Wenn physische Objekte mit Software verschmelzen – hat der Mensch noch welche Rechte?

Brand eins hat aus seinem Print-Magazin, Ausgabe 7/2018, im Web einen sehr lesenswerten Artikel zur Verfügung gestellt, in dem es darum geht, wie sehr sich unsere Besitz- und Verbraucherrechte verändern in einer Welt, in der immer mehr physische Produkte mit Software verschmelzen. So ist es zum Beispiel sehr selten der Fall, dass beim Kauf eines Produkts mit Programm-Code der Besitz dieser Software erworben wird. Normalerweise erwirbt der Kunde/ die Kundin nur eine Lizenz – also ein Nutzungsrecht. Das hat schwerwiegende Folgen.

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Ich kann mich noch erinnern, vor Jahren irgendwo gelesen zu haben, dass der US-Schauspieler Bruce Willis Apple verklagen wollte, weil er seine umfangreiche iTunes-Musikbibliothek nicht an seine Kinder vererben kann. Auch heute ist es vielen Verbrauchern nicht bewusst, dass sie bei Käufen von digitalen Büchern, Filmen, Musiktiteln und anderen Programmen keine Besitzrechte erwerben sondern nur Nutzungsrechte.

Das hat weitreichende Folgen. Was passiert zum Beispiel, wenn sich die Nutzungsbedingungen der Geräte nachträglich ändern? Was ist, wenn der Hersteller und Lizenzgeber sich nach und nach immer mehr Rechte einräumt und zum Beispiel die privaten Daten des Kunden an andere Firmen weiterverkauft? Was ist, wenn ich solchen geänderten Nutzungsbedingungen nicht zustimmen will?

Viele Hersteller, die gleichzeitig Software-Dienstleister sind, können ihre Geschäftsmodelle nicht nachhaltig vermarkten. Was ist bei Konkursen? Ganz klar: Physische Produkte, die auf ihre Software beim Gebrauch angewiesen sind wie viele Staubsauger, SmartHome-Geräte, E-Book-Reader, Smart-TV’s etc sind in dem Moment nutzlos, in dem die Firma Konkurs angemeldet hat.

Das wirklich Besondere an diesem Wandel ist, dass unser gewohntes Rechtssystem mit den gewohnten Besitzerechten mein Kauf eines Produkts versagt. Es wird alles so verwirrend und undurchschaubar, dass Kunden auch bei teuren Käufen (wie zum Beispiel bei Kauf eines Luxusautos neuster Technologie) zu Objekten werden, deren Verhalten im Sinne des Lizenzgebers verarbeitet wird. An wen verkaufen Firmen wie Tesla die persönlichen Daten ihrer Lizenznehmer – ihrer Autokunden?

Drehen sich gerade rechte um?

Wurden vor Jahren noch Social Media Nutzer höhnisch als Nassauer bezeichnet, die alles kostenlos wollen und zu dumm sind zu begreifen, dass sie mit dieser Mentalität selbst schuld sind an ihrer Vermarktung, lässt sich mit dieser Erklärung schon lange nicht mehr argumentieren. Von der Kaffeemaschine über das Fernsehgerät bis zum Auto, wir stecken mitten in einer gesellschaftlichen Revolution, in der der Einzelne nicht mehr kontrollieren kann, was seine Umgebung mit ihm tut.

Auch die wichtigtuerische Mahnung, wir wären zu bequem, ordentlich Nutzungsbedingungen zu studieren, bevor wir Verträge eingehen, ist absurd. Selbst erfahrene Anwälte müssen sich jeden einzelnen Vertragstext eingehend aneignen, um anhand der Wort- und Grammatikwahl zu erkennen, welche Rechte dem Hersteller/ Lizenzgeber beim Kauf eingeräumt werden. Wie soll ein Verbraucher das können?

Können Gesetzgeber und Gerichte helfen?

Wie sollen Gesetzgeber und der Gerichte kontrollieren, was Lizenzgeber mit den Verhaltensdaten der Menschen tun? Wer kann in die Server von Facebook, Google, Tesla, Samsung und Co hineinsehen und dort nach illegalen Verwendungszwecken fahnden? Sind wir nicht einfach auf die Aufrichtigkeit der Digital-Unternehmen angewiesen, wenn sie uns genau erklären, was sie mit unseren Daten tun und was sie nie tun würden (bis zur nächsten Änderung der Nutzungsbedingungen).

In dem ausführlichen brand eins Artikel wird auch auf das Buch „The End of Ownership“ hingewiesen, in dem die beiden amerikanischen Juristen Aaron Perzanowski und Jason Schultz darstellen, was den Wandel vom Besitzer zum Lizenznehmer in aller Konsequenz bedeutet.

Sah sich „Privateigentum“ früher vor Allem durch den Sozialismus bedroht, kommt heute eine ganz neue Variante hinzu: Anbieter von softwaregesteuerten Produkten übernehmen die Rolle des Regenten. Wir brauchen eine Menge Vertrauen in diese Firmen, denn nicht nur die gewinnorientierten Interessen sind eine Gefahr, sondern auch die Fehleranfälligkeit der Systeme. Schöne neue Welt – nur Aufklärung und Bewusstheit hilft.

brand eins: Vernetzte Geräte lernen dazu – und wem gehört mein Auto?

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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