Gründerwerkstatt der Universität Witten-Herdecke: Ein ganz anderes Konzept…

Prof. Dr. Sabine Bohnet-Joschko Walcker Stiftungsprofessur für Management und Innovation im Gesundheitswesen Fakultät für Wirtschaftswissenschaft Universität Witten/Herdecke Alfred-Herrhausen-Str. 50 58448 Witten Tel.: 02302-926-592 Fax: 02302-926-539 Email: sabine.bohnet@uni-wh.de www.uni-wh.de/mig

Eva Ihnenfeldt: Ich war eingeladen worden als Jurymitglied. Frau Prof. Dr. Bohnet-Joschko hatte mich gebeten, die Gründungsideen von Studenten der Universität Witten-Herdecke zu bewerten, die im Rahmen der „Gründerwerkstatt“ entwickelt worden waren. Doch ich hatte keine Ahnung, was das bedeutete – denn was mich erwartete war so ein ganz anderes Konzept…

Fünf Teams hatten im Rahmen der Gründerwerkstatt Geschäftsideen ausgearbeitet und präsentierten diese in 10 Minuten

Dr. Hans-Peter Merz (Head of International Trade Department – IHK Mittleres Ruhrgebiet), Eva Ihnenfeldt (Geschäftsführerin Business Academy Ruhr GmbH) und Dr. Michael Friebe (Rudolf Diesel Industry Fellow and Affiliated Professor an der TU München)

Pitches. Die Jury bestand aus Dr. Hans-Peter Merz (Head of International Trade Department – IHK Mittleres Ruhrgebiet), Dr. Michael Friebe (Rudolf Diesel Industry Fellow and Affiliated Professor an der TU München) und mir – Geschäftsführerin der Business Academy Ruhr GmbH. Außerdem war die Wirtschaftsförderung Witten mit ihrer Leitung anwesend.

Die Präsentationen waren durchdacht und wurden selbstbewusst von den jungen Studentinnen und Studenten vorgestellt. Doch an den Geschäftsmodellen hatten wir als Jury eine Menge auszusetzen. Vor allem die veranschlagten Kosten für Gründung, Internetpräsenz, Marketing und Vertrieb wurden als zu niedrig bemängelt, und so manche Idee schien schwierig zu realisieren.

Im Anschluss an die Veranstaltung hatte ich Gelegenheit, ausgiebig mit Frau Professor Dr. Bohnet-Joschko über das Konzept der Gründerwerkstatt zu sprechen – und war sehr erstaunt: Tatsächlich waren die Studierenden nicht kurz vor ihrem Abschluss gewesen, sondern sie standen ganz am Anfang ihres Bachelor-Studiums und hatten nun gerade in den letzten zwei Monaten ihre Gründungskonzepte entwickelt – hätte ich das gewusst, hätte ich doch nicht so „unbarmherzig“ nachgehakt!

Frau Prof. Bohnet-Joschko gab zu, dass dieses Szenario schon bewusst so gewählt wurde: „Wir wollen, dass unsere Studierenden gleich zu Anfang ihres Studiums eine unternehmerische Perspektive entwickeln. Die Rückmeldung eines praxiserfahrenen Expertengremiums mag dann auch mal kritisch ausfallen, aber unsere Studierenden sind selbstbewusst genug, damit umzugehen – und sie lernen gerade dadurch ein Menge.“

„Ja aber ist es nicht frustrierend, monatelang eine Idee zu entwickeln und dann  nicht an der Umsetzung arbeiten zu können, weil ja noch das komplette Studium vor Einem liegt? Die jungen Leute glauben doch an ihre Idee – womöglich brechen sie noch das Studium ab, weil sie sich so damit identifizieren – sollte die Gründerwerkstatt nicht wie an anderen Universitäten am Ende des Studiums liegen?“

Frau Prof. Bohnet-Joschko schüttelt den Kopf: „Nein, unser Ziel ist nicht, die Studierenden jetzt in die Selbständigkeit zu führen, sondern ihnen einen Zugang zu unternehmerischem Denken und Handeln zu eröffnen. Das Schöne an Unternehmen in der Gründungsphase ist, dass sie noch so übersichtlich sind und freien Blick auf den Kern, das Geschäftsmodell, erlauben. Das Entwickeln eigener Geschäftsideen und –modelle verändert die Wahrnehmung: Auf einmal sieht man überall gute Ideen und unternehmerische Chancen. Und natürlich werden die im Studium folgenden betriebswirtschaftlichen Studieninhalte viel besser verortet. Aber ob unsere Studierenden später selbst gründen oder lieber Verantwortung in bestehenden Organisationen übernehmen, das ist für uns in der Gründerwerkstatt nicht so wichtig.“

Ich erinnere mich: Direkt nach der Veranstaltung hatte ich ein Gespräch mit Stefan Peukert, Geschäftsführer des erfolgreichen Praktikum-Portals „meinpraktikum.de“. Der junge Mann hatte die Geschäftsidee ebenfalls mit einem Mitstudenten im Master-Studium an der Universität Witten-Herdecke entwickelt und dann auch tatsächlich umgesetzt. „Irgendwann werde ich das Studium hier noch beenden, aber zurzeit ist das unmöglich. Wir haben bereits 20 Mitarbeiter und die Arbeit wird nicht weniger sondern immer mehr.“

Die Universität Witten-Herdecke wirkt so klein, so persönlich – und immer gibt es Kulturveranstaltungen und Projekte. Alles ist gepflegt, hell und ein bisschen edel – doch die Verantwortlichen geben sich viel Mühe, keine „Netzwerk-Elite-Uni“ zu werden. Das fängt schon bei der Auswahl der Studierenden an: Eine Auswahlkommission mit sechs Mitgliedern (Professoren, Alumni und Externe), nimmt sich einen ganzen Tag Zeit, um jeweils sechs Bewerber kennenzulernen und entscheidet dann konsensual über die Aufnahme. Frau Prof. Bohnet-Joschko erklärt, dass trotz der immer neu zusammengesetzten Kommissionen und ganz ohne Kriterienkatalog am Ende des Tages meist Einigkeit besteht, welche Studierenden aufgenommen werden. Und finanzielle Hindernisse müssen niemandem den Weg versperren, ein von Studierenden ausgeklügeltes System, der umgekehrte Generationenvertrag, ermöglicht auch wenig finanzkräftigen jungen Menschen, hier zu studieren.

Tja, wenn ich gewusst hätte dass ich es sozusagen mit Jungstudenten zu tun gehabt hatte bei der Bewertung der Geschäftskonzepte, wäre ich wohl ganz anders gewesen: ich hätte gelobt, ermutigt – und vor allem bin ich im nachinein tief beeindruckt von der Reife der 20-Jährigen. Aber es gefällt mir, dass den jungen Leuten so viel Respekt entgegengebracht wird, ihnen dieses objektive – durch und durch „erwachsene“ Feedback zuzumuten. Das hat mich nachdenklich gemacht – und ich freue mich, wenn wir weiter verbunden bleiben sollten, ich mag diese kleine feine private Universität sehr gern.

Prof. Dr. Sabine Bohnet-Joschko   Walcker Stiftungsprofessur für Management und Innovation im Gesundheitswesen  Fakultät für Wirtschaftswissenschaft Universität Witten/Herdecke   Alfred-Herrhausen-Str. 50  58448 Witten   Tel.: 02302-926-592  Fax: 02302-926-539   Email: sabine.bohnet@uni-wh.de  www.uni-wh.de/mig Prof. Dr. Sabine Bohnet-Joschko
Walcker Stiftungsprofessur für Management und Innovation im Gesundheitswesen
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