Was sind eigentlich Underdogs? Die Überlebenden

Die Corona-Zeit ist auch eine Zeit der Überlebenden. Überlebende sind schon immer die gewesen, die mich anrühren und die ich bewundere. Underdogs sind Menschen, die von Tag zu Tag kämpfen um das, was den Menschen zu Menschen macht: Geld, Würde, Selbstliebe, Sicherheit und Freiheit. In vielen Serien stehen die Überlebenden im Fokus. Sie kämpfen darum, nicht unterzugehen – und ihr Leben begleitet eine ständige Dramatik.

Gescheiterte werden zu Unternehmensgründern, Kriminelle zu Helden, Unterdrückte zu Rebellen, Verzweifelte zu Künstlern, Schwache zu Gladiatoren – und Einsame zu Heiligen. Opfer werden Täter, und Skrupellose werden reich ;). Kurz und gut, die Underdogs sind spannend und attraktiv. Deshalb mag ich sie so gern. Weil sie kämpfen und weil sie wissen, sie selbst sind die Gestalter ihres Lebens.

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Ich mag die Wollnys auf RTL 2, ich mag die Shelby’s von den Peaky Blinders auf Netflix, ich mag die untere Bahnhofstraße in meiner Heimatstadt, die seit 2015 zur Geschäftsmeile wird durch die Unternehmungen vieler Geflüchteter, die dort Geschäfte, Kioske, Bäckereien, Imbiss-Läden und Restaurants führen. So werden aus Arbeitern und Akademikern Unternehmer. Hier kann man lernen, wie es geht. Denn irgendwas geht immer!

Was sind Underdogs?

Bild von Rolf Dobberstein auf Pixabay 

Laut Wikipedia ist Underdog eine Bezeichnung für Unterlegene. Der Begriff wurde wohl in der Zeit der Industrialisierung in England geprägt – Ende des 19. Jahrhunderts. Bei Hundekämpfen sind die Gewinner-Hunde die „Topdogs“ – die Verlierer die Verliererhunde eben die „Underdogs“. Man kann Underdogs verachten, ausbeuten, quälen, sterben lassen – sie haben keine Lobby und kaum Jemanden interessiert es.

Underdogs – das Leben ist Kampf

In unserem heutigen Sprachgebrauch hat sich die Bewertung von Underdogs verändert. Anerkennung schwingt mit, wenn man von Underdogs spricht. Für mich sind Underdogs diejenigen, die nicht aufgeben, die nicht brav sind, die sich nicht geschlagen geben, wenn sie in Probleme geraten.

Selbst wenn sie kraftstrotzend und vermögend sind, bleiben Underdogs Underdogs. Ihre grundlegende Einstellung zum Leben bleibt immer gleich: Ich übernehme die Verantwortung für mich. Ich kämpfe bis zum letzten Atemzug. Ich bin Gestalter meines Lebens, ich bin mir meiner Würde bewusst. Ich kämpfe für meine Würde.

Eva und die Underdogs

Ich bin seit mehr als 15 Jahren selbstständig. Immer wieder musste ich mich und mein Business neu aufbauen. Eine Zeit lang läuft etwas gut – dann funktioniert es nicht mehr und ich muss meine komplette Welt neu erfinden, um selbstbestimmt und liquide zu leben. Ja, auch ich bin ein Underdog – und ich bin stolz darauf.

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Rückblickend sehe ich, dass ich schon immer mit den Underdogs verbunden war – schon in der Kindheit. Ich fühlte mich zu den Kindern hingezogen, die irgendwie „anders“ waren als der Mainstream. Die mit den nachdenklichen Augen, die Trotzigen, die Einzelgänger, die Kämpfer –

Kinder aus Bullerbü-Familien nahm ich kaum wahr. Sie waren Nebendarsteller in meinem Leben. Vielleicht habe ich sie ein bisschen verachtet, weil sie so gern mit dem Strom schwammen. Helden waren das eher nicht…

Scheitern als Kraftquelle

Im Laufe des Lebens erfahren wohl die meisten Menschen, was Scheitern bedeutet. Selbst wenn der Arbeitsplatz bzw. finanzielle Einkommen sicher sind, können schreckliche Dinge passieren. Krankheit, Mobbing, familiäre Tragödien, Sucht, Wahn und Depression sind Bedrohungen, die den Menschen völlig aus der Bahn werfen.

Wer nicht spätestens jetzt lernt zu kämpfen, ist der Außenwelt willenlos ausgeliefert. Scheitern gibt die Chance, Willen und Tatkraft zu auszubilden. Das, was klassische Underdogs schon von Kindheit an lernen mussten, können auch die „Großen“ lernen, wenn es ihnen an den Kragen geht: Für die Selbstautorisierung ist es nie zu spät. Steh auf und nimm Dein Leben in die Hand!

