Viele Menschen haben zwei Accounts bei Instagram: privat und offiziell

Instagram ist in seinen AGB um Einiges lockerer als Facebook. Während dort Fake-Namen und mehrere Accounts verboten sind, ist es bei Instagram erlaubt und üblich, sich mit einem Pseudonym anzumelden. Auch kann man zwei Accounts haben und dabei den privaten Account nur für Freunde sichtbar machen. Doch warum dann noch ein offizieller Account? Was steckt dahinter, wenn sich User für diese Variante entscheiden?

Instagram = Eigenmarketing?

Eigenmarketing wird in unserer heutigen Welt immer wichtiger. Gerade junge Menschen haben das oft für sich akzeptiert, ohne es in Frage zu stellen. Werde ich selbst zum Produkt? Vermarkte ich mich auf einem virtuellen Markt, um Wettbewerbsvorteile zu erringen? Um meinen gesellschaftlichen Status zu wahren/ zu erhöhen? Um mich vor Anfeindungen und Aburteilungen des sozialen Umfeldes zu schützen?

Instagram wird sehr viel genutzt, um sich im besten Licht zu zeigen. Sportlich, attraktiv, gesund, weitgereist, erfolgreich, kreativ, beliebt, glücklich. Wie ein Virus breitet es sich gerade bei den Jüngeren aus, Ich-Werbebotschaften in die Welt zu senden. Und die Älteren folgen (wie immer) nach. Die Themen verändern sich mit zunehmendem Alter. Selfies werden ersetzt durch das, was der Protagonist/ die Protagonistin sieht. Die Außenschau wird ersetzt durch den Blick des/der Werbenden.

Das kleine „Ich“ will auch mal ran…

Doch da gibt es noch so ein kleines „Ich“, das Sehnsucht nach hat dem echten Leben. Das gerne sein will, wie es tatsächlich ist: Unperfekt, auch mal traurig oder enttäuscht, hässlich, übermütig, unangepasst. Das was Teenager bei Snapchat so schätzen, wünschen sich die „Erwachsenen“ dann auch in ihrem Instagram. Privatsphäre und ehrlichen Austausch mit Freunden und Vertrauten.

Darum wählen immer mehr User (Instagram ist übrigens offiziell erst ab 18 erlaubt) den Zweitaccount mit Pseudonym. Dieser Account ist öffentlich nicht findbar. Dort kommen Follower nur hin, wenn sie eingeladen bzw. bestätigt werden. Bei jedem Bild, jeder Story und jedem Video kann abgewägt werden, ob die Botschaft als Eigenmarketing-Werbung taugt – oder doch lieber nur den Freunden und Vertrauten gezeigt wird. Und natürlich kann man auch viel ungezwungener und ehrlicher auf Posts der Freunde reagieren, wenn diese ebenfalls ein Privatkonto führen.

Ist es ok, Instagram für Werbebotschaften zu nutzen?

Als Beraterin und Dozentin für Social Media Marketing ist es für mich selbstverständlich geworden, Eigenmarketing positiv zu bewerten und für jeden meiner Anvertrauten danach zu forschen, wie er/sie sich zielorientiert gut in Szene setzen kann. Ich habe kein Problem damit, dass wir in einer Welt leben, in der selbst die „Persönlichkeit“ zum Handelsobjekt wird, nicht wie früher nur die Arbeitskraft.

Natürlich verändert dieses Persönlichkeits-Marketing unsere Gesellschaft grundlegend. Auch bei mir habe ich festgestellt, wie sich meine sozialen Bedürfnisse verändern, wenn ich über soziale Medien zielorientiert kommuniziere. Ich werde achtsamer, anspruchsvoller, in gewisser Weise strenger mit mir und meiner Umgebung. Ständig bin ich auf der Fährte nach der optimalen Strategie, um zu erreichen, was ich mir wünsche. Und es macht mir Spaß, Authentizität mit Vision und Mission zu verbinden!

Die Kunst der Werber

Das ist die Perspektive der Werber, die diese Kunst seit dem Ende des zweiten Weltkrieges immer weiter verfeinern. Psychologie, Ästhetik, Dramaturgie, Empathie und Verführung – Werbebotschaften erfolgreich an den Menschen zu bringen, ist mehr als ein Design-Handwerk!

Wenn wir Menschen nun aus der Rolle des „Verführten“ in die Rolle des „Verführers“ schlüpfen, könnte das auch ein weiterer Schritt zu Emanzipation und Selbsterkenntnis sein. Wir lernen uns besser kennen und durchdringen unser Tun mit Bewusstheit. Denn nichts langweilt so schnell wie Angebereien und Unehrlichkeit. Kann eine Zeitlang funktionieren – doch der Absturz bei der Enttarnung ist um so schmerzhafter…

Die Social Media Eigenmarketing-Strategie

  • Wer bin ich wirklich?
  • Was will ich/ wonach sehne ich mich?
  • Wen will ich erreichen?
  • Welche Verhaltensänderung wünsche ich mir von meinem Adressaten?
  • Was bin ich bereit zu geben – und was erwarte ich dafür?
  • Woran erkenne ich, dass ich ein Ziel erreicht habe?

Kurz und gut, ich finde die Lösung, sich über zwei Accounts bei Instagram in einen „Werbekanal“ und einen „Privatkanal“ aufzusplitten, prima. In höherem Alter ist das wahrscheinlich seltener nötig, da die Bedeutung und Intensität der Freundschafts-Clique abnimmt.

Macht mal, probiert Euch aus! Lernt Euch kennen! Und vor Allem: Habt Spaß! Experimentierfreude und sanfte Grenzüberschreitungen sind immer noch das Beste, um uns weiterzuentwickeln. Und vor Allem: Seid stolz auf Euch. Glaubt mir, jeder Mensch hat Grund, stolz auf sich zu sein. Und es ist gut, wenn er/sie das entdeckt 🙂

Ze.tt vom 3. August 2018: Jugendliche erzählen von ihrem geheimen Zweitkonten bei Instagram

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert