Wir schreiben in letzter Zeit recht viel über den digitalen Wandel im Vertrieb und darüber was das eigentlich konkret bedeutet. Am 26. Januar gibt es dazu sogar eine Veranstaltung mit der wir uns ganz konkret an Vertriebsmitarbeiter und -verantwortliche wenden. Der digitale Wandel vollzieht sich für viele Vertriebsorganisationen nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil die Kundenseite danach verlangt. Welche Vorteile ziehen Einkäufer aus dem digitalen Wandel? Welche Instrumente werden heute bereits genutzt und was erwarten Einkäufer für die Zukunft? Diesen Fragen möchte ich in diesem Artikel nachgehen.
Inhalt
- Was erwarten Einkäufer von der Zukunft?
- Wie nutzen Einkäufer den digitalen Wandel schon heute für sich?
- Was bedeutet dies heute und in Zukunft für die Einkäufer?
Was erwarten Einkäufer von der Zukunft?
Das ist eine der Fragen die ich als Vertriebsmitarbeiter in der Vergangenheit immer wieder an mich und an Kollegen gerichtet habe. Meistens war diese dann aber nicht konkret auf den digitalen Wandel bezogen, sondern auf die Entwicklung in „meinem“ Markt.
Was Einkäufer in Sachen digitalem Wandel erwarten und wie ihrer Einschätzung nach der Einkauf aktuell in den Wandel einbezogen wird, hat die h&z Unternehmensberatung versucht in einer Umfrage unter Besuchern des BME-Symposiums Einkauf und Logistik heraus zu finden.
Im Wesentlichen scheinen viele Einkaufsverantwortliche (78%) ein hohes bis sehr hohes Automatisierungspotential für den Einkauf zu erkennen. Dabei richten die Einkäufer ihr Augenmekr auf neue IT-Technologien, von denen sie wohl erwarten das Bestellprozesse stärker automatisiert werden können. Betrachtet man ein weiteres Ergebnis der Umfrage, dann lässt sich gut erkennen das es im Einkauf aber wohl nicht nur um die Automatisierung des eigentlichen Bestellprozesses gehen wird. 88% der befragten Einkaufsverantwortlichen erwarten durch Big Data bessere Einkaufsentscheidungen.
Im Grunde genommen setzt sich hier der Drang nach Transparenz für den Einkauf fort. Schon in der Vergangenheit haben Einkäufer das Ziel gehabt (und sie haben es natürlich auch heute und werden es auch in der Zukunft haben), möglichst große Transparenz herzustellen bevor eine Einkaufsentscheidung gefällt wird. Dieser Wunsch ist legitim, wird aber von vielen Vertriebsorganisationen bewusst nicht berücksichtigt. Denn Transparenz bedeutet oftmals, dass am Ende die Verkäuferpersönlichkeit, die Zusammenarbeit in der Vergangenheit und andere „weiche“ Faktoren nicht mehr so viel Gewicht haben, wie sie es aus Sicht von Vertriebsverantwortlichen haben sollten. Zumindest scheint dies oftmals die Befürchtung zu sein.
Was Big Data zu dieser Transparenz beitragen kann, dürfte klar sein. Mehr Daten die besser aufbereitet und analysiert werden führen automatisch zu einem höheren Transparenzlevel. Gepaart mit intelligenten Technologien, werden die höheren Datenmengen in der Zukunft wahrscheinlich dazu führen das nicht mehr alleine ein Mensch über den Abschluss bestimmter Verträge entscheidet.
Vertriebsorganisationen können daraus übrigens direkte Rückschlüsse ziehen. Das Produkt und dessen Qualität (dies gilt auch für Dienstleistungen, Vertragsformen, etc.) wird immer stärker in den Vordergrund gerückt. Vertriebsmitarbeiter bzw. die Kompetenzen von Vertriebsmitarbeitern müssen sich grundsätzlich wandeln. Es geht in Zukunft weniger um Persönlichkeit und mehr um echten Mehrwert. Platt gesagt, hat ein Computer keinen Bauch der 80% jeder Entscheidung beeinflusst!
Wie nutzen Einkäufer schon heute den digitalen Wandel für sich?
Die oben genannte Umfrage sagt dazu nichts aus. Zur aktuellen Situation gibt es lediglich die Aussage, dass der Einkauf in vielen Unternehmen noch nicht stark genug in den Wandelungsprozess einbezogen wird. Was dies konkret bedeutet, kann ich nicht beurteilen.
Aus meiner eigenen Erfahrung heraus, hat sich die Kommunikation mit Einkäufern in mittelständischen Unternehmen in den letzten 10 Jahren schon sehr gewandelt. Es liegen mehr relevante Informationen vor, die Einkäufer wissen wesentlich besser über den Wettbewerb bescheid und können die Entwicklung der Unternehmen mit denen sie verhandeln deutlich besser beurteilen. Diese Punkte rühren von den erweiterten Recherchemöglichkeiten und der größeren Transparenz verschiedener Märkte.
Ich habe in den letzten Jahren den Wandel aus Vertriebssicht in einer Branche erlebt, die traditionell sehr verschlossen ist. Auch wenn es sehr viele Wettbewerber auf diesem Markt gibt, lassen sich mit den üblichen Mitteln der Recherche wenige Informationen finden. Meiner Meinung nach rührte daher das oft sehr große Mißtrauen gegenüber Versprechen im Verkaufsprozess. Die Einkäufer sind es aus anderen Bereichen gewohnt, wesentliche besser informiert zu sein. Wer nicht transparent handelt und anbietet, weckt also schon heute Misstrauen.
Der digitale Wandel wird also von verschiedenen Einkaufsorganisationen schon heute dazu genutzt, die üblichen Ziele zu erreichen. Märkte werden im Vorfeld von Verhandlungen stärker durchleuchtet, Preise können eher verglichen werden, Vertragsformen lassen sich besser durchschauen. Darüber hinaus scheint es aber noch keine nennenswerten Wandlungen zu geben. Ausgehend von den Aussagen der erwähnten Umfrage, scheinen Automatisierung und Big Data noch keine große Rolle zu spielen. Allerdings werden diese Punkte sehr bald wesentlich relevanter werden, was dazu führt das sich der Einkauf grundlegend wandelt.
Was bedeutet dies heute und in Zukunft für die Einkäufer?
Heute stellt der digitale Wandel eine sehr gute Möglichkeit dar, Transparenz auch in unüberschaubaren Märkten herzustellen. Informationen sind schneller verfügbar und besser zu interpretieren.
In der Zukunft wird der weitere Wandel dazu führen, dass viele Prozesse die heute noch von Menschen erledigt werden automatisiert stattfinden. Zum Beispiel ist es denkbar, dass Preis- und Leistungsvergleiche automatisiert ausgeführt werden. Auch der eigentliche Bestellprozess wird dann automatisch durchgeführt. Heute sind für viele dieser Arbeitsschritte noch Eingriffe von Außen notwendig. So erhalten Sachbearbeiter im Einkauf zwar heute schon Benachrichtigungen darüber, wenn bestimmte Warenbestände Schwellwerte unterschreiten. Eine Abfrage der Verfügbarkeit bei verschiedenen Lieferanten sowie der komplexe Vergleich von Lieferkonditionen geschieht aber noch manuell.
In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass in vielen Fällen Aufgaben von Sachbearbeitern entfallen. Einkäufern fällt dann immer mehr die Aufgabe zu, den Einkauf von besonderen Produkten und Dienstleistungen zu managen sowie die interne Organisation zu verbessern. So „einfache“ Dinge wie Warenbestände auffüllen, regelmäßig wiederkehrende Bestellungen bei einer kleinen Auswahl von Stammlieferanten und andere standardisierte Aufgaben entfallen dann.
Ob der digitale Wandel den Einkauf im heutigen Sinn vielleicht sogar komplett überflüssig macht, wage ich nicht zu beurteilen. Da aber schon heute bei komplexen Einkaufsentscheidungen eher die jeweilige Fachabteilung die Beurteilung von Leistungsfähigkeit und den Vergleich von Anbietern übernimmt und der Einkauf als Dienstleister dieser Abteilungen mit am Tisch sitzt, ist es durchaus denkbar, dass es den „Einkäufer“ im heutigen Sinne nicht mehr geben wird.