Letzten Samstag, nach dem Abbau der Marktstände, traf ich zufällig einen Händler, bei dem ich sonst regelmäßig einkaufe. Er war, sagen wir es mal salopp, völlig von der Rolle: Das Geschäft läuft überhaupt nicht, Angestellte sind unzuverlässig, gewünschte Projekte platzen, die Aussichten bleiben trübe. Mutloser und trübsinniger ging es kaum. Kurz entschlossen lud ich ihn zu einer Tasse Tee in einem nahegelegenen Café ein. Einfach so.
Überraschend war die Rückmeldung, die er mir am folgenden Tag per E-Mail schickte. Vielleicht lohnt es sich auch für Sie, einmal darüber nachzudenken.
Der Schreiber fand unsere Begegnung „superaufbauend“ und fragt sich, wie ich das mache mit diesen „nährenden (das ist das richtige Wort) und auflockernden Interventionen aus dem Stegreif“.
Natürlich ist es bei mir wie bei jedem Profi: Vieles sieht nach einer leichten Hand aus, was durch jahrelange Erfahrung gereift ist. Aber hier geht es nicht um professionelle Gesprächsführung. Es geht um das Zutun des Ratsuchenden selbst und den nachhaltigen Lernerfolg, der sich eben gerade dann einstellt, wenn man gar nicht damit rechnet, sich also nicht krampfhaft darum bemüht.
An Erkenntnisgewinn aus unserem Gespräch hat er behalten, sich doch mal nach kleinen Vergnügen und Mutmachern, die am Wegesrand liegen, umzusehen. Statt mit Tunnelblick immer nur vorwärts zu streben (bzw. auf der Stelle zu treten), einfach einen Schritt zur Seite zu machen. Die Dinge sein zu lassen und mal was anderes zu tun: „Wirf dich in den Schnee und mach den Engel, wenn Dir danach ist!“
Dem möchte ich hinzufügen: Auch wenn es sich kindisch oder albern anfühlt, tu doch einfach mal was »Beklopptes«! Nach Feierabend barfuß, Laptop unterm Arm durch den Park? Bahnfahren und einfach irgendwo aussteigen, wo man noch nie war? Eine Tasse Tee mit jemandem, den oder die man kaum näher kennt? Was soll schon Schlimmes passieren? Viele Menschen tun sich damit schwer, überhaupt eine Idee zu finden. Deswegen ist für den Anfang der Engel gar nicht schlecht; vorausgesetzt wir haben Schnee. Und bis dahin darf es auch etwas »nur ganz leicht Verrücktes« sein – Hauptsache ganz anders als immer! Die Welt wird für eine Weile neu aussehen. Und dieser neue Blickwinkel klärt den Blick für neue Wege.
So war es dem bedrückten Händler auch plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen: „Viele Schnörkel können auch wegbleiben, ohne dass schon was Wesentliches fehlt.“ Weiter schreibt er: „Und wenn ich da jetzt noch eine Minute drüber nachdenke, dann haben Sie mir auch noch etwas gezeigt, was ich verallgemeinern kann und was mir öfter helfen wird: Mach doch mal einen kleinen Schritt, dann weißt Du, dass Du einen Schritt vorangekommen bist! Wie lange schon suche ich nach dem Hektar …“, und stellt dann fest, dass er doch viel besser mit ein paar Quadratmetern anfängt.
Das ist doch schon ganz schön viel Erkenntnis für ein Gespräch bei einer Tasse Tee.
Und wenn Sie mögen verabreden wir uns zum Tee – versprochen!
Ihre Brigitte Jülich
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Gut kann ich den Markthändler verstehen. Uns hat das letzte halbe Jahr auf dem Wochenmarkt in Münster auch ganz schön herausgefordert, sowohl wettermäßig als auch finanziell. Aber aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es stets weitergeht im Leben und hinter allem ein Sinn steckt. Loslassen ist auch meine Strategie und häufig haben sich danach Probleme wie von selbst gelöst oder ich bin von kleinen Wundern überrascht worden. Diese Erfahrung macht stark und die Zuversicht wächst.
Gerne würde ich mit Ihnen einen Tee trinken, vielleicht ergibt es sich ja sogar mal in Münster auf dem wunderschönen Wochenmarkt!