Ich bin kein Freund von großartigen Vorhersagen wenn es um den Bereich von Social Media geht. Anfang Januar 2015 zum Beispiel hat keiner was von den Streaming-Diensten geahnt, die da kommen würden – also Meerkat und Periscope etwa – und Snapchat war auch zu Beginn des Jahres noch ein Thema für Eingeweihte.
Das ändert sich allmählich, aber im Grunde sind Vorhersagen ja immer nur an der Technik orientiert. Meistens. Also eigentlich immer, wenn man sich mal anschaut was so publiziert wird. Da ich aber der Ansicht bin, dass wir Menschen uns nicht so schnell ändern treffe ich keine Vorhersagen für 2016. Aber ich schaue mir mal an, was aus den ganzen Vorhersagen für 2015 geworden ist, die in der T3N getroffen wurden.
Auch Gunter Dueck hat 2015 leider nicht Recht gehabt: Immer noch sind Unternehmen in der Führungsebene nicht dort, wo sie sein könnten. Der Buchhandel schimpft immer noch auf das Internet, Amazon ist immer noch böse, neue Geschäftsmodelle sind nicht in Sicht. Der disruptive Wandel, den das Internet als Betriebssystem geschaffen hat, ist Chance und Bedrohung zugleich. Dagegen hilft leider auch Duecks brillantes Buch gegen die Schwarzdummheit nicht – obwohl es durchaus zutreffend ist.
Während der Journalismus auch 2015 wenig experimentiert hat – bis auf WhatsApp-Nachrichtenticker mal abgesehen und das führte Ende des Jahres zu Komplikationen, weil WhatsApp eigentlich das Modell nicht unbedingt in den AGBs vorgesehen hat. Zwar haben Smartwatches allmählich den Sprung in den Alltag geschafft, aber die Modelle des Journalismus stehen für diese modernen Geräte noch nicht parat. Gerade hier hätte der Journalismus experimentieren können. Überhaupt ist der Journalismus 2015 nicht viel weitergekommen – die Einführung von weiteren Paywalls hat sich offenbar nicht unbedingt als der heilige Gral herausgestellt.
War 2015 das Jahr der Startups? Wenn dem so gewesen sein sollte, dann ist dieses an mir vorübergegangen. Die Berliner Szene brachte zwar das ein oder andere StartUp hervor, allerdings gingen die meisten dann auch schon wieder unter. Immerhin – ja – 2015 wurden Geschichten tatsächlich wichtiger. Das ist zu begrüßen, auch wenn die Kunst des Geschichtenerzählers nicht immer richtig funktioniert hat. Aber die Erkenntnis, dass wir Geschichten brauchen und auch Geschichten als Menschen mögen war 2015 immerhin eine richtige Vorhersage. Digitale Szenographie dagegen ist kein Schlagbegriff geworden. Das nennt man immer noch Design.
Es gab 2015 tatsächlich auch eine Tendenz zu hochwertigeren Inhalten. Allerdings nicht immer und ständig. Ebenso ist zwar Mobile wichtiger geworden – und das kann man im Vergleich tatsächlich auch sehen, wenn man zum Beispiel mal schaut woher die Facebook-Likes für Fanseiten kommen, bei denen die ich betreue ist Mobile mittlerweile an Platz 2 – aber es fehlen intelligente und gut gemachte Angebote für genau dieses Mobile. Location Based Services wie Foursquare sind Nische und selbst Punktesysteme, die auf iBeacons basieren können zwar beachtlichen Zahlen aufweisen – aber ob dies auch wirklich Nutzerzahlen sind und nicht nur Karteileichen ist die Frage. (Nun ja, Facebook macht ja demnächst Foursquare mit Empfehlungen für Geschäfte Konkurrenz, mal sehen was das 2016 wird.)
Die Grundlagen für smARTplaces sind gelegt, aber die Umsetzung für einen kommunikativen Ort – ganz mal abgesehen von einer vernetzten Stadt – wird noch dauern. Innovationsdruck im lokalen Einzelhandel vor Ort – der wird sicherlich auch 2016 noch vorhanden sein. Seltsamerweise scheinen aber gerade hier die Ladenlokale, die inhabergeführt sind und die sich auf Nischenprodukte spezialisieren – ich erwähne immer wieder gerne Onkel Stereo in Duisburg – sich gerade in diesem Jahr doch einen Vorsprung ergattert zu haben. Währenddessen man von Karstadt, Kaufhof oder Rewe nicht viel Neues hörte. Außer, dass es wieder Rabattsysteme gab, aber die gabs im Jahr davor auch schon. Was ist eigentlich aus Groupon geworden nebenbei gefragt?
Insofern: Wenn man sich anschaut, was 2015 alles gewesen sein sollte und dann realisiert, wie wenig von diesen Vorhersagen eingetreten ist, dann ist klar, warum ich persönlich keine Vorhersagen für 2016 treffen möchte. Was aber andererseits auch recht schön ist, denn wer nichts vorhersagt, der muss auch im Nachhinein nichts verbessern. Oder so.