September 2014: Laut t3n experimentiert Twitter mit einem veränderten Algorithmus für die Twitter-Timline. Die letzten acht Jahre war es so, dass Twitter-User sich darauf verlassen konnten, alle Tweets von Menschen und Marken, denen sie folgten, chronologisch zu sehen. Wollte man nur bestimmte News und Tweets sehen, konnte man Listen einrichten und diese separiert lesen – doch auf die zeitliche Abfolge war immer Verlass. Nun erklärt Twitter-CFO Anthony Noto, dass die chronologische Anordnung nicht immer die relevanteste sei.
Ein Grund für die Experimente ist sicherlich, dass der Microbloggingdienst für neue User attraktiver und übersichtlicher werden will. Diese hatten nämlich bisher das Problem, dass sie viel Zeit und Energie darauf verwenden mussten, eigene Follower aufzubauen. Außerdem war es schwierig, Twitter-Accounts zu folgen, die verlässlich News und Hintergründe zu ausgewählten Themen bringen. Oft gerät man bei Twitter in langwierige Gespräche, die nur die Gesprächspartner verstehen – und die man als Follower unfreiwillig mitlesen muss.
Der zweite Grund, von der ungefilterten chronologischen Timeline zu lassen, ist wahrscheinlich der Wunsch nach mehr Werbepartnern. Nur wenn Twitter bei den Usern in die Timeline eingreifen kann ist es möglich, dort Werbetweets zu platzieren. Schon seit einiger Zeit gibt es diese „promoted Tweets“, doch noch ist die Werbeform relativ unattraktiv, da die Werbung extrem auffällt und nicht an die Interessen der User angepasst ist.
Die nach Themen und Interessensanalyse gefilterte Timeline soll ergänzt werden durch eine Gruppenchat-Funktion – so dass Twitter-User ähnlich wie bei WhatsApp miteinander schreiben können – nur immer auf 140 Zeichen reduziert.
Sollte Twitter tatsächlich zu einem Algorithmus übergehen, der fremde Tweets in die Timeline schmuggelt, den chronologischen Verlauf zerstört und ähnlich wie bei Facebook nicht nachvollziehbare Ergebnisse liefert, ist damit zu rechnen, dass die klassischen Twitter-Aktivisten den Dienst verlassen. Bei Twitter sind – zumindest in Deutschland – vor Allem Blogger, Journalisten und die so genannten Nerds. Diese Menschen setzen auf Verlässlichkeit, eigene Kontrolle und nachvollziehbare Strukturen.
Für die Meisten von uns ist Twitter ein News-Telegramm in einer Welt, die stündlich wichtige Neuigkeiten und neues Wissen ausspuckt. Wir lesen diese News, geben sie an unsere Follower weiter und diskutieren über einige Themen. Wir verabreden uns mit Gleichgesinnten auf BarCamps und anderen Veranstaltungen, und auch private Freundschaften und Treffen werden über Twitter arrangiert. Ohne eine verlässliche chronologische Timeline ist dieser Mehrwert zumindest gefährdet – es wäre schade, wenn Twitter Facebook ähnelt – nur eben auf 140 Zeichen begrenzt…