Digitale Transformierung: Ist das nicht eigentlich Change-Management?

Über den Begriff der Digitalen Transformierung stolpert man des öfteren, wenn das Gespräch auf die Tatsache kommt, dass Unternehmen einerseits zwar digitale Techniken nutzen, aber andererseits noch nicht wirklich digital transformiert seien. Vielleicht geht es nur mir so, aber: Was ist eigentlich diese Digitale Transformierung von Unternehmen? Und wenn man genauer drüber nachdenkt: Ist sie nicht eher unter dem Begriff des Change-Managements zu packen?

Was genau die Definition von Digitaler Transformierung ist? Patrick Upmann definiert sie so: „Unter der digitalen Transformation wird die Reise ins digitale Zeitalter verstanden. Dabei ist digitale Transformation die höchste Ebene des digitalen Wissens und baut auf der digitalen Kompetenz und der digitalen Nutzung auf. Digitale Transformation setzt digitale Informations- und Kommunikationstechnologien ein, um die Performance von Unternehmen und Organisationen zu erhöhen. Es geht bei der digitalen Transformation um Transformierung und Weiterentwicklung der Unternehmensprozesse, des Kundenerlebnisses und der Geschäftsmodelle.“ Stellen wir dem mal die Definition des Veränderungs-Managements – Change-Mangements – aus der Wikipedia gegenüber: „Unter Veränderungsmanagement [-ˌmænɪdʒmənt] (englisch change management) lassen sich alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten zusammenfassen, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weitreichende Veränderung – zur Umsetzung neuer Strategien, Strukturen, SystemeProzesse oder Verhaltensweisen – in einer Organisation bewirken sollen.“ Beim erneuten Lesen lässt sich feststellen: So weit auseinander sind die beiden Definitionen nun nicht.

Digitale Transformation: Nur reine Technik?

Der wesentliche Unterschied: die Digitale Transformierung legt den Fokus auf die Technologien. Digitale Technologien, die im Unternehmen für eine Verbesserung von Prozessen sorgen. Wie genau das aussehen soll ist allerdings die Frage und eine, die auch berechtigt ist. Denn der Einsatz von eMail mag eine neue digitale Technologie sein, im Endeffekt ist es aber nicht immer so, dass Ressourcen besser um- und eingesetzt werden nur weil man eine neue Art hat Dinge zu kommunizieren. Die unzähligen Male, in denen man Mails bekommt, die als CC weitergeleitet wurden nur, damit man Informationen zu Gesicht bekommen hat, die dann einen vielleicht auch gar nicht tangieren: Ein Beispiel dafür, dass die digitale Informationstechnologie an sich nun vielleicht nicht unbedingt einen Prozess der Erneuerung im Unternehmen lostreten wird. Auch der Gebrauch von Twitter oder Facebook an sich nicht. Beides sind Tools, die das Unternehmen eher als Außendarstellungsmittel betrachtet und weniger, um mit den eigenen Mitarbeitern zu kommunizieren. Und ob der Einsatz des neuen – und ja, durchaus großartigen Tools – Slack für die Kommunikation von Gruppen wirklich anfängt Prozesse besser zu optimieren oder ob es nicht doch wieder dafür genutzt wird um Informationen einmal per Slack als Nachricht und dann doch wieder als eMail zu verschicken – das ist wahrlich die Frage.

Digitale Transformation aber möchte ja im wesentlichen weitergreifen. Die immanente Hoffnung, dass mit dem Gebrauch von modernen Informationstechnologien auch ein moderner Habitus bei der Führung einsetzt ist eine, die letzten Endes sich nicht von selbst erfüllen wird. Technologien bieten zwar jede Menge an Möglichkeiten an. Diese Möglichkeiten für die eigene Arbeit zunutze heißt aber noch lange nicht, dass sich in den Köpfen der Menschen auf einmal von selbst die offene und kollaborative Arbeitsweise einstellt, die man etwa von der Wikipedia kennt. (Wobei auch die Wikipedia mit ihrem Modell der Admins dieses ursprüngliche Modell des „Jeder darf ergänzen und schreiben“ durchaus etwas spezifizierte. Und regulierte.) Der Einsatz von neuen Technologien fordert nicht immer unbedingt ein Umdenken oder Neudenken. Meistens passen die neuen Technologien auch noch hervorragend in alte Denkmodelle hinein.

Change-Management zuerst, dann digitale Transformierung

So bleibt dann des öfteren ein schaler Beigeschmack zurück: Man nutzt zwar die neueste Technik und kann das Unternehmen nach vorne bringen – aber letzten Endes wird sich beim Menschen selbst nicht viel ändern. Die Denkart und Denkweise ändert sich nicht weil wir alle auf einmal WhatsApp als Kanal nutzen. Dadurch wird nur die Kommunikation bequemer und schneller und es mag durchaus sein, dass einige Prozesse besser klappen. Die Digitale Transformierung aber besteht mehr als nur aus der Technik – sie besteht auch in einer Öffnung des Unternehmens hin zu flachen Hierarchien, Zusammenarbeit, Austausch und Kollaboration. Was durchaus einzelne Abteilungen betreffen kann, was auch aber nach außen hin gelebt werden kann. Demzufolge aber müsste die Digitale Transformation eingebettet sein in einen größeren Prozess des Change-Managements. Denn die Durchdringung des Digitalen in alle Lebensbereiche hat schon längst stattgefunden. Sie auch für das eigene Unternehmen zu nutzen fällt aber schwer, weil die Chancen und die Risiken im Digitalen Bereich nicht so greifbar sind wie die an anderen Orten. Was erklärt, warum der NSA-Skandal in unserem Leben keine große Rolle spielt: Einerseits ist er nicht greifbar, weil er eine einem Bereich passiert, den wir nicht gefühlsmäßig überblicken können, andererseits ist er auch so entfernt, weil er für uns in einem Gerät oder in Geräten stattfindet, die Mittel zum Zweck sind.

Eingebettet in einem größeren Zusammenhang kann die Digitale Transformierung durchaus wirksam und erfolgreich sein. Dann aber muss sich nicht nur der Einsatz der Technik im Unternehmen ändern sondern die ganze Unternehmenskultur. Und das ist kein Prozess, der von heute auf morgen passieren wird. Für diesen braucht es auch immer wieder Personen, die vorangehen und deren Enthusiasmus und Verständnis nicht im Lauf der Zeit erlahmt. Vielleicht ist die Digitale Transformation auch deswegen schwierig: Sie lässt sich nicht dadurch umsetzen, dass man als Einzelner schaltet und waltet, sie braucht eine konzertierte Aktion, ein „Wir wollen das“ mit Herz und Verstand. Daher: Vielleicht ist die Transformierung daher besser als ein Bestandteil des Change-Managements angesiedelt. Ein Teil in einem größeren Prozess, der das Unternehmen verändert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert