Kopieren erlaubt. Lokale Einzelhändler und Möglichkeiten von digitalen Geschäftsmodellen zu lernen.

copyright-98570_1280-300x300In der t3n erschien vor einiger Zeit ein Artikel mit dem Titel „Abgucken erwünscht: 9 Ideen, die analoge von digitalen Unternehmen übernehmen sollten„. Dieser hat mich zu dem nun folgenden Beitrag animiert. Ich mache mir zu genau diesem Punkt schon recht lange Gedanken. Konkrete Möglichkeiten „Kopien“ anzulegen habe ich zwar noch nicht niedergeschrieben. Aber meine grundsätzliche Sicht ist den regelmäßigen Lesern dieses Blogs sicherlich bekannt. Der lokale Einzelhandel kann viel lernen vom digitalen. Für mich geht es dabei nicht so sehr um die Erweiterung von Absatzkanälen sondern darum, die Kundenbindung und -pflege mit Hilfe guter Ideen (in Anlehnung an digitale Geschäftsmodelle) deutlich zu verbessern.

Inhalt

  1. Wie erkenne ich eine „digitale Idee“ die sich zum Kopieren eignet?
  2. Einige Ansätze für richtig gute Möglichkeiten zu Kopieren!
  3. Auch Kopien müssen weiter entwickelt werden.
  4. So einfach? Oder sind das alles Hirngespinste?

Wie erkenne ich eine „digitale Idee“ die sich zum Kopieren eignet?

Dazu sollte ein Einzelhändler seine Identität kennen. Was ist ihm wichtig? Wie möchte er seinen Kunden begegnen? Was sollen seine Kunden (neben den im Laden angebotenen Produkten) mit nach Hause nehmen? Derjenige dem die Identität seines Einzelhandelsgeschäfts klar und deutlich vor Augen steht, ist auch in der Lage die Möglichkeiten zu erkennen!

ipad-606766_1280-300x199-300x199Möglichkeiten, Nachahmungen oder Kopien digitaler Geschäftsmodelle für das eigene Einzelhandelsgeschäft anzufertigen.

Grundsätzlich – das ist meine feste Meinung – geht es nicht darum die eigenen Absatzmärkte zu erweitern. Das Geschäft lokaler Einzelhändler funktioniert nur dann richtig gut, wenn sich der jeweilige Händler auf das lokale konzentriert. Es bringt also nichts einen überregionalen Onlineshop einzurichten, in der Hoffnung das eigene Einzelhandelsgeschäft so profitabler zu machen. Auch wenn das sehr verlockend erscheint.

Wie schon beschrieben, geht es meiner Meinung nach darum, die Identität des jeweiligen Einzelhandelsgeschäfts mit Hilfe digitaler Ergänzungen zu stärken. Im t3n Artikel hat der Autor Bastian Wilkat 9 Ideen vorgestellt, die lokal tätige Unternehmen Kopieren könnten. Anhand dieser Beispiele, lässt sich ebenfalls sehr gut erkenne um was es geht: Den Service auf lokaler Ebene verbessern und erweitern. Nicht den Absatzkanal verändern.

Der Blick lokaler Einzelhändler sollte sich also nicht so sehr darauf richten, was die großen Onlineshops tun sondern eher in Richtung digitaler Serviceanbieter gerichtet werden. Wer so vorgeht, findet viele interessante Ansatzpunkte.

Einige Ansätze für richtig gute Möglichkeiten zu Kopieren!

Jetzt geht es zur Sache. Ich habe mich, in Ergänzung zu den 9 Ideen aus dem t3n Artikel, hingesetzt und einige Möglichkeiten gefunden, Kopien anzufertigen.

boots-690502_1280-300x200Der persönliche Shoppingberater

Outfittery und andere bieten diese Dienstleistung im digitalen an. Dort gibt der Kunde seine Vorlieben, Kleidergrößen, etc. an und erhält ein Paket mit potentiell dazu passender Mode. Das Versprechen: Unkompliziert modische Kleidung shoppen!

Für den Mode Einzelhandel lässt sich dieses Prinzip sehr gut übertragen. Im Grunde genommen tun gute Boutiquen und Mode Einzelhändler ja schon heute nichts anderes. Kunden die in den Laden kommen, werden individuell beraten. Was fehlt? Die Einbindung digitaler Hilfsmittel.

Stellen Sie sich einmal folgendes vor: Ein lokaler Einzelhändler für Herrenmode bietet die Möglichkeit im Laden an einem Tablett oder PC die eigenen Vorlieben digital zu erfassen. Die Daten werden gespeichert und immer wenn der Kunde in den Laden kommt, für Beratungszwecke abgerufen.
Aber nicht nur bei der Beratung im Laden helfen diese Daten. Der Kunde kann zum Beispiel vor seinem Besuch bei dem jeweiligen Einzelhändler einen Termin mit einem Modeberater/Verkäufer vereinbaren. Potentiell zu seinen Vorlieben passende Kleidung wird schon einmal für ihn bereitgelegt und er kann diese direkt anprobieren und ggf. mitnehmen.

