Christi Himmelfahrt – Bedeutung und Verbindung zum „deutschen“ Vatertag

Das muss man sich mal vorstellen: Man hat sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, hat Familie und Sicherheitsnetz verlassen, ist zum „Menschenfischer“ geworden, weil dieser Zimmermannssohn einen so tief berührt hat. Man lässt sich ganz frei auf diese Welt ein und vertraut darauf, dass der liebe Gott seinen ernähren wird wie „die Vöglein unter dem Himmel und die Lilien auf dem Feld“. Dann wird dieser Charismatiker verhaftet, gefoltert, hingerichtet – und nach drei Tagen ist er wieder da – hat den Tod besiegt. Man lebt weitere 40 Tage zusammen, man zweifelt, man glaubt, man feiert, man lauscht den Lehren und erhält Aufträge als „Menschenfischer“. Und dann plötzlich erhebt sich der Verehrte zum Himmel und entschwindet in den Wolken. Plötzlich sind die zwölf – die ja nun nur nur elf sind, weil Judas einen anderen Weg gegangen ist, allein. Was für ein Schicksalsschlag!

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Für mich war Christi Himmelfahrt immer neben Karfreitag der traurigste der biblisch begründeten Feiertage. So einige Jahre war ich bei katholischen Messen unter freiem Himmel dabei, sowohl als Kind als auch später mit meinem Vater, kurz bevor er starb. Ich kann man mich an einige Schön-Wetter-Messen erinnern, an denen die Geschichte von dieser Auffahrt in den Himmel erzählt wird und ich in den blauen Himmel mit weißen Wolken schaue und denke „OK, jetzt ist er weg. Weg. Und wir sind wieder allein zu Haus.

Jedes Kind muss irgendwann das mütterliche Nest verlassen. Oft passiert das nicht so ganz freiwillig, oft wird es auch geschubst oder verlassen. Jedes Erwachsenwerden ist verbunden mit Abschied. In jedem Tod eines geliebten Menschen steckt auch ein Stück „Himmelfahrt“ und die Erhöhung der Seele des Verstorbenen. Sind wir nicht alle Gottes Kinder? Oder weiter gefasst: Sind wir nicht alle erleuchtete Wesen, die im Tod wieder so vollkommen werden wie wir als Säugling das Licht der Welt erblickt haben? Liegt nicht in jeder Trennung auch ein Stück Erlösung? Die Erlösung von einer Illusion, von der wir ent-täuscht wurden?

Wenn in Deutschland Vatertag auf Christi Himmelfahrt fällt

Vatertag zu feiern, hat sich in vielen Ländern der Welt irgendwann im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts eingebürgert. Ich vermute, dass das mit der Etablierung der Kleinfamilie zusammenhängt. Vatertag bei Wikipedia. Doch anscheinend ist die Datierung auf den 40. Tag nach Ostern – den Donnerstag, den wir „Christi Himmelfahrt“ nennen, speziell in Deutschland Tradition. Man zieht mit Bollerwagen und Alkohol in die freie Natur und betrinkt sich abseits aller Konventionen und Zwänge.

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Mich erinnert das ein wenig an die Kulturen, die bei Beerdigungen feiern und lachen und tanzen. Es schmerzt so sehr, einen geliebten Menschen zu verlieren, es schmerzt so sehr, unwiederbringlich verlassen zu werden, es schmerzt so sehr, auf sich allein gestellt zu sein. Es ist so schwer, die ganze Verantwortung auf den eigenen Schultern zu tragen für Familie, Beruf, Finanzen, Zukunft, Sicherheit. Wenn alle Marionettenfäden durchschnitten sind, ist man allein. Das erfordert eine Menge Mut, Kraft und Durchhaltevermögen.

Ich finde es schön, wenn Väter diese Verantwortung für einen Tag über Bord werfen und sich wie Teenager betrinken und Unsinn machen. Einfach mal vergessen, wie die Verantwortung drückt und die Sorgen plagen. Einfach mal vergessen, dass sie allein sind und unter keine Schürze mehr kriechen können, um sich zu verstecken. Wer weiß, vielleicht werden zunehmend auch Frauen an diesem Tag feiern und über die Stränge schlagen, weil sie zunehmend in die Rolle der Familienernährerin wachsen und kämpfen müssen für die geliebten Partner, Kinder, Mitarbeiter…

Es ist schwer, Verantwortung zu tragen für das Wohl und Wehe der Anvertrauten. Doch es ist auch schön und unendlich kostbar. In Schillers „Glocke“ wird das so verständlich formuliert, nachdem das Feuer allen Besitz komplett vernichtet hat:

„Einen Blick
nach dem Grabe
seiner Habe
sendet noch der Mensch zurück –
greift fröhlich dann zum Wanderstabe.
Was Feuers Wut ihm auch geraubt,
ein süßer Trost ist ihm geblieben;
er zählt die Häupter seiner Lieben,
und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt.“

Also feiert schön, greift immer wieder mal zum Wanderstabe und tröstet Euch mit Dankbarkeit. Und dann kommt ja irgendwann Pfingsten – darauf können wir uns verlassen. Ob Christ, Buddhist, Moslem, Hinduist… oder einfach Weltenbürger: Vertrauen, Mitgefühl und Fleiß sind der größte Schatz, aus dem wir bis zum letzten Atemzug zehren können, In diesem Sinne: Prost! 😉

 

 

 

 

 

 

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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