Weine nicht um vergossene Milch

Weine nicht um vergossene Milch“ – für mich einer der entscheidendsten Lebensgrundsätze. Trauere nicht besseren Zeiten hinterher und schüttele ab, was vergangen ist. Es ist wie es ist. Mach das Beste daraus. Lerne.

Der russische Schriftsteller Dostojewski hatte ein Problem, nachdem er erfolgreich wurde. Er konnte nicht mehr schreiben. Ohne den ständigen Überlebenskampf fehlte die Kraft, über sich selbst hinauszuwachsen und das Geniale zu wagen. Brauchen wir Verzweiflung, um Herausragendes zu vollbringen? Ich bin überzeugt davon und bin selbst das Beispiel dafür, dass es stimmt. Oder wie ich gern sage „Hunger ist des Arbeiters bester Freund“.

Underdogs sind Leistungssportler des Lebens

Da ich eine Art Allergie gegen private Probleme habe, bin ich nur nützlich für Diejenigen, die sich mit wirtschaftlichen Herausforderungen beschäftigen: Beruf und finanzielle Handlungsautonomie. Häufig sind diese Alltagskämpfer selbstständig – aber es gibt durchaus auch Angestellte, die sich nicht verbiegen lassen.

Und natürlich gibt es die vielen Depressionserfahrenen, „Ausgemusterten“ und Arbeitslosen, bei denen alles zusammengebrochen ist und die nun neu lernen, ihren selbstbestimmten Weg zu gehen. „Steh auf und kämpfe“. Verantwortung für sich zu übernehmen macht gesund, stark und glücklich.

Ist dieser Punkt gekommen, kann man mit Aufräumen und Aufbau in der Krise beginnen. Es ist wie bei aktiven Alkoholikern: Erst wenn es dem Menschen wirklich an den Kragen geht, findet er die Kraft sich zu verändern. Sich zu ändern ist ein Wahnsinnsprozess, der von diesem Moment an bis zum Tode nie wieder aufhört. Es gibt gute und schlechte Zeiten – doch auch in den ruhigsten Zeiten wissen wir Underdogs: Sicherheit ist trügerisch – das Wetter kann jederzeit umschlagen.

Corona und die Underdogs

Gerade für die Selbstständigen und kleinen Unternehmern ist die Corona-Zeit eine entscheidende Zeit. Bei vielen sind die Geschäftsgrundlagen zusammengebrochen. Die Kultur- und Freizeitbranche ist besonders betroffen.

Hartz IV bzw. Grundsicherung für Selbstständige ist für viele Familien und Haushaltsgemeinschaften keine Alternative. Verdient der Partner Geld, wird der Verdienst angerechnet. Ohne Trauschein muss er sogar für die Krankenkassenbeiträge des Partners aufkommen.

Bestehen laufende finanzielle Verbindlichkeiten wie Wohnraumfinanzierungen, familiäre Kosten, Altersvorsorge, Kredite, Verträge und Versicherungen, reicht die Hartz-IV-Grundsicherung nicht einmal für die feststehenden Zahlungsverbindlichkeiten. Wovon soll man leben?

Corona: Wenn die Underdogs boomen

Innovationen und gesellschaftliche Umschwünge passieren immer in Zeiten wie diesen: Wenn die Underdogs boomen. Plötzlich kommt man als Überlebender auf Ideen, die zuvor unentdeckt im Unterbewusstsein schummerten. So wie in der industriellen Revolution viele Gründer ihre Chance ergriffen und Mächtiges aus dem Nichts schufen, werden auch wir heute Mächtiges aus dem Nichts erschaffen, da bin ich sicher.

Wir lernen zusammenzuhalten und zu kooperieren. Wir trauen uns Abenteuer zu und wir sind stark in der Überzeugung, dass wir nichts zu verlieren – aber eine Menge zu gewinnen haben. Wir sind Versager darin, uns in Abhängigkeiten einzurichten – aber wir sind Meister darin, Abhängigkeiten abzustreifen. Wir haben Mut und wir haben Disziplin.

Beharrlichkeit ist die wichtigste Voraussetzung für Unternehmende – egal ob als Selbstständiger, abhängig Beschäftigter oder Alimentierter. Nur wer durchhält und nicht aufgibt, wird Selbstbestimmung erfahren. Wir brauchen sooooo viel Neues in unserer digitalisierten Zeit – vor Allem Kümmerndes, Lehrendes und Künstlerisches wird gebraucht.

Also nur keine Sorge: Wo eine Tür zugeht, geht eine andere Tür auf. Wo man sich bewusst wird, dass man irgendwie „anders“ ist als die Anderen, beginnt der Weg in die Welt, die sich wie eine Heimat anfühlt. Hauptsache wir halten zusammen. Dann wird alles wunderbar, und es gibt verdammich viel zu tun 🙂

Bild von Radoan Tanvir auf Pixabay 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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