

In Ländern wie China und Russland, in denen die Presse streng zensiert wird, sind soziale Medien die zuverlässigste Möglichkeit, dem kontrollhungrigen Staat ein Schnippchen zu schlagen. In vielen afrikanischen Ländern, in denen die Infrastruktur miserabel ist, sind Smartphones zum ersten Mal das Tor zu Geldgeschäften, zu Wirtschaft, zu politischem Engagement, zu Wissen, Bildung, Echtzeitinformation und entfernungsüberbrückender Kommunikation.

Zu verwöhnt für Social Media

Sind wir vergreisten Deutschen einfach zu verwöhnt für Social Media? Wenn wir uns immer noch ausreichend informiert fühlen mit Heute Journal und Tagesthemen, wenn wir uns an die abonnierte Tageszeitung klammern und uns einreden, das wäre ein Zeichen unserer gutbürgerlichen Bildung und unserer kritischen Meinungsbildungs-Kompetenz? Wie lächerlich muss das wirken für Jemanden, der weiß, welche Macht und welche Willkür Staaten ausüben können und wie wichtig es ist, sich abseits der staatlichen Organe umfassend zu informieren, zu vernetzen – und zu diskutieren!

„Wat der Buer nit kennt“

Unser Land ist mit das wohlhabendste und sicherste Land der Welt – da muss sich niemand bewegen, niemand was Neues lernen. Da kann man es sich leisten, über Unbekanntes zu schimpfen, so wie man über Fremde schimpft, die „deutsche Gerüche“ stören. Da weiß man auch ohne digitale Bildung und digitale Erfahrung, dass Facebook, Twitter und Co schändliche Angewohnheiten von jungen Leuten sind, die ständig Fotos von ausufernden Partys posten, und die zu dumm sind, an ihre Karriere zu denken. Unsichtbar sein ist das Ziel  des aufrechten Bürgers- wie schade, dass es reicht, überhaupt das Internet anzumachen, um ausgekundschaftet zu werden!

Hochmut kommt vor dem Fall, das ist klar. Ein bisschen nachdenklich werden bei einer Studie aus 30 Ländern, die beweist, dass Social Media hilfreich ist, um sich abseits der politischen und meinungsbildenden Autoritäten zu informieren und auszutauschen, ist naheliegend. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir 35+ Senioren den souveränen Umgang mit sozialen Netzwerken lernen würden (ist gar nicht schwer) und Spaß daran bekämen zu entdecken, wieviel unser Intellekt und unsere Kreativität davon profitieren können: Vordenkern zuhören, Debatten verfolgen, Tutorials nutzen und spannende Menschen auf der ganzen Welt kennen lernen. Social Media ist gerade für anspruchsvolle, kritische Menschen ein Quell des Wissens – doch ohne Kompetenz bleibt man wohl auf der Stufe der WhatsApp-Kindereien im privaten Bereich – wie schade!

Bildquelle: pixabay_TaniaVdB

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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