Mit Sylvia Uehlendahl in den Tunnel: Erweiterung der Stadtbahnanlage Hauptbahnhof

Im Rahmen der Reihe „Frauen aus der Stadtverwaltung stellen sich vor“ konnten etwa 50 Frauen die Leiterin des Tiefbauamts, Sylvia Uehlendahl, kennen lernen – und im Anschluss die Großbaustelle rund um Umbau und Erweiterung der Stadtbahnanlage Hauptbahnhof Dortmund besichtigen. Für uns Frauen war natürlich erst einmal interessant, wie sich eine weibliche Führungskraft und studierte Dipl. Bauingenieurin in der Männerdomäne „Tiefbau“ den Respekt der 650 Mitarbeiter verdient hat – und natürlich war es aufregend und lehrreich, die Großbaustelle am Hauptbahnhof besichtigen zu können.

Die Leiterin des Tiefbauamts, Sylvia Uehlendahl, im Gespräch mit uns Frauen

Die Leiterin des Tiefbauamts, Sylvia Uehlendahl (im blauen Mantel), im Gespräch mit uns Frauen

Das Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund und die Gleichstellungsbeauftragte Maresa Feldmann hatten zu diesem außergewöhnlichen Termin eingeladen. Zunächst hatten wir uns im Baustellenbüro am Nordausgang des Hauptbahnhofs getroffen und hörten im Interview mit der engagierten Amtsleiterin, wie sich ihre Karriere nach und nach entwickelt hatte. Sylvia Uehlendahl war eigentlich als Kind schon klar, dass sie kreativ, konstruierend und gestalterisch arbeiten wollte. Technische Baukästen und Ritterburgen lagen ihr als Spielzeug näher als Puppen.

Als sie das Studium zur Dipl. Bauingenieurin aufnahm, war der Anteil weiblicher

An diesem speziell angefertigten Kran hängt der gesamte Tunnelbau: Auf bdeiden Seiten der Gleise weírd über dieses Konstrukt alles nach oben und unten befördert.

An diesem speziell angefertigten Kran hängt der gesamte Tunnelbau: Auf beiden Seiten der Gleise wird über das Konstrukt alles nach oben und unten befördert, was für den Bau erforderlich ist.

Ingenieure an der Hochschule noch sehr gering – heute hat sich das sehr geändert. Sylvia Uehlendahl erzählt, dass sie erfreut und erstaunt erlebt, wie viele junge Ingenieur-Studentinnen und Ingenieurinnen es gibt – und wie ausgezeichnet deren Leistungen oft sind. Es scheint sich also wirklich eine Menge zu bewegen in dieser traditionellen Männerdomäne, und anscheinend sind viele Männer da nicht unglücklich drüber.

Natürlich musste Sylvia Uehlendahl als Amtsleiterin zunächst mit ihren fachlichen Qualifikationen überzeugen, um Vertrauen aufzubauen. (Interview mit Sylvia Uehlendahl in der Interviewserie „Frauen in Führung“)
Doch sehr schnell entwickelte sich zwischen den 650 Mitarbeitern des Tiefbauamts und ihrer neuen Leiterin ein sehr kollegiales, auf Respekt und Vertrauen basierendes Verhältnis. Uehlendahl erinnerte sich im Interview an einige herausfordernde Situationen, wo ihre männlichen Mitarbeiter sie mit ihrer herzlichen, aufbauenden Art dabei wirksam unterstützt haben, sich auch gegen Widerstände durchzusetzen. Wer weiß, vielleicht führen Frauen da manchmal doch anders und ergänzen (wenn denn die fachlichen Qualifikationen stimmen) die Welt der Konstrukteure und hart arbeitenden Männer. Es klingt so, als ob beide Seiten da sehr voneinander profitieren können.

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Diese fünf 46 Meter langen Rohrschirme waren vor Beginn der Vortriebsarbeiten die größte Herausforderungen: Sie wurden Zentimeter für Zentimeter in die Tiefe gepresst – und nach Fertigstellung mit Beton ausgefüllt, um den Tunnelbau zu stabilisieren.

Sylvia Uehlendahl zeigte uns im Vortrag, welche Herausforderung der Umbau und die Erweiterung der Stadtbahnanlage bedeuten. Für mich sind solche technischen Vorträge immer sehr inspirierend, da sie Bereiche beleuchten, von denen ich überhaupt keine Ahnung habe. Wenn man mir sagt „Wir müssen einen unterirdischen Bahnsteig von 4,00 m auf 9,50 m erweitern, da das Fahrgastaufkommen so gestiegen ist“, denke ich erst einmal: „Ja, gute Idee. Ist ja auch gefährlich, mit so vielen Menschen nah an den Gleisen gequetscht zu stehen. Macht mal“. Was sich aber hinter der harmlosen Formulierung und dem Vorhaben an gigantischen Konsequenzen versteckt, wird mir kaum klar. Das muss man mir schon mit einem konkreten Erlebnis vor Ort zeigen. Es ist unfassbar!
Weitere Informationen zu Umbau und Erweiterung der Stadtbahnanlage hier

Man kann ja nicht einfach vom Bahnsteig aus „nach hinten ausgraben“, bis die gewünschten 9,50 Meter erreicht sind! Man kann auch nicht den Betrieb der Haltestelle für die Zeit der Bauarbeiten einstellen, unmöglich! Man kann auch nicht einfach so einen Bahnsteig erweitern, ohne an heutige Anforderungen, Schutzbestimmungen und Ansprüche zu denken: Barrierefreiheit durch Aufzüge, Brandschutz, Licht, Design, Ebenen mit Verbindung…

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Harmlos und freundlich wirkt der Gang zum Nordausgang – und kaum jemand weiß, was für eine Parallelwelt sich hinter den toll gestalteten Wänden verbirgt.

Abgesehen davon ist die Verantwortung beim Hauptbahnhof ja auf verschiedene Organisationen verteilt, die miteinander koordiniert werden müssen. Was für eine Herausforderung! Die Deutsche Bahn will ebenfalls bald den Hauptbahnhof renovieren und hat eigene Zeitpläne, die berücksichtigt werden müssen, Verzögerungen bei der Erweiterung wären katastrophal. DSW21 als Betreiber der Stadtbahnanlage ist natürlich bemüht, keine unnötigen Risiken einzugehen und den Betrieb möglichst störungsfrei zu halten – und das Tiefbauamt ist als ausführender Partner verantwortlich für alle Anspruchsgruppen – und die veranschlagten 37 Millionen Euro Baukosten, von denen das Land 90 Prozent der Kosten trägt. Da sollten keine teuren Pannen und unvorhergesehen Ereignisse auftreten.

Was zum Beispiel wäre gewesen, wenn man beim Graben auf alte Kampfmittel gestoßen wäre? Die ICE’s fahren 2,50 Meter über der Tunnelbaustelle, das hätte eine Räumung des komplettes Bahnhofs bedeutet. Die finanziellen Folgekosten wären riesig gewesen. Gut, dass nichts gefunden wurde, obwohl die Wahrscheinlichkeit hoch war. Gerade dieser Bereich in der City war bei den Bombenabwürfen im Zweiten Weltkrieg ein Hauptziel. Glück gehabt – und professionelle Vorbereitung.

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Ach was wör ich gern Ingenieur…

Gearbeitet wurde monatelang rund um die Uhr, zurzeit gibt es für die Baumannschaften eine Ruhepause zwischen Mitternacht und 6 Uhr. Ich hatte das große Glück, dass mich zwei Ingenieurinnen bei der Besichtigung der Tunnel begleitet haben und mir Einiges erklären konnten. Unfassbar, was sich hinter den unscheinbaren Türen im Nord-Ausgangsbereich des Hauptbahnhofs verbirgt – wie eine Parallelwelt kam es mir vor, und alles so gigantisch!

Mögen viele junge Mädchen und Frauen Spaß bekommen an den MINT-Fächern (Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaft und Technik) und sich dort beruflich positionieren. Natürlich ist es schön, sich mit Marketing, Pädagogik, Lehre und Verwaltung zu beschäftigen  doch mal ehrlich: Das Wesentliche liegt in der Technik. Da findet das statt, was unseren Fortschritt und unsere Weiterentwicklung zum Wohle aller fühlenden Wesen ermöglicht. Zupacken, planen, bauen und Probleme lösen hat meinen größten Respekt.

Und hier ein kleines Video zur Tunnelbesichtigung – man achte auf die fünf Rohrschirme – mit Altar…

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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