Christof Jauernig: Vom Analysten, der auszog zu lernen, mit dem Herzen zu sehen

Gestern abend war ich bei der Lesung mit Bildern und Musik von Christof Jauernig in der GLS-Bank in Bochum. Warum ich darüber schreibe? Als Trainerin in der Weiterbildung für Fach- und Führungskräfte erlebe ich es immer wieder, dass sehr erfolgreiche Akademiker in meinen Modulen sind, die nicht mehr so weitermachen wollen und können wie bisher. Darunter sind junge Menschen, die sich in Windeseile die Karriereleiter hochgearbeitet haben – aber auch erfolgsverwöhnte Manager, die sich nun in einem Alter 45+ fragen, ob sie das alles so gewollt haben. Und nun saß ich mit etwa achtzig weiteren „erwachsenen“ Menschen im Sall der GLS-Bank und lauschte sechzig Minuten lang diesem jungen Mann, der als Banker alles aufgab, seine Wohnung untervermietete und sein ganzes Erspartes nahm, um ein halbes Jahr eine Art Pilgerreise anzutreten. Nach Südostasien zog es ihn, und fast die ganze Zeit über war er allein und konnte annehmen, was ihm begegnete.

Christof Jauernig – vom Analysten zum „Der mit dem Herzen sieht“

Wer mag, kann nun vor dem Weiterlesen auf den unthinking.me Link klicken und die selbstimprovisierte Klaviermusik von Christof Jauernig genießen dabei. Durch die ruhigen Klänge lernt man ihn schon ganz gut kennen – und noch viel besser lernt man ihn kennen, wenn man seine Bilder auf der Website betrachtet. Es ist wie ein Beweis: Das was uns der „Kleine Prinz“ gelehrt hat, dieses „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ scheint dieser Ausbrecher aus dem Hamsterrad gefunden zu haben – beneidenswert…
www.unthinking.me – Bilder, Musik, Events und mehr…

Da hat er also alle Sicherheiten losgelassen vor zweieinhalb Jahren und hat sich für die Fülle des Augenblicks entschieden. Sicher kann man sich fragen, warum diese Reise zum Herzens-Sinn durch Südostasien ging – ich kann es verstehen, denn der Buddhismus hat eine ganz eigene Kraft. Einige der Menschen aus meiner Umgebung haben zum Beispiel in Tibet zu sich selbst gefunden. Ich selbst wäre wohl eher der Typ Jakobsweg – aber die tiefe Spiritualität des Ostens hat tatsächlich eine Magie, die auch mich sehnsüchtig macht.

In Christof Jauernigs sechzigminütiger Collage aus Bildern, Musik und Texten hat mich besonders berührt, wie ein betender Mönch im strömenden Tropenregen stundenlang bewegungslos versunken blieb – und sich irgendwann eine vorübergehende alte Frau ihm gegenüber hinsetzte und ebenfalls zu beten begann.

Was für ein Zauber! Was für ein Verständnis von Versenkung und Verbundenheit! Was für ein Geschenk, dass Christof Jauernig Stunden untätig in einem Eingang warten musste, bis die Wassermassen verebbten. Christof wurde auf seiner Reise tatsächlich zum In-Bildern-Festhaltenden, und seine Bilder zeugen von einer Demut und Dankbarkeit, die man braucht um zu verstehen, wie wunderschön die Welt ist.

Ich sehe, welcher Zauber auch in der Einsamkeit liegt. Allein sein, Stunde um Stunde, Tag um Tag, mit allen Sinnen allein sein. In der anschließenden Fragenrunde erklärte Christog Jauernig, warum es so wichtig für ihn war, fast komplett in diesen sechs Monaten allein zu bleiben. Wie er aufhörte, zwanghaft denken zu müssen, wie er aufhörte, Angst zu haben, wie er aufhörte, an Zukunft und Vergangenheit gebunden zu sein. Das Eigentliche passiert in der Gegenwart.

Ich empfinde dieses Erkennende auch in seinen Klavierimprovisationen. Sie wollen nichts, sie tun nichts – sie sind einfach da und strahlen Dankbarkeit und Schlichtheit aus.

Als er dann zurück kam von der Reise zum eigenen Herzens-Sinn, wollte er nicht zurück in das alte Leben – wie verständlich! Er kam mehr oder weniger durch Zufall auf das, wovon er heute (natürlich mehr schlecht als recht) lebt. Die erste Ausstellung und die erste Lesung waren nur geplant, um seine Freunde damit zu erfreuen. Sie hatten das halbe Jahr auf Facebook verfolgt, was er Schritt für Schritt tat und sah – nun sollten sie das Gesamtwerk erleben können.

Er plante also die sechzigminütige Session, spielte die Musik dazu ein, komponierte die Texte zu den Bildern aus neun Ländern, und seit dieser ersten Ausstellung und Lesung zieht er durch Deutschland und liest und spricht mit Menschen, die vielleicht eine ähnliche Sehnsucht treibt. Er lernt Burnout-Menschen kennen in Kliniken, er spricht in Kirchen und vor Studenten, in Banken und Gesundheitseinrichtungen. Wie es weitergeht, weiß er nicht. Aber es wird weitergehen – egal wie – und jedes Leben verläuft nun mal Schritt für Schritt.

Wer ihn erleben möchte, kann überlegen, ob er einen Ort kennt, der für eine Lesung geeignet wäre. Damit hilft man nicht nur diesem jungen Mann, weiter mit dem Rollkoffer als „Der mit dem Herzen sieht“ zu überleben – man berührt vielleicht auch das ein oder andere unglückliche Herz, das nur noch einen letzten Impuls braucht, um sich auf die eigene Reise zum Herzens-Sinn aufzumachen.

Man lebt nur einmal, es ist so traurig, wenn diese Kostbarkeit nicht aufblühen und sich frei in die Lüfte erheben kann.

Ein wunderschöner Moment bei der Lesung: Ein Schmetterling und Christof Jauernig erleben einen Moment gemeinsam

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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