Momente der Gnade – wenn eine Eva sich ändert

Ich muss mich outen: Ich bin süchtig nach Krisen und Katastrophen. Ich bin süchtig nach diesen „Momenten der Gnade“, die mich aus meinem Trott bringen und mich zwingen, mich weiterzuentwickeln. In der sehr inspirierenden Facebook-Gruppe „Lerne Storytelling – Geschichten die die Welt verändern“ hat der Storyteller, Admin und Inspirator, Mark Oswald, die Wochenaufgabe gestellt, Momente der Gnade als Geschichte aufzuschreiben. Nun, so will ich es mal probieren. Brav nach der Formel: Die ABC-Reise des Helden 😉

Sisyphos erzählt:

Es ist Januar. Hurra, ich habe es geschafft! Mit der mir eigenen Grundenergie des „Lass uns die Welt verändern“ habe ich es tatsächlich geschafft, in den letzten Jahren eine erfolgreiche GmbH aufzuziehen – natürlich nicht allein, natürlich mit Hilfe von Geschäftspartnern, die keine Träumer und Spontis sind wie ich. Die arbeiten anstatt wild und chaotisch zu begeistern…

Ich bin Geschäftsführerin, schreite durch unsere neu angemietete, zentral gelegene Etage und fühle mich großartig. Nun wird mein Leben in ruhigere Gewässer treiben, nun habe ich ein gutes, festes Einkommen mit Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – und sogar Urlaubsanspruch. Herrlich. Ich bin reich. Ich bin eine Siegerin.

Doch schon wenige Tage nach dem Triumph schleicht etwas Dunkles, etwas Bedrohliches in meine zufriedene Sattheit. Anfangs versuche ich noch, es zu ignorieren, die Anzeichen „schönzureden“, mir einzubilden, dass ich mir etwas einbilde – doch dann kommt der Knall. Zuverlässig wie eine Zeitbombe: Ticktack, ticktack – Buuum!

Das was bei anderen Menschen Jahre dauert, passiert mir auch diesen Mal in wenigen Tagen und Wochen. Ich bin ein Mensch, der wie ein Tier darauf lauert, wenn etwas nicht mehr stimmt. Wenn ich mich nicht mehr frei bewegen kann, werde ich wach. Meine Sinne sind gespannt wie bei einem Luchs, wenn meine Welt und ich nicht mehr in friedlichem Einklang sind. Und dann breche ich aus – Buuum!

So ist es auch dieses Mal, kurz den Gewinn genossen – und schon wieder herausgeschleudert ins absolute Nichts. Da sitze ich im Mai auf einer Parkbank und habe mich selbst degradiert von der GmbH-Geschäftsführerin zum existenziellen Niemand. Kein Geld, keine Perspektive, Panik wie es weitergeht.

Der Moment der Gnade? Die Zigarette danach..

Und wie immer geht es weiter. Wie immer erlebe ich gerade in diesem Moment tiefster Verzweiflung eine innere Befreiung, die mich unendlich glücklich macht.

Eine Zigarette als „Moment der Gnade“? Wie mein Nachbar mich aus meiner Panik gerettet hat

Da sitze ich auf dieser Parkbank im Mai mit meinem alten Nachbarn. Er bietet mir eine Zigarette an und ich rauche (oh, drei Tage war mich schlecht davon). Fühle mich wie ein Obdachloser in meinem Parka in der Sonne. Akzeptiere den Niedergang und denke: OK! Dann ist es jetzt eben so. Einverstanden. Immerhin: Ich lebe! Und es fühlt sich gut an!

Zurück im vertrauten Leben – es geht mir gut

Fast vier Jahre ist das jetzt her. Jobs habe ich immer genügend bekommen, und meine Aufträge als freie Trainerin, Organisatorin und Beraterin machen mich glücklich. Kleine und größere Visionen, Projekte und Gründungen wechseln sich ab und gehorchen den Gesetzen von Ebbe und Flut. Noch ist nicht der nächste große Wurf dabei gewesen, doch ich kann warten. Währenddessen genieße ich meine vielen kleinen „Momente der Gnade“, wenn ich mal wieder verzweifle an meiner Unzulänglichkeit und der Angst, zertreten zu werden.

Ja, auch jetzt mit 58 will ich die Welt verändern. Ich bin eine Gläubige, und ich fühle mich berufen. Müßiggang ist aller Laster Anfang – und meine vielen großen und kleinen Krisen rütteln mich immer wieder wach, wenn ich bequem zu werden drohe. Ich will nach den Sternen greifen – und ich bin bereit, den Preis dafür zu zahlen.

Epilog

Ich wünsche mir eine Welt, in der wir Menschen frei leben und in der jeder Einzelne stolz auf sich ist – ganz so wie er ist. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir über unsere Schwächen lachen können, weil sie uns nicht bedrohen sondern uns unsere liebenswerte Persönlichkeit geben. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir alle gern zusammenhalten, weil allein doof ist – und weil gegeneinander Schmerzen macht und Angst.

Ich wünsche mir eine Welt, in der ich in meiner kleinsten Größe ICH sein darf und damit Mut mache, es mir nachzutun. Wenn wir in aufrichtiger Liebe erkennen können, wie wir wirklich sind, werden sich die Momente der Gnade aneinanderreihen wie Perlen an einer Schnur. Ich bin so dankbar, dass es Euch gibt. Dass es diese göttlichen „Erziehungsmaßnahmen“ gibt. Dass es mich gibt. Halleluja! Und Buuuuum!

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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