Social Media: Glattgeschliffen ohne Ecken und Kanten?

Irgendwie hat sich momentan eine Art von Routine eingeschlichen in der Art und Weise wie man Fanpages bedient. Dabei schließe ich mich durchaus auch nicht aus, immerhin gönne ich mir aber mal ab und an den Luxus mal stehenzubleiben und zu fragen: Ist das noch das, was die Leute von uns wollen?

Das ist eine Frage, die in letzter Zeit vermehrt bei mir auftaucht und ich weiß nicht ob ich der Einzige bin der sich die stellt. Durch den Kopf geht mir folgendes: Wir setzen voraus, dass die Inhalte, die wir online stellen – oder online stellen müssen bisweilen – wirklich für das Publikum interessant sind. Deswegen starren wir fasziniert auf Likes, Followerzahlen und Retweets. Ab und an schauen wir in die Statistiken und sehen, wie viele Leute wann was geliked haben und welche Inhalte besonders gut gehen. Dann versuchen wir vermehrt dieses Inhalte auf die Fanpage zu packen. Oder diese Themen bei Twitter zu platzieren. Wir reagieren. Das ist nicht schlimm, aber auf Dauer – und ich schließe mich da auch nicht aus – tappen wir dann in die Reaktions-Falle: Statt darüber nachzudenken ob vorhandene Inhalte Relevanz für die Leute haben, verfallen wir in den Status des Bedieners. Wir bedienen die Erwartungen der Masse von Fans, die wir angesammelt haben. Dies tun wir, weil wir fürchten durch provokante Aktionen Leute zu verärgern. Und wenn man Leute verärgert verkauft man keine Tickets. Oder keine Produkte.

Wann haben wir eigentlich zuletzt auf unserer Fanpage eine rege Diskussion ausgelöst, die wirklich von Belang war? Wann waren wir zuletzt mal so richtig schön Proaktiv?

Glatte Oberfläche schimmert schön

Wir orientieren uns alle an dem was die Leute wollen, und wenn wir das tun landen wir letztendlich bei den Inhalten der BILD. Das mag jetzt krass formuliert sein, aber genau das war und ist ja auch die Furcht von Museen gewesen. Vielleicht auch immer noch. Dass man sich durch das Anbiedern ans Publikum von der hehren Kunst und von den Idealen, die man vermitteln möchte, sehr weit entfernt. Die Banalisierung der Kunst durch das Entertainment.

Hier steht dann aber – und das muss vermerkt werden – der Anspruch der Quantität der Qualität entgegen. Einerseits möchte man so viele Likes wie möglich bekommen, damit man angesichts der Konkurrenz nicht doof da steht, aber andererseits ist auch schon klar, dass gewisse Inhalte schwer zu vermitteln sind. Ein Fluxus-Kunstwerk, dass erst dann entsteht wenn die Mitmachenden Regeln nachvollziehen ist nicht allein durch die Abbildung dieser Regeln auf einem Stück Papier abbildbar. Und vor allem nicht so einfach erklärbar. Viele Likes wird man damit nicht generieren, Reichweite auch schon gar nicht.

Insofern steckt ein Zwiespalt in der Arbeit des Social-Media-Managers. Macht er zu sehr nur Werbung für die eigenen hochglänzenden Inhalte wird die Seite irgendwann langweilig. Dann schimmert sie schön, aber relevant für die Besucher ist sie dann eventuell nicht mehr. Neigt er sich auf der anderen Seite zu sehr dem Content-Marketing zu oder der Content Curation, dann verliert er den Kern der Institution aus dem Auge. Da meistens aber eher dazu geneigt wird sich der schimmernden Oberfläche anzunähern, was das SOCIAL dann definitiv  auf eine Ebene reduziert bei denen die Fans gefälligst nur zu liken haben – daher wird dieser Zwiespalt den meisten Machern wohl kaum bewußt.

Konturen für die Zielgruppe

Eine Patentlösung gibt es für dieses Dilemma nicht. Denn jeder hat seine eigene Zielgruppe. Demzufolge wird es hier auch keine Ratschläge für die Allgemeinheit geben. Allenfalls einige Denkanstöße: Wie gehen wir eigentlich persönlich mit Fanpages um? Der Richtungswechsel könnte uns gut tun. Dann würden wir vielleicht feststellen, warum wir einige Seiten gerne lesen und häufiger im Feed haben, warum wir einigen Leuten auf Twitter folgen. Aus der umgekehrten Sichtweise ließe sich dann ebenfalls fragen: Haben wir eigentlich jemals unsere Zielgruppe genauer definiert? Meistens ist das bei Museen ja immer so gerne der berüchtigte Herr ALLE. Dabei wird man mich zum Beispiel nie im Leben in ein Fussballmuseum bekommen, weil ich mit dem Sport nichts anfangen kann. Andererseits werden Fans des Sports sicherlich gerne Postings vom Museum lesen wollen. Insofern ist aber hier schon das vorhanden, was ich eingangs als „Kontur“ bezeichnete. Man mag dazu auch USP sagen. Kontur behagt mir lieber, aber das ist Geschmackssache.

Zu einer Kontur gehört dann auch, dass man sich eventuell danach fragt was für eine Art Meinung man vertreten möchte. Welche Stellung man in der Gesellschaft überhaupt hat. Was will man eigentlich für die Gesellschaft tun? Das können sich Unternehmen genauso fragen wie Kulturinstitutionen – die einen werden das weniger tun, die anderen mehr. Gerade Museen aber sollten sich fragen, wie sie wirken. Und wenn sie nicht wirken oder wenn sie nicht wahrgenommen werden – könnte es daran liegen, dass man in der Außendarstellung zu beliebig geworden ist.

Wagen wir doch mal wieder etwas. Heben wir uns heraus aus der Masse der Beiläufigkeit. Setzen wir aktiv unsere Themen anstatt nur mit Glanzbildern zu reagieren. Ändern wir die Strategien. Probieren wir Neues aus. Ja, das ist ein Risiko. Ja, das kann schiefgehen. Ja, wir können damit Fans verärgern. Aber andererseits: Wenn wir keine Themen setzen, tuen es andere. Und ob uns diese Themen dann gefallen sei dahin gestellt.

 

 

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