Vorpogrom-Stimmung in Deutschland? Es wird Zeit für eine Marketing-Strategie in #kaltland

Eva Ihnenfeldt: Mein Leben ist Marketing. Ich sehe mich als aktiv Handelnden, – und „Marketing“ bedeutet, sich Ziele zu setzen und Strategien zu entwickeln, damit diese Ziele erreicht werden. Ob es um Geld, Gerechtigkeit, Mitgefühl oder Macht geht, ist zweitranging – die Vorgehensweise ist immer gleich. Plan machen, Plan umsetzen. Gestern, am 19. Februar 2016, ist etwas Ungeheurliches passiert. Polizei und „besorgte Bürger“ schließen sich zusammen, um in einer Art Vorprogrom-Stimmung Flüchtenden Hass und Gewalt entgegenzuwerfen. Darum wird es Zeit, dass wir uns eindeutig positionieren – Mensch für Mensch – dass wir uns erkennen und Konsequenzen ziehen: Ich formuliere das Marketing-Ziel für Deutschland mal so: Schluss mit Verständnis für die langsame Etablierung von nationalsozialistischer Gesinnung – Schluss mit dem Verständnis für Besitzstandswahrung und der Verachtung für das Fremde und das Schwächere.

Ich bin Jahrgang 1959, meine Eltern sind im national – sozialistischen Deutschland aufgewachsen. Meine Mutter, 1933

Unfassbar, was am 19.2.16 in Clausnitz passiert ist

Unfassbar, was am 19.2.16 in Clausnitz passiert ist, habt Ihr denn alles vergessen?

geboren, hat mir unzählige Geschichten erzählt aus ihrer Kindheit. Von den gefürchteten BDM-Nachmittagen (Bund deutscher Mädchen), bei denen ihre Mitschülerinnen mit geflochtenen Zöpfen begeistert die deutschnationale Kultur besangen (Wie sind das Volk…), von der Kinderlandverschickung raus aus dem Ruhrgebiet, wo man im Geschäft den Hitlergruß zeigen musste, um bedient zu werden. Von dem jüdischen älteren Schneiderehepaar, das eines Morgens abgeholt wurde – und alle Nachbarn sahen weg. Von den Lehrern, bei denen sie Aufsätze schreiben musste über die arische Überlegenheit. Von dem Blockwart, vor dem ihre Mutter solche Angst hatte, wenn sie heimlich (mit Decke über dem Kopf) den Londoner Rundfunk hörte.

Das waren keine Rechtsradikalen! Das waren keine Ghetto-Jugendliche, die arbeitslos sind und über die man sich so herrlich drüberstellen kann als etablierter Bürger. Das waren Ärzte, Lehrer, Polizisten, Händler, Hausfrauen, Studenten, Rentner… DAS sind die Menschen, vor denen ich Angst habe! Sie lebten im tausendjährigen Sozialismus aus Sicherheit und Anstand, in dem „jüdische Kapitalisten“ aus dem Land gejagt wurden, und endlich wieder Recht und Ordnung in der hochwertigsten Kultur der Erde herrschten. Ohne das Elend des selbst erlittenen Krieges würden sie heute noch genau so denken – ohne sich zu schämen. Recht und Ordnung sind frei von unbequemen Gewissensbissen.

Viel mehr Angst als vor Neonazis und marokkanischen Taschendieben habe ich vor denen, die denken, sie sind etwas Besseres. Sie haben das Wissen, die Bildung und das Recht, über andere zu urteilen. Sie sind so klasse, sie sind unberührbar.

Ok, es hilft ja alles nichts. Die Medien reden pausenlos über „Flüchtlinge“, „Schießbefehle“, „Afd“, „Terroristen“ und „Moslems“, so dass diese „besorgten Bürger“ sich immer weiter aus ihrem Recht-und-Odnungs-Gehirn wagen. Wir müssen eine Strategie entwickeln, damit wir das Schlimmstmögliche noch verhindern können.

Strategie, damit Deutschland nicht erneut zu Nazi-Deutschland wird

Zielsetzung: Alle, die dem Prinzip „Recht und Ordnung“ angehören, verstummen wieder und leben ihre kruden Vorstellungen in ihrer kleinen Privatwelt. Sie haben keine Macht und können Politik und Gesellschaft nicht beeinflussen. Man nimmt sie hin – aber sie haben keinen Einfluss.

Ausgangslage: Studien nach hat sich der Anteil der „Befehlenden und Gehorchenden“ trotz aller pädagogischen Bemühungen, trotz Bildung und Wohlstand, nicht wesentlich geändert. Der Anteil der Menschen, die zu Monstern werden, wenn es ihnen befohlen wird, bleibt gleich. Und der Anteil der Menschen, die Freude am Quälen und Zerstören haben, bleibt auch gleich – in allen Schichten der Bevölkerung, in allen Kulturen und zu allen Zeiten.

Analyse: Es ist nicht möglich, dieses Grundübel zu beeinflussen. Unser Einflussbereich ist zur Zeit auf Deutschland begrenzt. Wir entwickeln eine Strategie, wie wir die Mitfühlenden und Liebenden (Liebe ist der Wunsch, dass es allen fühlenden Wesen gut gehen möge) zu größtmöglichem Einfluss bringen – und die Rechthabenden, Ignoranten, Hochmütigen, Gierigen und Sadisten so weit wie möglich zum Verstummen bringen.

Strategie: Wir entscheiden uns zu folgender Strategie: Die beste Art, das Böse zu bekämpfen, ist entschlossener Fortschritt im Guten. Gib Dich nicht mit dem Bösen ab, sonst wirst Du Dich mit ihm unweigerlich verbinden. Prüfe Dich ständig selbst, wo Du eigene Fehler siehst, aber bekämpfe Deine Fehler nicht – sonst verbindest Du Dich mit ihnen. Übe Dich täglich im Fortschritt des Guten. Das reicht.

Botschaft: Komm und sei dabei, lass uns Spaß haben am Aufbau des Guten und Schönen – lass es uns genießen

Umsetzung: Zunächst arbeiten wir daran, dass jeder Mensch sich erkennbar positionieren kann: Liebe oder Ordnung – wo ist Dein Herz? Dabei bedienen wir uns einer Stakeholder-Strategie: Über soziale Netzwerke verbinden wir uns mit den Prominenten und Intellektuellen, die zu den Liebenden gehören, und überzeugen sie, dass sie zu einer solchen Positionierung erfolgreich aufrufen. Dazu ist es wichtig, dass die Positionierungs-Signale Spaß machen, unkonventionell sind, und auch junge Menschen ansprechen. Es darf nicht „spießig“ sein und an Kirche erinnern. Es muss hübsch, einfach und attraktiv sein, sich als „Liebender“ zu positionieren. Unsere Zeichen sollten Männer ebenso ansprechen wie Frauen, und Revoluzzer ebenso wie ehrenamtliche Flüchtlingshelfer. Es muss von Flüchtenden ebenso getragen werden können wie von Polizisten – und von Jan Böhmermann 🙂

Wir entwickeln in einem Open Source Prozess zehn Leitlinien, die deutlich machen, was hinter dem Signal steckt – woran wir glauben und welchen Werten wir uns verpflichtet fühlen. Zehn ist eine wichtige Zahl, schon allein wegen der Anlehnung an die christlichen zehn Gebote. Wir schaffen den Rahmen, die Menschen schaffen die Inhalte. Wie bei Wikipedia können diese zehn Gebote der Liebe und des Mitgefühls laufend bearbeitet werden von Jedem – auch wenn das mit dem Risiko verbunden ist, dass sie sich in zehn Gebote des Hasses und der Ordnung verwandeln – sollte es passieren wissen wir wenigstens, dass die „Besorgten Bürger“ gewonnen haben und können darauf reagieren. Auswandern? Im Untergrund weiter arbeiten? Kämpfen? Vernichtet werden? Man wird sehen…

Wir setzen lauter Zeichen, die so einladend, attraktiv und freundlich sind, dass sich die „Verwirrten“ und „Zweifelnden“ eingeladen fühlen, mitzumachen und dazuzugehören. Wir trennen die Schafe von den Böcken allein durch Freundlichkeit, Sanftmut und Eindeutigkeit. Die „Ordnungsvertreter“ existieren für uns nicht. Wir diskutieren nicht mit ihnen, wir schenken ihnen keinerlei Zuwendung, wir sehen zu, dass wir so selten wie möglich die gleiche Luft atmen wie sie. Wir setzen uns nicht mit ihnen an einen Tisch. Wir machen sie mit unserer Handlungsweise unsichtbar. Wie appellieren an Journalisten, Politiker und Influencer, es uns gleichzutun. Sie werden zunehmend unsichtbar. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Hannelore Kraft, die ihre Haltung so deutlich ausgesprochen hat. Bravo! Damit sie und andere Politiker standhaft bleiben können, unterstützen wir alle Prominenten und Meinungsführer, die eine ähnliche Haltung zeigen.

Wichtig ist bei der Umsetzung, dass es keine Mühe macht, sich einzubringen. Es ist nicht mehr als der Ausdruck einer inneren Haltung vonnöten, die nach außen dokumentiert wird – so wie die Gay-Bewegung es geschafft hat, sich zu outen, so wie die Frauen in den Siebzigern offen eingestanden haben, dass sie abgetrieben haben.

Es ist zugegebenermaßen nicht leicht, die Medien auf die Seite der Guten zu ziehen, zu sehr sind sie an Skandalen und hohen Einschaltquoten interessiert. Aber sie gehören vom Berufsstand her eigentlich sehr wohl zu den „Linken und Intellektuellen“, darum sehe ich große Chancen, sie zu beeinflussen und von ihrer jetzigen unheilbringenden Propaganda zu lassen. Wenn wir viele lustige, aufregende, mainstreamgerechte Aktionen hinbekommen, werden sie schon mitmachen und sich an ihren Auftrag erinnern – seufz…

Es gibt unzählige Maßnahmen, die wir kreieren können, wenn wir unser Signal gefunden haben. Von Briefen an Abgeordnete bis zu Petitionen, von Likes unter einem Facebook-Post bis zu Festen und BarCamps im Offline-Leben, von Auto-Aufklebern bis zu Fahnen, die aus unseren Fenstern wehen… Hauptsache wir haben Spaß und laden alle ein, dabei zu sein! Und wenn dann so manch einer aus der Fraktion „Befehlende und Gehorchende“ zu uns kommt und sein Herz weich wird, dann trinken wir alle einen Schnaps vor Freude und lachen. Spaß ist das beste Mittel gegen das Böse – Spaß und Vertrauen. Mal ehrlich, die Guten gewinnen ja sowieso 🙂

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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