Hass darf man schon mal empfinden. Den lässt man Ihnen vielleicht durchgehen, zumindest wenn Sie tief verletzt wurden. Aber Neid? Neid ist ein Charakterfehler. So wurden wir jedenfalls alle sozialisiert. Warum stört er uns eigentlich? Und warum fühlen wir uns so getroffen, wenn er uns entgegenschlägt?
Früher dachte ich auch, Neid ist fies. Heute nehme ich ihn mehr von der spielerischen Seite: Mal sehen, was sich draus machen lässt. Ein Beispiel:
Seit Jahrzehnten arbeite ich als Therapeutin und Erfolgscoach. Eine Freundin war neugierig und wollte meinen Stundensatz wissen. Mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht mit ihrer verkniffenen Reaktion: „Waaas? So viel? Du bist doch
Brigitte Jülich und Sabine Asgodom beim Weltfrauentag in Dortmundnicht Frau Asgodom!“ Ich fühlte mich ganz schön vor den Kopf gestoßen. Wieso freute sie sich nicht auch über meinen Erfolg? Und wer war denn diese Frau Asgodom, die offensichtlich so viel besser sein musste als ich, wenn deren Honorarsätze gerechtfertigt waren?
Aufgerüttelt ging ich in mich. Das Thema nagte eine ganze Weile an mir. Aber dann wollte ich es wissen und beschloss, die Frau, die in den Augen der Freundin mehr verdienen durfte als ich, kennenzulernen. Zuerst mal las ich eins ihrer Bücher und war beeindruckt. Aber ich wollte auch sehen, wie sie arbeitet, und meldete mich für ein Seminar an.
Wie der Zufall es wollte, rief die besagte Freundin just in dem Moment an, als ich meine Reise nach München antreten wollte. Sie fragte, wie es mir gehe. Ich berichtete, dass ich auf dem Weg zu Sabine Asgodom sei. „Was? Da fährst du hin? Die ist doch soooo teuer! Dass du dir das leisten kannst?!“ Dass die Freundin neidisch auf mich war, kapierte ich erst in diesem Augenblick.
Mit ihren neidischen Bemerkungen hat sie bei mir sehr viel in Bewegung gesetzt. Regelrecht dankbar bin ich ihr dafür. Nicht nur, dass ich nach München gefahren bin und Sabine Asgodom erlebt habe, nein, ich habe auch gelernt, dass ich meinen Weg weiter gehen werde und dass er richtig und gut für mich ist. Und außerdem – mit Neid kann ich jetzt prima umgehen.
Nehmen wir’s doch mal von der spaßigen Seite: „Na, Freund Neid, da bist Du ja wieder, was willst Du mir denn sagen?“ Wenn er uns ins Gesicht schlägt, lernen wir zweierlei: Wir können stolz sein, denn anscheinend haben wir etwas geleistet, um das uns jemand beneidet. Und wir können uns freuen, denn wir werden aufgerüttelt. Das eröffnet neue Wege.
Und wenn wir selbst neidisch sind? Auf keinen Fall einfach wegklicken. Auch in diesem Fall zeigt der Neid uns den Weg. Analysieren wir: Worauf genau sind wir neidisch? Wollen wir dasselbe wirklich auch? Wenn ja, wie erreichen wir es? Was ist der erste Schritt? Nur sich zerfressen zu lassen und gar nichts zu tun, wäre fatal.
Und am 8.03.2013 habe ich Sabine Asgodom hier in Dortmund während der Veranstaltung zum Internationalen Frauentag getroffen. Wir hatten Zeit, miteinander zu plaudern. Ich könnte Gerda küssen. Sie hat viel mir in Bewegung gebracht. Dankeschön!
Herzlichst Ihre Brigitte Jülich
Hallo Brigitte,
ein schöner Beitrag zum Thema Neid, das auch Frau Asgodom am Weltfrauentag aufgenommen hat. Ja, sie ist wirklich beeindruckend und hat einen lebendigen Vortrag gehalten.
Das Foto find ich toll und jeder kann ihren Humor sehen, nicht zuletzt, weil sie sich den BVB-Schal umgehängt hat. 😉
Barbara Waldhauser
Liebe Barbara,
ich freue mich über deine Rückmeldung. Gruß Brigitte