Todenhöfer in Essen: Verteidigt der Westen mit Kriegen wirklich seine „Werte“?

Ich vergesse viel zu schnell… Stimmt ja, als der Kriegseinsatz der Deutschen Bundeswehr in Afghanistan begann, wurde das damit begründet, dass wir Mädchen den Schulbesuch ermöglichen wollten und Brunnen bauen! Jürgen Todenhöfer, der in diesem Jahr 79 Jahre alt wird, und der als ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter und langjähriger stellvertretender Burda-Chef weiterhin intensive Kontakte zu einflussreichen Politikern pflegt, erzählt was passiert, wenn er sich dort heute nach den „Schulmädchen“ in Afghanistan erkundigt.

„Was für Schulmädchen?“ wird er dann verdutzt zurückgefragt. Kaum einer der Amtsträger erinnert sich auch nur noch an diese Kriegseinsatz-Begründung! Heute gehen vierzig Prozent der Mädchen in Afghanistan zumindest einige Jahre zur Schule – doch das will niemand mehr wissen, das wird nicht einmal mehr verfolgt…

Die große Heuchelei

Heuchelei in der westlichen Politik war dann auch das Thema in Essen, als Jürgen

Todenhöfer mehrere Stunden lang aus seinem Buch vorlas und weitere Hintergrundinformationen und Analysen beisteuerte: „Die große Heuchelei“.

Todenhöfer, der mit seinem neuen Buch durch ganz Deutschland getourt ist gemeinsam mit Sohn und Co-Autor Frederic seinen zunächst letzten Lesungsabend in Essen hatte, sieht man die 78 Jahre nicht an. Trotz des aufreibenden Lebens mit unzähligen Kriegsschauplatz-Aufenthalten (vorwiegend im Nahen und Mittleren Osten) und intensiver pazifistischer Öffentlichkeitsarbeit scheint er Müdigkeit nicht zu kennen. Als wir leider um 23.15 Uhr die Veranstaltung frühzeitig verlassen mussten, um den Zug noch zu erwischen, hatte nicht einmal die Fragestunde begonnen!

Zu gern hätte ich erlebt, wie die vielen muslimischen Kriegsopfer und Intellektuellen aus gegenwärtigen Kriegen des Westens mit ihm diskutiert hätten über Möglichkeiten, dem grausam skrupellosen Wahnsinn etwas Wirkungsvolles entgegenzusetzen. Auf der Damentoilette hatte ich schon einige kluge und attraktive Musliminnen kennenlernen können und war beeindruckt, wie hoch der Frauenanteil bei der ausverkauften Veranstaltung mit rund 560 Teilnehmer war. Ich schätze, rund die Hälfte der Gäste waren direkt oder indirekt Betroffene. Die Anderen waren westliche, politisch nachdenkliche Menschen wie wir.

Verteidigen wir die Werte des Westens?

In dem Buch „Die große Heuchelei“ analysiert Todenhöfer die Expansionspolitik des Westens der letzten vierhundert Jahre – seit Christoph Kolumbus bei seiner zufälligen Entdeckung Amerikas gleich begann, die Einheimischen auszubeuten, zu foltern und zu töten.

Diese aggressive Kriegs- und Kolonial-Politik aus monetären und geopolitischen Motiven setzt sich seitdem fort, wie es wohl alle Hegemonen der Weltgeschichte getan haben. Doch Todenhöfer klagt an, dass wir es stets gern moralisch begründen mit den absurdesten Behauptungen. War es zunächst angeblich die Mission, das Christentum zu verbreiten, sind es heute Frauenrechte, Menschenrechte, Demokratiemissionen, die angeblich verteidigt werden.

Bis 1990 waren Auslandseinsätze der Bundeswehr verpönt, doch nach dem Fall der Mauer änderte sich alles. Wie sagte der SPD-Verteidigungsminister Peter Struck 2002 zum Afghanistan-Einsatz so schön: „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt.

Jemen, was für ein unfassbar menschliches Verbrechen!

Lange geht Todenhöfer auf den Jemen ein, der seit unfassbar langer Zeit Schauplatz schrecklichster Kriegs-Grausamkeiten ist. Mit Hilfe westlicher Waffen werden Zivilisten massakriert, werden zu Invaliden – und bisher sind 80.000 Kinder im Jemen verhungert, weil es eine der Kriegstaktiken ist, die unbeteiligte Bevölkerung auszuhungern.

In den Medien wird kaum über die ununterbrochenen Kriegshandlungen im Jemen berichtet. Dass die Waffenverkäufe an Saudi-Arabien gerade auf Eis liegen, liegt nicht an den Verbrechen im Jemen, sondern am öffentlichkeitswirksamen Mord an einem bekannten Journalisten.

Was tun unsere Leitmedien? Klagen sie an?

Todenhöfer nennt Zahlen, Daten, Fakten. Er belegt, wie die Chefredakteure der Süddeutschen, der Zeit und der FAZ aus ihren sicheren Stuben heraus „Kriegslieder“ anstimmen und sich mit ihren Leitmedien zu Mittätern aufschwingen in diesem grausamen Kampf um Geld- und Macht-Interessen der Eliten. Warum bloß?

Todenhöfer als ehemaliger Verlagschef betont auch, wie viele gute und ehrenwerte Journalisten es gibt und wie sehr er gerade das Wochenmagazin ZEIT schätzt – doch die Nähe zur Macht korrumpiert auch die Verlage und verhindert zunehmend, dass die Leitmedien ihre Aufgabe als „investigative Wächter und vierte Instanz der Demokratie“ wahrnehmen.

Was war eigentlich mit Obama? Gab es einen Change?

Auch mit dem ehemaligen US-Präsidenten Obama geht Todenhöfer hart ins Gericht. Wie sehr hatte er ihm geglaubt bei Amtsantritt und dem Versprechen „Yes we Can“! Und wie schnell ging es, dass dieser Visionär genauso zum funktionierendem Rädchen im Getriebe der Kriegsgewinnler wurde wie sein Vorgänger George W. Bush!

„Trump ist ein Strolch“ sagt Todenhöfer – „er vertritt nur seine eigenen monetären Interessen“. Doch Obama war mit Visionen angetreten, denen wir geglaubt haben. Heute ist er ein sehr reicher Mann mit einer sehr reichen Frau, sehr schnell war er damals eingenordet und erfüllte die Rolle, die ihm zugedacht war. Das tut weh.

Mit dem Buch Prothesen für Kriegsopfer finanzieren

Die Erlöse seines Buches „Die große Heuchelei“ werden zu hundert Prozent verwendet,

um Kriegsopfern im Mittleren Osten Prothesen zu ermöglichen. Die vielen Kinder, die zu Opfern wurden und werden. lassen natürlich den ständigen Vor-Ort-Reporter und seinen Sohn Frederic nicht unberührt. Die Beiden tun gemeinsam mit ihren Freunden und Verbündeten alles was sie können, um das unsägliche Leid der Unschuldigen zu mindern.

Absolute Kaufempfehlung! Ich selbst habe „Die große Heuchelei“ als Hörbuch erworben, aber ich denke, die Printversion lohnt sich. Zum ersten Mal wird in einem Buch akribisch belegt, wie wir Menschen des Westens in außenpolitischen Fragen systematisch angelogen werden – immer mit der Verschleierung der eigentlichen Interessen und dem Missbrauch angeblicher humanitärer Werte. Auch wenn wir es zwischenzeitlich wissen – den vielen Beispielen ins Gesicht zu blicken und sich zu erinnern an den Koreakrieg, den Vietnamkrieg, Irak, Iran, Libyen, Afghanistan… immer wieder die gleiche Propaganda, die gleiche Taktik.

Möge es in Zukunft nicht mehr funktionieren, weil wir einfach müde und unerreichbar werden für die PR der Mächtigen. Das ist der erste Schritt zum Change, denn nur vor Einem fürchten sich de Politiker: Dass das Volk ihnen nicht mehr glauben und dass sie sich abwenden. Und dass sie sich empören mit Leserbriefen, Briefen an A geordnete, Demonstrationen – Wir haben macht! Lasst sie uns nutzen.

Jürgen Todenhöfer im YouTube-Interview mit „Standort Berlin“ zu seinem Buch „Die große Heuchelei“ – insgesamt 17 Minuten lang

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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