Wenn es nicht gleich eine eigene App oder Webapplikation für dieses Thema sein soll, dann ist ein erster guter Schritt, seine Kunden „analog“ mit Hilfe eines Fragebogens nach den Vorlieben zu befragen und die Möglichkeit einer telefonischen Terminvereinbarung anzubieten. Nach Vereinbarung des Termins schaut sich der jeweilige Verkäufer die Angaben des Kunden an und legt die entsprechende Ware zum Termin bereit.

Digitale Abomodelle für den lokalen Einzelhandel

Abonnements sind digitale und auch analog keine ganz neue Idee. Was aber im digitalen einmal neu gewesen ist, war die Übertragung von Abo-Modellen auf alle möglichen Dinge. Analoge Abos bezogen sich oft auf Zeitschriften. Digital kann man auch Socken, Blumen und allerlei andere lustige Dinge per Abo regelmäßig beziehen.

Wie soll sich das auf den lokalen Einzelhandel übertragen lassen? Drei Beispiele:

  1. Kleidung im Abo
    Lokale Mode Einzelhändler bieten Ihren Kunden Ergänzungsprodukte, wie zum Beispiel Socken oder Accessoires im regelmäßigen Abo an. Kunden holen die Ware entweder selbst regelmäßig im Laden ab oder bekommen diese – zusammen mit Beschreibungen neuer Produkte – nach Hause geliefert.
  2. Lebensmittel im Abo
    Ebenfalls ein Modell, dass Online versucht wird. Da der Lebensmittelhandel im Internet (zumindest in Deutschland) aktuell noch sehr in den Kinderschuhen steckt, macht es gerade für lokale Einzelhändler aus diesem Bereich absolut Sinn, digitale Instrumente zu Kopieren.
    Wie kann das konkret aussehen? Wir alle brauchen bestimmte Lebensmittel mehr oder weniger regelmäßig. Butter, Milch, Aufschnitt und einiges mehr sind Dinge die wir in kurzen Zyklen einkaufen und von denen wir eigentlich auch immer dasselbe Produkt nehmen. Einzelhändler könnten Ihren Kunden nun anbieten, diese Produkte gesammelt regelmäßig (in einem frei wählbaren Rhythmus) zusammen zu stellen und zur Abholung bereit zu legen. Der Kunde müsste nur noch den fertig gepackten Warenkorb einsammeln und bezahlen!
    Technisch lässt sich auch diese Maßnahme auf verschiedene Arten lösen. Entweder mit eigener App bzw. Webapplikation oder aber ganz einfach analog.
    Für den Einzelhändler hat dieses Abomodell den Vorteil, dass seine Kunden sehr regelmäßig zu ihm kommen und dann wahrscheinlich auch weitere Produkte kaufen. Kunden sparen sich Zeit, die sie ansonsten in das Zusammenstellen eines immer sehr ähnlichen Warenkorbs investieren müssten.
  3. Bücher im Abo
    Das ist wahrscheinlich ein recht gewagtes Beispiel. Grenzt sich doch der lokale Buchhandel sehr deutlich von jedweder Nähe zum Onlinehandel ab. Die Kopie eines digitalen Geschäftsmodells ist da eventuell nichts, was Buchhändler anstreben. Und Trotzdem…
    Ich persönlich bin extrem Buchleser. Ein Abo würde mir unter zwei Gesichtspunkten helfen: a) Durch ein Abo würde ich regelmäßig mit neuem Lesestoff versorgt. Ich wäre auch „gezwungen“ in regelmäßigen Abständen im Buchladen meines Vertrauens vorbei zu schauen und könnte dort zusätzlich etwas rumstöbern. Ein großes Vergnügen für mich. Und Chance auf zusätzlichen Umsatz für den Buchhändler. b) Wenn es richtig gemacht ist, bietet mir ein Buch Abo die Möglichkeit, entweder selbst ausgewählte Titel zu beziehen oder nur festzulegen in welche Richtung die jeweilige Buchauswahl gehen soll. Ich lerne also ggf. Bücher kennen, die ich sonst nie gelesen hätte. Schon heute mache ich die Erfahrung, dass Bücher die ich mir selbst nicht ausgesucht hätte oft sehr bereichernd sind.

spider-182242_1280-300x200-300x200Vernetzung des lokalen Handels

Wir kennen es alle: Amazon und diverse andere Onlinehändler nehmen eine Pseudo-Beratung beim Onlineshoppen vor, in dem uns Produkte präsentiert werden, die andere Kunden angeblich oder tatsächlich zusammen mit einem Produkt aus unserem aktuellen Einkaufswagen eingekauft haben.

