50 Jahre und (k)ein bisschen weise…

Kennen Sie das: Sie summen ein Liedchen vor sich hin – und irgendwann wird Ihnen bewusst, dass es der Text ist, der Sie da inspiriert? Gestern ertappte ich mich dabei, wie ich ein altes Lied von Curd Jürgens etwas abgewandelt in meinem Kopf trällerte: „50 Jahre und kein bisschen weise, aus gemachten Fehlern nichts gelernt, 50 Jahre – auf dem Weg zum Greise, und doch 50 Jahre davon entfernt“. Nun bin ich also 50, und es wird langsam eng, mit Glück noch 20 gute starke Jahre, bevor ich in irgendeiner Form mein Haus am See suchen und finden muss…

Ich bin ein Mensch, der immer nach dem Grundsatz gelebt hat: „Leben ist ja ganz schön, doch wenn es vorbei ist, ist das auch ganz schön.“ Bei all den vielen Abenteuern, die ich erleben durfte, schwang immer diese Melancholie mit, die ich in dem von mir geliebten Buch Kohelet finde, – der Sage nach den Worten des weisen König Salomo. Hier ein Auszug:

„Kap. 4,  1 Wiederum sah ich alles Unrecht an, das unter der Sonne geschieht, und siehe, da waren Tränen derer, die Unrecht litten und keinen Tröster hatten. Und die ihnen Gewalt antaten, waren zu mächtig, sodass sie keinen Tröster hatten. 2 Da pries ich die Toten, die schon gestorben waren, mehr als die Lebendigen, die noch das Leben haben. 3 Und besser daran als beide ist, wer noch nicht geboren ist und des Bösen nicht inne wird, das unter der Sonne geschieht.“

Erinnert an Bertold Brecht, nicht wahr? Der schrieb in „An die Nachgeborenen“:

„Dabei wissen wir doch:
Auch der Hass gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.

Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unser
Mit Nachsicht.“

Aber jetzt, plötzlich, wo der Zeitraum bis zum endgültigen Abgang so schön überschaubar wird, kriecht eine neue Empfindung in mir hoch, ein leises: „Nein, ich will nicht weg. Ich hab doch noch so viel vor -hab doch noch so viel nicht ausprobiert. Ich bin gar nicht müde!“

Man sagt ja, je älter man wird, desto unrealistischer wird man in Bezug auf das eigene Alter. Mit 70 schätzt man sich im Durchschnitt zwanzig Jahre zu jung ein. Das stimmt! Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich eine Frau Ende 30 – ungelogen! Die Falten und das Altern erkenne ich nur auf Fotos -im Spiegelbild bin ich so jung und schön wie Schneewittchen Stiefmutter.

Und gerade im Moment fühle ich mich (mal wieder)  im Frühling des Lebens! Der Aufbau meines Unternehmens macht so viel Freude, ich lerne so tolle und spannende Mitstreiter kennen – für die Entfaltung unserer fantastischen Ideen und Pläne brauchen wir doch noch mindestens 30 Jahre!

Aber auf der anderen Seite ist dieses Gefühl der Endlichkeit auch sehr schön: jeder Tag ist kostbar, einzigartig, jede Minute will gewürdigt und intensiv gelebt werden. Ich habe keine Zeit mehr zu verschwenden, jeder Sonnenstrahl ist ein Geschenk, jede Begegnung ein Wunder. Ja, es ist schön, älter zu werden. Existenzielle Ängste verschwinden (die paar Jahre krieg ich auch noch irgendwie rum) und der Blick auf die Lebewesen um mich herum wird gelassener. Langsam, ganz langsam distanziere ich mich von mir und dem Weltgetriebe, kann dieses herrlich und schrecklich spannende Spiel „Leben“ nicht mehr so richtig ernst nehmen.

Meine Tochter hat mich heute getröstet, als ich jammerte, dass ich ja jetzt nicht mehr in der Mitte meines Lebens stände. Sie sagte: „Mama, das siehst Du falsch. Wenn Du die Zeit rechnest, seitdem Du erwachsen bist, stehst Du gerade jetzt genau in der Mitte!“ Puh, da hab ich ja nochmal Glück gehabt. Und mit 60 wird noch mal neu gerechnet. Na denn Prost.

Frühlings-Seufzer

Großer Gott, in dieser Pracht
Seh‘ ich Deine Wunder-Macht
Aus vergnüg’ter Seelen an.

Es gereiche Dir zu Ehren,
Dass ich sehen, dass ich hören,
Fühlen, schmecken, riechen kann!

Barthold Heinrich Brockes (1680 – 1747)

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

10 thoughts on “50 Jahre und (k)ein bisschen weise…

  • Reply Vespermann 3. März 2009 at 10:19

    Herzlichen Glückwunsch zu diesem runden Geburtstag.Wünsche Ihnen noch 35 schöne Jahre oder mehr.GLG Regina Vespermann

  • Reply Annette Biermann-Hendrich 3. März 2009 at 12:23

    Liebe Eva,
    ich wünsche dir heute einen ganz besonders schönen Tag mit viel Sonne (sie ist bereits da) und ganz vielen lieben Menschen um dich herum!
    Liebe Grüße und eine herzliche Umarmung
    Annette Biermann-Hendrich

  • Reply K. Matten 3. März 2009 at 12:27

    Herzlichen Glückwunsch zum Wiegenfeste!
    Ich wünsche Ihnen weiterhin viel, Spaß, Freude, Glück und viele neue Ideen mit einer „guten Portion Gelassenheit“ für Ihren Lebensweg!

    Liebe Grüße

    Kay Matten

    PS: Wenn wir uns alle etwas Kindliches bewahren, werden wir nie so ganz erwachsen – und dann können was uns auch das Errechnen unserer Lebensmitte sparen …. 😉

  • Reply Marianne Hoose 3. März 2009 at 11:40

    Liebe Eva,

    auch von mir herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und immer schön weiter so in der Betrachtung des Lebens und des Alter(n)s. Ich sehe das genauso und fahre ganz gut damit. Es ist doch schön, wenn man nicht mehr alles so verbissen und schwarz/weiß wie in jungen Jahren sieht. Es erschließen sich gerade daraus ganz neue und wertvolle Sichtweisen auf Menschen und Lebenswelten eines Jeden. Genieß die Zeit und bleib vor allen Dingen gesund und Zufrieden! Gottes Segen und einen besonders schönen Tag wünscht Dir

    Marianne

  • Reply Kornelia Dittmar 3. März 2009 at 12:18

    Liebe Eva,

    herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag auch von mir an dieser Stelle!
    Alles Gute und weiterhin viel Erfolg mit der Newsletter DIDA – Welle!“
    („Redaktion“ hätte sich nicht gereimt!)

    Lieben Gruß
    Kornelia Dittmar

  • Reply Monika Peters 4. März 2009 at 12:30

    Hallo Frau Ihnenfeldt, nachträglich alles Liebe und Gute zur 5. Null. Ein halbes Jahrhundert an Jahren ist schon etwas, aber doch nur eine Zahl.
    Visionen und Ziele, die es noch zu erreichen gibt, halten jung. Schöne Grüße Monika Peters

  • Reply Silke Kruse 4. März 2009 at 15:55

    Liebe Eva,

    auch von mir nachträglich alles Gute und Liebe.

    Und ein Zitat von Arthur Schnitzler:
    „Man kann eine Frau zuverlässig von jedem eingebildeten Leiden befreien, indem man behauptet, es sei eine Alterserscheinung.“

    Liebe Grüße aus Hattingen
    Silke

  • Reply Eva Ihnenfeldt 4. März 2009 at 21:37

    Ihr könnt nicht wissen, wie groß die Freude ist, die mir mit den vielen Glückwünschen – auch telefonisch und per Mail -gemacht habt. Ich glaube, das war der schönste Geburtstag meines Lebens. Danke, danke, danke.Ich werde es nicht vergessen -nie

  • Reply Uwe Weber 5. März 2009 at 16:33

    Hallo Eva,
    hab doch am Dienstag nicht in den Kalender gesehen und war froh, doch wenigstens einen Monat zu früh gratuliert zu haben :-))) Also Heute mal was von mir im Blog.
    Wie du ja weisst, hat sich bei mir das Sprichwort bewahrheitet: „Wenn du mal nicht weiter weisst, kommt von Irgendwo ein Lichtlein her“ Und das war bei mit 61 Jahren!!! Und jetzt stecke ich nach Stahindustrie, Maschinenbau, Medizintechnik, EDV, in der Theaterarbeit. Mit völlig neuen Erfahrungen. Dies Projekt mit neuen, jungen Menschen macht mir ganz viel Freude und bringt den Projekteilnehmer ebenfalls ganz neue Erfahrungen.
    Freue Dich auf alles was jetzt noch auf Dich zukommt und genieße es. Bei Deinen vielen Kontakten darfst Du sicherlich noch einiges Schöne erwarten!!!
    Liebe Grüße, Uwe

  • Reply Eva Ihnenfeldt 5. März 2009 at 19:17

    Ihr Lieben, Lieben, Lieben,
    ja, ich freue mich, dass ich jetzt zu „Euch“ gehöre. Und ich freue mich, dass ich noch viele Überraschungen und Projekte in Angriff nehmen werde – gerade ab 50 scheint es da einen wundersamen Aufschwung zu geben – ist schon merkwürdig…
    Uns allen wünsche ich, dass jeder Tag neue Abenteuer bereit hält und wir immer klüger und authentischer werden, Minute für Minute für Minute 💡

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