Zwar weiß heutzutage wohl Jeder, dass er/sie bei Facebook umfassend ausspioniert wird. Weniger bekannt ist noch, dass auch unser restliches Webverhalten über kommerzielle internationale Datenhändler erfasst, analysiert und verkauft wird (arme Erdogan-Kritiker in der Türkei…). Doch wenn man dann mal so ganz direkt sieht, was bei Facebook sichtbar ist – und wie sich die Analyse unserer Persönlichkeit bei Facebook gestaltet, rückt das theoretische Wissen plötzlich ins wirkliche Leben. Darum meine Empfehlung: Einfach mal diese beiden Tools ausprobieren und ein Gefühl für die allgegenwärtige Facebook-Überwachung bekommen.
Stalkscan ist seit dem 14. Februar 2017 verfügbar. Der belgische Programmierer Inti De Ceukelaire (Twitter-Profil) hat ein Tool entwickelt, mit dem man bei sich und bei anderen Facebok-Usern ermitteln kann, was bei Facebook öffentlich sichtbar ist. Grundlage für die Analyse ist die „Graph Search“ von Facebook, die nun auch in Deutschland verfügbar ist.
Beitrag zur Nutzung der Facebook Graph Search bei Jan Eggers
Bei Stalkscan gibt man zunächst im Suchfeld das Facebook-Profil des gewünschten Users ein (ich habe zunächst mich selbst gestalkt – mein Profil ist übrigens komplett öffentlich). Anschließend kann man in der ersten Kategorie einstellen, welchen Zeitraum und welche anderen Optionen man einsehen möchte. Dann geht es los: Profilinformationen, Hashtags, Kommentare, Likes, Orte, Menschen und Interessen. Voraussetzung ist, dass man im Suchfeld eines Facebook-Users eingegeben hat.
Ich war überrascht, was alles bei „Facebook-Orte“ erschien, obwohl ich „Orte“ nie bewusst aktiviert habe – bei manchen Plätzen haben mich Freunde mit eingetragen, da habe ich also überhaupt nicht aktiv drauf Einfluss genommen. Beruhigt war ich, dass meine Facebook-Freunde nicht öffentlich sichtbar sind (das habe ich deaktiviert). Meine Interessen konnte ich mit Hilfe dieses praktischen Dienstes noch einmal filtern. Erschrocken war ich darüber, wie viele Anwendungen (Apps) sich in der Zwischenzeit bei Facebook angesammelt haben – sogar einer dieser Überwachungs-Psychotest-Seiten hatte sich eingeschlichen. Da werde ich jetzt mal gründlich aufräumen.
Anschließend habe ich noch einen Facebook-Freund (verzeih Buschi) überprüft und gestaunt, wo überall in der Welt der Junge schon war. Wer einmal dieses Tool ausprobiert hat weiß, was alles über die Graph Search findbar ist bei Facebook – und welche Aktivitäten von uns bei der Erstellung von Facebook-Ads-Kampagnen in die Zielgruppenauswahl einfließen können.
Data Selfie ist schuld, dass ich nun in den nächsten Monaten vom Firefox Browser zu Chrome wechseln werde mit meinem Desktop-Verhalten. Zwar liefert mir Data Selfie „nur“ eine Auswertung meines Facebook-Profils (ideal wäre ja, wenn mein komplettes Web-Verhalten für mich selbst sichtbar wäre – also so, wie es von Big-Data-Firmen analysiert wird), aber immerhin. Data Selfie ist eine Erweiterung für Chrome, die ab dem Herunterladen alle Facebook-Aktivitäten verfolgt und aus diesen Aktivitäten ein Persönlichkeits-Profil erstellt: Welche Facebook-Posts interessieren mich am meisten? Wo bleibt mein Interesse hängen? Was like, kommentiere, teile ich? Mit wem bin besonders häufig in Kontakt? Bin ich gestresst, entspannt, neugierig, sozial?
Noch kann ich nicht viel dazu sagen, wie mein Facebook-Psychogramm ausfallen wird. Das wird sicher einige Wochen oder gar Monate dauern. Schade, dass nicht die mobilen Aktivitäten mit einfließen können. Ich schätze, meine Facebook-Nutzung passiert zu mindestens 80 Prozent per Smartphone. Für alle Neugierigen: Hier ein Video, wie Data Selfie funktioniert.
Die beiden Programmiererinnen, Hang Do Thi Duc undRegina Flores Mir (Link zu den Twitter-Profilen), speichern übrigens selbst keine Daten aus der Open Source Anwendung. Ihnen ist es einfach wichtig, uns zu sensibilisieren für die Daten und deren Analysen, die aus unserem Facebook-Verhalten von dem Konzern selbst erstellt werden. Denn das ist klar: Wie hier die Privatsphären-Einstellungen sind, ist gleichgültig – Facebook hat natürlich Einblick in unser komplettes Verhalten und wertet auch unsere Messenger-Nachrichten und unsere privatesten Kontakte und Kommunikationen aus.