Dieses Prinzip lässt sich sehr gut auch Offline implementieren. Anders als Bastian Wilkat im Artikel in der t3n würde ich aber sogar noch ein Stück weiter gehen. Warum soll man Empfehlungen nur für Produkte aus dem eigenen Portfolio geben? Wie wäre es denn mit einem vernetzten Empfehlungssystem zwischen verschiedenen lokalen Händlern.
Ein paar Beispiele gefällig?

  1. Ganz klassisch: Die Weinempfehlung zum gekauften Fleisch. Wer beim Fleischer zum Beispiel Kalbfleisch kauft, interessiert sich vielleicht für die passende Weinauswahl. Eine Kooperation mit dem benachbarten Weinhändler macht hier Sinn. Dieser könnte im Fleischerei Fachgeschäft Weinempfehlungen auslegen oder sogar das Personal diesbezüglich schulen.
  2. Sie kaufen Orangen beim Obst- und Gemüsehändler. Wahrscheinlich haben Sie ganz konkret etwas mit diesen Orangen vor. Trotzdem kann es ja nicht schaden, Hinweise auf mögliche Zubereitungs- und Verwertungsarten zu bekommen. Natürlich inklusive einer Empfehlung wo eventuell benötigte Werkzeuge (Orangenpresse, Eismaschine, etc.) eingekauft werden könnten.
  3. Sie kaufen ein Geschenk für Ihr Patenkind im Spielzeugladen ein. Dort gibt man Ihnen zusätzlich eine Empfehlung, welcher Fachhändler in der Nähe passendes Geschenkpapier anbietet. Meine Frau wäre jedenfalls dankbar, da sie bei jedem Geschenkkauf bemängelt, mal wieder kein „passendes“ Geschenkpapier zu haben 😉 …

Sie sehen. Man muss nicht immer gleich selber einen Onlineshop betreiben um digitale Geschäftsmodelle sinnvoll zu Kopieren. Es geht eher darum, die Dinge die digitale Geschäftsmodelle ausmachen auf den lokalen Handel zu übertragen. Im ersten Schritt ist dazu nur die eigene Kreativität gefragt. Die weiteren Schritte schließen dann auch Dienstleister mit ein, die Ihnen dabei helfen die technische Umsetzung vorzunehmen oder gleich alle Arbeiten bzgl. Ihres neue digital erweiterten Geschäftsmodells zu koordinieren.

Auch Kopien müssen weiter entwickelt werden

Bleiben Sie nicht stehen! Wenn Sie einmal den Schritt in Richtung Digitalisierung gegangen sind, dann sollten Sie Ihre Ideen immer weiter entwickeln. Es nutzt nichts, bloße Kopien zu erstellen und dann zu hoffen, dass alles besser wird! Sie haben als lokaler Einzelhändler erhebliche Vorteile gegenüber den Mitbewerbern aus dem Internet. Wenn Sie erfolgreich digitale Geschäftsmodelle Kopieren und weiter entwickeln!

So einfach? Oder sind das alles Hirngespinste?

Was soll ich als Autor dieses Artikels auf diese Frage antworten? 😉

Mal ganz ehrlich: Vieles von dem was wir digitale Geschäftsmodelle nennen, sind eigentlich Kopien aus dem Offline Bereich. Vielleicht keine Ideen, die heute noch gelebt werden. Aber im Grunde genommen bringt Sie die Kopie dieser Ideen wieder näher an den guten alten Tante Emma Laden. Und von dieser Idee und dem Wunsch der Kunden nach Service in dieser Qualität bin ich absolut überzeugt!

Viele kleine Punkte die mir täglich begegnen zeigen mir, dass der Trend schon längst wirklich im Gang ist. Rezepte die mir helfen sollen, Ideen für meinen Fischeinkauf zu erhalten oder Empfehlungen von Buchverkäufern am Bücherregal im Handel sind hier nur zwei Beispiele, die sich sicherlich weiter perfektionieren lassen.

Alles in allem, bleibt vielen lokalen Einzelhändlern gar nichts anderes übrig als digitale Ideen auch lokal auszuprobieren. Das die angestammten Geschäftsmodelle oft nicht mehr funktionieren, zeigen und die vielen Leerstände in Innenstädten und das allgemeine Klagen der Branche!

 

Als Vertriebsspezialist, Social Media Kenner und Experte des digitalen Wandels schreibt Dennis Arntjen jede Woche Beiträge rund um die Digitalisierung des Mittelstands. Gemeinsam mit Eva Ihnenfeldt leitet Dennis Arntjen das Unternehmernetzwerk KMU Digital. Dort ist er verantwortlich für die Mitgliederbetreuung, den Vertrieb sowie verschiedene Themen rund um die Organisation von Veranstaltungen.

www.kmu-digital.net

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