Kann man von der deutschen Bundesregierung Social Media lernen?

Welcher Berufsgruppe vertrauen Bürger in Deutschland am allerwenigsten? Richtig, den Politikern. Mit Spott und Wut werden sie überschüttet in den Kommentaren der Zeitungen, in den sozialen Medien, bei Stammtischen und Familienfeiern. Dann ist ja wohl klar, dass die Bundesregierung niemals freiwillig zu Facebook gehen würde? Sich dem „Mob“ freigeben würde? Und wenn sie es täte, würde sicher ein Shitstorm den nächsten jagen, würden von allen Seiten die Menschen über sie herfallen – vielleicht würde sich in den Kommentarsträngen sogar eine Bürgerwehr bilden, die zur echten Gefahr werden könnte…. Von wegen! Mit fast 300.000 Fans ist die Fanpage der Bundesregierung kein Sammelbecken von Wutbürger-Kommentaren – sondern ein „Erziehungs-Projekt“ für sachliche Debatten und konstruktive Diskussionen geworden, wie die Zahlen und Dialoge zeigen. Man kann tatsächlich von dieser Social Media Strategie eine Menge lernen.

Humor, Gelassenheit, ein fester Stand, Verständnis und Zugewandtheit sind die Erfolgsfaktoren für Anbieter, die traditionell stark in der Kritik stehen. Nicht nur die Politik ist betroffen, auch Telekommunikations-, Paket- und Energieanbieter, Medien, Prominente, Reiche, Fremde… der digitale Mob stürzt sich auf alles, was neidisch macht oder an den Geldbeutel geht – was nicht zur „Wir-Gruppe“ gehört – oder was dem eigenen Wertesystem widerspricht. Je tiefer die Überzeugung, je geknickter das eigene Selbstwertgefühl, desto emotionaler die Reaktionen.

Die FAZ hat am 7. Juli 2016 einen ausführlichen Artikel zur Social Media Strategie der Bundesregierung veröffentlicht, der sehr federal-chancellery-637999_640lesenswert ist. Das Team um Regierungssprecher Steffen Seibert, der federführend für die umfassende Strategie verantwortlich ist, hat mit journalistischer Kompetenz, professioneller Unterstützung und sorgfältiger Vorbereitung etwas aufgebaut, von dem andere Unternehmen und Organisatoren lernen können. Es macht einfach Spaß, in den Kommentarsträngen der Facebook-Posts nach intelligenten und lustigen Antworten auf emotionale und unsachliche Aussagen zu suchen.

Was wir alle von der Social Media Strategie Bundesregierung lernen können

  1. Eine sorgfältige Vorbereitung ist das Wichtigste, um mit einer ganzheitlichen Strategie an den Start zu gehen
  2. Anhand genauer Analysen bereitet man sich auf kritische Punkte vor – wo liegen die Schwachstellen?
  3. Durch Einfühlungsvermögen wird psychologisch die Verbindung zur Dialoggruppe aufgebaut

Die Kommunikationskunst im öffentlichen Raum besteht darin, die Sympathie der Lauschenden zu gewinnen, ohne den Angreifer zu demütigen. Mit Humor, Augenzwinkern und Gutmütigkeit kann man es tatsächlich schaffen, auch Menschen aufzuweichen, die durch extremes Misstrauen und persönliche Instabilität gefährlich werden könnten. Wer will schon einen Troll auf seiner Seite?

Also Hut ab vor der Social Media Strategie der Bundesregierung und ein kleiner Tipp: Kopieren Sie sich vor Ihrem nächsten Redaktionsworkshop ein paar besonders gelungene Dialoge untereinander und üben Sie anhand der Bürger-Posts, wie Sie wohl reagiert hätten. Später werden dann die Antworten der Bundesregierung zum Vergleich herangezogen. Das macht Spaß, ist lehrreich und fördert die kreative Intelligenz.

 

 

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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