Der Pott als Silicon Valley oder Von Ruhrort geht ein Ruck aus?

Wenn Dirk Sanders in einem Interview zum Thema StartUp-Szene Pott spricht, dann spricht der Macher des Social-Impact-Hub Ruhr von Duisburg und dem Pott in seinem sehr optimistischem Ton. Vom Kreativquartier Ruhrort selbst könne ein neuer Impuls in den Ruhrpott ausgehen, ein neues „Silicon Valley“ könne entstehen – dann bindet sich das zusammen mit dem, wofür der RUHR:HUB stehen sollte. An dieser Stelle kein Link, man verbat sich weitere Kommentare zum Thema von mir, eine Reaktion, die ich immer noch nicht verstehe, aber schön, lassen wir denen ihre Ruhe.

Der Pott ein Silicon Valley? Und ausgerechnet Duisburg als Startpunkt für eine neue Entwicklung? Ich bin da irgendwie – sagen wir – mit gemischten Gefühlen unterwegs. Dabei muss ich nochmal auf die Aufgabe zurückgehen, die der RUHR:HUB bekommen hat. Für drei bzw. fünf Jahre sollen Gründer gefördert werden. Und dazu werden halt Campi bei den Partnerstädten gebildet. Diese arbeiten Essen zu: Die Teams suchen sich Gründer aus, deren Ideen tragfähig scheinen und bieten diesen Unterstützung an. Für Duisburg ist der Campus offenbar in der Planung. Wer im Team sein wird – das bleibt abzuwarten. Ich tippe auf Leute, die bei GRIID mitmachen werden, dem StartUp-Wettbewerb der Stadt Duisburg. Und es wäre schon schön, wenn – wie bisher auf der Facebookseite des RUHR:HUBs sichtbar – dieser nicht nur Dortmund und Essen im Fokus hat.

Auf enkelfähig jedenfalls – Webseiten gibts… 😉 – wird Dirk Sanders vom Social Impact Hub gefragt, was nach einem Jahr Tätigkeit in Duisburg als Bilanz herauskommt. Als Fazit sozusagen doziert Sanders am Ende des Interviews folgendes:

Ich wünsche mir für die Region, dass wir einen Einfluss auf die Entwicklung haben, von Ruhrort aus über Duisburg bis in den ganzen Pott. Warum soll aus Ruhrort nicht ein Ort werden, wo kreative Geschäftsmodelle an den Start gehen? Es ist ein attraktiver Stadtteil, dafür hat auch Haniel viel getan. Wir haben hier Leerstand, Platz für Pop-up-Stores, also Läden, in denen Unternehmer ihre Idee über einen kurzen Zeitraum testen. Ruhrort könnte ein Spielfeld für angehende Unternehmer sein, wo sie Unternehmertum lernen. Wenn vor Ort eine Gründerkultur entsteht, kommen auch Cafés und Kunden hier hin und die Qualität des Standorts wird verbessert. Meine Vision ist, dass dieser Ruf ins ganze Ruhrgebiet ausstrahlt.  So befeuert ein Prozess den anderen, bis wir hier unser eigenes kleines Silicon Valley haben.

Wünschen kann man sich vieles. Es müssen aber die Umstände und die Dinge so geordnet sein, dass man Wünsche auch umsetzen kann. In einer Stadt, die im Schatten der Kreativwirtschafts-Szene von Düsseldorf und Essen liegt, in solch einer Stadt ist das schwer – Düsseldorf hat die Hipster, Essen hat das UPH und damit die Gelegenheit für wenig Geld kreative Dinge dort zu inszenieren und Stammtische zu Themen wie SEO und Social und Web und so zu veranstalten.

Was das hippe Düsseldorf und das schicke Berlin haben ist auch: Atmosphäre. Und eine Politik, die gewillt ist in der Kreativwirtschaft einen Motor für die Stadtentwicklung zu sehen. Duisburgs Politiker haben die Kreativwirtschaft nicht auf der Kette. Thyssen-Steel, ja. Oder auch Haniel, die den Social Impact Hub fördern, ja. Aber die Künstler, die wirklich was machen können möchten werden weitestgehend ignoriert und ich glaube nicht, dass der Kultur-Entwicklungsplan – immerhin wurde er beschlossen – wirklich umgesetzt wird. Dazu hätten jetzt schon erste Anzeichen sichtbar sein müssen, aber es ist nichts zu sehen. Dabei bemüht sich die GfW – die Wirtschaftsförderungen sind Partner des RUHR:HUBS übrigens –  ja durchaus, so ist das nicht. Die Mentalität im Kopf der Rathauspolitiker sieht in Duisburg aber eher den Logport, die Wissenschaft, die Logistik. Zwar gibts auch bestimmt hier zündende Ideen. Doch wie verortet man die in der bestehenden Bestimmung des Begriffs Kreativwirtschaft? Logistik kommt eigentlich nicht vor, Wissenschaft auch nicht…

Pop-Up-Stores sind eine uralte Forderung auch von mir. Aber das wird nicht passieren, solange die Vermieter der Räume nicht überzeugend von der Notwendigkeit des Laden-Experiments überzeugt werden können. Dazu bedarf es nun wiederum Anregungen aus der Politik, nettes, freundliches Dialogisieren und permanentes Netzwerken. Da ist Duisburg leider hinterher.

Dazu kommt: Duisburg hat keine Gründermentalität. Das ist das Problem mit der Atmosphäre und den Bedingungen der Umwelt. Man muss Gründungskultur auch WOLLEN. Bewußt Anreize, Möglichkeiten und Bedingungen schaffen. Leider reicht da ein „Social Impact Lab“ nicht alleine aus. Man müsste hierfür schon ein Netzwerk schaffen, das gemeinsam mit Politikern, Machern und Verantwortlichen zusammen etwas anschiebt. Genau aber dieses Netzwerk zu initiieren und Gründer zu fördern, dazu hat das Land NRW ja die Hubs initiiert. Der RUHR:HUB soll ja auch keine Konkurrenz zu schon vorhandenen Angeboten sein, er soll Gründer generell unterstützen. Egal ob die Sozialgründer sind oder aus der Arbeitslosigkeit gründen oder ob die „normal“ gründen möchten – der HUB soll ja genau hier ansetzen und für die Region Essen, Oberhausen, Duisburg, Krefeld etc. pp. Strahlkraft entwickeln.

Das wird allerdings schwierig, wenn man das Kreativquartier Ruhrort näher betrachtet. Ruhrort hat die Angewohnheit, sich einzuigeln. Manchmal habe ich da einfach das Gefühl, dass Ruhrort für sich wirklich genug sein möchte und den Rest der Stadt ignoriert, weil – weil – das hat was mit Geschichte zu tun und 1975 zu tun. Der Unwilligkeit, sich zur Stadt Duisburg zu zählen. Man fährt ja nicht in die City, man fährt von den Außengebieten Duisburg nach „Duisburg“ – also von Rheinhausen oder Ruhrort aus. Eine gewisse Kleinprovinzialität ist in Duisburg noch vorhanden und verhindert, dass man sich komplett mit der Stadt selbst identifizieren kann.

Ein Silicon Valley des Ruhrpotts. Ja. Schön wäre es. Aber es scheitert bisher an der Kleinbürgerhaltung der Politik, an einem kooperativen Netzwerk – da ist Essen viel weiter, da ist Dortmund um Längen voraus. Ich denke auch nicht, dass wir das jemals für die Stadt hinbekommen, dieses Silicon Valley. Duisburg ist halt Logistik. Wissenschaft. Vielleicht noch Architekten. Aber die hippen jungen Designer, die Programmierer, die beim Latte am WLAN hängen und coden – das wirds in Ruhrort nicht so schnell geben. So bleibt also nur der Wunsch, der der Vater des Gedankens ist – leider ist der Vater momentan derart durch Erfahrung gealtert…

Der selbstständige Journalist und Social Media Redakteur Christian Spließ begleitet Unternehmen und Organisationen bei der erfolgreichen Umsetzung von Social Media Kampagnen. Christian Spließ ist einer der Social Influencer in NRW - vor allem über Twitter und Facebook.

www.homo-narraticus.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert