Werben in Zeiten der Aufmerksamkeits-Ökonomie: 10 Tipps für kleine Unternehmen

Aufmerksamkeit könnte man vergleichen mit dem Tortenangebot in einer Konditorei. Der geschätzte Adressat/die Adressatin steht vor dem verlockenden Tortenbuffet und soll seine/ ihre Aufmerksamkeit uns zuwenden. Er/sie wendet den Blick je nach Attraktivität hierhin und dorthin, der Körper reagiert vielleicht (je nach Appetit) mit Speichefluss, Hautreaktionen und Pupillenerweiterung. Der Verstand schaltet sich ein und rechnet zusätzliche Informationen hinzu. So kommen wir letztendlich zu einer Entscheidung (die wir hoffentlich nicht zu Hause am Kaffeetisch bereuen). So weit so gut. Ist das Tortenbuffet zu klein, sind wir enttäuscht. Ist es zu groß, sind wir schon beim Angucken satt und es vergeht uns der Appetit auf Torte. Was können kleine Unternehmen daraus lernen? Wie können sie ihre Strategie und Maßnahmen so gestalten, dass sie im Kampf um Aufmerksamkeit das Herz und den Geldbeutel ihrer Adressaten erreichen?

Sind kleine Unternehmen gegenüber große Unternehmen benachteiligt?

Je größer die Konditorei und je gemischter die potentiellen Kunden dort, desto aufwändiger ist es, die Blicke auf sich zu ziehen. Große Anbieter, die eine völlig heterogene Zielgruppe ansprechen wie eine Wurst- oder Joghurtmarke, müssen sich auf Massenwerbung fokussieren. Nur mit großen Werbeetats und einer massentauglichen, emotionalisierenden Werbestrategie können sie aus dem Markt der Mitbewerber herausstechen.
Süddeutsche vom 14. Oktober 2018: Die Qual der Wahl für Konsumenten

Rienhöfer Augenoptik mit zwei Ladenlokalen in Unna und Schwerte zeigt, wie es geht. Sympathische Persönlichkeit und Expertenstatus sind der Anonymität großer Ketten überlegen

Kleine Unternehmen sind häufig lokal oder regional angesiedelt. Ihr Wirkungskreis ist über persönliche Beziehungen und persönliche Empfehlungen bestimmt. Natürlich gibt es auch kleine Unternehmen, die als „Hidden Champion“ weltweit unverzichtbare Produkte und Leistungen anbieten. Doch all diese vielen kleinen Unternehmen verbindet in irgendeiner Form, dass ihre Zielgruppen homogener sind als die der großen Consumer-Marken: Zeitlich, räumlich oder von den Interessen her können sie ihre Zielgruppe genauer identifizieren. Und das ist ihr Vorteil. Im Kampf um Aufmerksamkeit sind sie den „Großen“ überlegen – selbst als Online-Händler. Sie können durch ihre Persönlichkeit punkten.

Was bedeutet „Aufmerksamkeitsökonomie“?

In den letzten 20 Jahren haben sich die Möglichkeiten, Werbebotschaften auszusenden, dank des Internets potenziert. Kaum noch jemand kann sich daran erinnern, wie es war, als es nur Fernsehen, die Tageszeitung und Illustrierte gab. Damals blieb man vielleicht sogar mal vor einem Plakat stehen, weil es faszinierte. Heute sind die Kuchenbuffets in unserem Leben so gigantisch geworden, dass wir uns permanent auf der Flucht befinden vor Torten und anderem Gebäck. Konsumenten haben gelernt, unerwünschte Signale bestmöglich auszublenden wie Autobahnlärm in einer ungünstigen Wohnlage.

Die Methoden, unsere Aufmerksamkeit zu erlangen, werden immer ausgefeilter. Neuromarketing zum Beispiel ist ein Wissenschaftszweig, der nicht nur die Werbung ergriffen hat – sondern auch die politischen Anbieter und Nicht-Regierungs-Organisationen. Wie manipuliere ich am Besten? Was muss ich tun für Emotionen, Emotionen, Emotionen? Wie kann ich durch Targeting (Verhaltensanalyse) und demografische Daten des Einzelnen jede Werbebotschaft genau auf die neuralgischen Punkte abfeuern? Wie erreiche die Glaubenssätze, Sehnsüchte und Wertesysteme – so wie ein Heiratsschwindler genau weiß, wonach sich vermögende Frauen sehnen?

Sind kleine Unternehmen die Rettung?

Wir Menschen mögen es nicht, manipuliert zu werden. Wir sind vielleicht eine ganze Zeit lang naiv und verführbar – doch mit der Zeit werden wir misstrauischer und anspruchsvoller. Wir erwarten Dialoge auf Augenhöhe und wir möchten den Unternehmen, mit denen wir Handel betreiben, vertrauen. Zwar ist uns eine große Auswahl an Produkten zu möglichst unschlagbaren Preisen wichtig – doch noch wichtiger ist es uns, von Persönlichkeit zu Persönlichkeit zu kommunizieren beim Kauf. Der Inhaber/die Inhaberin eines Unternehmens und die Angestellten geben uns mehr als Ware: Sie geben uns Erlebnisse, die uns bereichern und erfüllen. Das ist der unschlagbare Vorteil kleiner Unternehmen. Sie sind keine „Torte“ – sie sind die persönlichen Berater bei der Tortenwahl 🙂

Daraus ergibt sich ein Umdenken für genau diese Unternehmen – und zwar ein Umdenken, das durchaus Spaß machen kann. Wird so eine Unternehmerin/ ein Unternehmer zur/m persönlichen Berater/in, kostet das zwar Zeit – doch es ist Marktforschung, Empfehlungsmarketing, Kundenbindung, Motivation und Kenntnis-Gewinn in Einem. Vielen Inhaber/Innen ist nicht einmal bewusst, wie viel sie wissen und was sie alles geben können! Und passiert die Kommunikation in der Öffentlichkeit wie im Internet, ist es auch die beste Form von Werbung, die vorstellbar ist!

10 Tipps für kleine Unternehmen im Kampf um Aufmerksamkeit

    1. Frage Dich als Inhaber/In, wann Du selbst Kontakt zu einem Unternehmen aufgenommen hast. Warum? Wann hast Du Dich freiwillig mit einem Anbieter/ Händler über Post, E-Mail, Social Media verbunden. Warum? Welcher Service, welcher Dialog mit einem Anbieter/ Händler hat Dich selbst schon mal begeistert. Warum? Wie wichtig ist es Dir, Kontakt mit der Chefin/ dem Chef zu haben. Warum?
    2. Was ist das Besondere, was Deine Kunden/ Kundinnen und Deine Mitarbeiter/Innen an Dir schätzen? Frag doch mal nach! Jeder Mensch besitzt einzigartige Fähigkeiten, die unverwechselbar sind. Das kann auch Humor sein, oder die Qualität als Netzwerker/In, oder eine andere persönliche Note, die anzieht. Kennst Du das Besondere an Dir, weißt Du auch, was Dir Spaß macht in der Kommunikation mit Suchenden und Kunden. Wo Dein Herz liegt, da liegt auch Dein Erfolg
    3. Melde Dich in sozialen Netzwerken als Persönlichkeit. Facebook, Instagram, Xing und Twitter reichen erst einmal. Du musst dort natürlich nicht aktiv sein – folge Deinem Herzen! Jeder von uns hat einen Lieblingskanal zum Kommunizieren. Das stellt sich jedoch erst heraus, wenn wir dort sind. Außerdem sicherst Du Dir auf diese Weise Deinen Namen.
    4. Nutze Dein Unternehmen, um auf Deine Ansprechbarkeit in sozialen Netzwerken aufmerksam zu machen. Du kannst darüber mit Deinen Kunden sprechen und fragen, ob Ihr Euch verbinden wollt. Du kannst es visuell im Schaufenster oder auf der Website zeigen. Falls Ihr bereits einen Newsletter habt, kannst Du auch dort mitteilen, dass Du als Chef/in in sozialen Netzwerken gesprächsbereit bist.
    5. Ideal ist es, wenn Du ein Thema findest, über das Du gern schreiben bzw. sprechen willst. Doch die Erfahrung zeigt, dass nur wenige Unternehmer/Innen diese Neigung besitzen. Ohne Freude am Blog-Schreiben oder an visueller Kommunikation bei YouTube, Instagram und Co kann es nicht gelingen. Muss ja auch nicht sein!
    6. Habe Vertrauen, dass sich Dein Lieblingskanal herausschälen wird von ganz allein. Tatsächlich ist es gar nicht so selten Twitter. Zwar sind dort viel weniger Menschen als bei Facebook – und meist eher Experten als Kunden – doch man kann fantastische Leute kennen lernen und sich mit anderen Experten vernetzen und austauschen. Facebook ist eher etwas für die Seelenpflege. Xing für gezielte Business-Kontakte und Instagram für alle, die visuellen Content produzieren und sich visuelle Inspirationen abholen wollen.
    7. Täglich dreimal nachschauen, ob was Interessantes passiert ist: Im Grunde genommen brauchst Du zunächst keine Strategie und keine Maßnahmen. Folge einfach Deinem Herzen. Schließlich bist Du Unternehmer/in, weil Du gern die Welt mit gestaltest! Das ist ja das Besondere an diesen Unternehmer-Typen: Sie wollen etwas tun, was verändert. Das bringt Energie und erhält die Begeisterung. Ohne Begeisterung wird ein Unternehmen austauschbar. Es sei denn, Angestellte übernehmen dieses Element der persönlichen Marke…
    8. Sobald Du irgendwie und irgendwo in diesem riesigen Netz eine Nische gefunden hast, die Dir Freude macht und Dich inspiriert, wird sich das Weitere von selbst ergeben. Sei natürlich und zeige Dich so, wie Du wirklich bist. Wir Kunden wünschen uns Anbieter und Händler, die den Waren ihren persönlichen Stempel aufdrücken. Wir möchten Seele einkaufen, wenn wir Produkte einkaufen. Doch wer weiß das besser als Du?
    9. Zeit für eine Strategie: Falls Du nun die Erfahrung machen solltest, dass es gut für Deinen Erfolg ist, persönlich ansprechbar zu sein im Social Web, kannst Du dran gehen, eine passgenaue Strategie zu entwickeln. Hierbei würde ich mir auf jeden Fall externe Beratung gönnen. Denn um auf neue Ideen zu kommen und wirklich das zu finden, was Euer USP ist, braucht man den Blick über den Tellerrand. Und bei der Ausgestaltung der Maßnahmen entsteht weitaus mehr Verbindlichkeit, wenn ein Coach das Ganze begleitet und ab und zu nachsteuert.
    10. Zum Schluss nur noch ein Tipp: Geize nicht mit dem Equipment! Ein gutes Smartphone, schnelles Internet, eventuell auch Kamera, Licht und Ton – das sind Investitionen, die sich rentieren, wenn sie tatsächlich genutzt werden. Ebenso lohnt es sich, zwei, drei Blogs zu abonnieren, die Dich auf dem Laufenden halten. Gehe in ein, zwei Facebook-Gruppen, die sich mit Social Media Marketing beschäftigen. Webinare und Fortbildungen bringen weiter. Such Dir die passenden Quellen und Kooperationspartner und bleibe dabei.

Hier ein wunderbares Beispiel mit Corinna Kosmal, einer Augenoptiker-Chefin aus Unna, die wöchentlich drei Videos produziert – morgens vor Geschäftsbeginn – um uns alle darüber aufzuklären, was Augen und Seherkrankungen und -korrekturen eigentlich sind! In unserem Beispiel geht es übrigens um Werbung für den Ausbildungsberuf…
Rienhöfer Augenoptik bei Facebook – geantwortet wird innerhalb kürzester Zeit – einfach großartig. Ausprobieren!

Hier noch ein tolles Beispiel für einen Buchhändler aus Schwerte, um Olaf Bachmann, der mit seinem Facebook-Account und vielen kleinen Videos zeigt, was Persönlichkeit, Unbekümmertheit und Spaß am Gestalten für Wunder bewirken kann.
Bücher Bachmann bei Facebook – unbedingt anschauen – so lustig und inspirierend!

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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