Dr. Gerald Hüther über Männer und Frauen: Erklären Initiativen wie der „Girls Day“ Mädchen zu Objekten?

Heute habe ich in meiner Facebook-Timeline ein Video empfohlen bekommen, einen 50-miütigen Vortrag von Dr. Gerald Hüther zum „Girls Day“ 2016. Da ich den Hirnforscher sehr schätze, habe ich den Vortrag im Folgenden nach bestem Wissen und Gewissen schriftlich zusammengefasst und natürlich auch im Original eingebettet. Schon immer war ich der Auffassung, dass sich Männer und Frauen grundlegend unterscheiden, und dass es respektlos gegenüber dem einzelnen Menschen ist, diese Unterschiede zu leugnen – oder gar aberziehen zu wollen. Hier also meine Zusammenfassung – und dann der Vortrag selbst. Tut gut, das so aufzuschreiben. Ich hoffe, dem geneigten Leser auch 🙂

Jungen und Mädchen sollen die gleichen Chancen haben – aber sie sind nicht gleich

Gerald Hüther fragt zu Anfang, warum unsere Gesellschaft wohl versucht, zurzeit Mädchen und Jungen so gleich wie möglich zu machen. Kann es sein, dass da kommerzielle Gründe hinterstecken? Erzeugen wir einen zusätzlichen Bedarf für Produkte, wenn wir Geschlechterrollen negieren und damit mehr Konsumenten produzieren? Ist der „androgyne Mensch“ für unsere Wirtschaft zweckdienlich? Eigentlich wollte Hüther gern beim „Girls Day“ jungen Mädchen erklären, was aus Hirnforschungs-Sicht der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen ist, aber beim Vortrag waren leider so gut wie keine Girls da.

Normalerweise ist jedes Chromosom doppelt vorhanden, um für Notfälle gerüstet zu sein. Nur das männliche Geschlecht hat nur ein x-Chromosom, während auf dem y-Chromosom kaum Informationen abgespeichert sind. Dort ist im Wesentlichen nur die Testosteron-Produktion programmiert. Die allermeisten Informationen sind im x-Chromosom, das beim männlichen Fötus keinen „Ersatz-Chromosom“ vorweist.

Männer haben vorgeburtlich eine schwächere Konstitution, da ihnen beim y-Chromosom das „Ersatzchromosom“ fehlt. Jungen sterben auch häufiger in Schwangerschaften, bei Frühgeburten etc. als Mädchen. Ist die Mutter etwa während der Schwangerschaft stark belastet, steigt die Sterblichkeit der männlichen Föten viel mehr als bei weiblichen Föten, das ist nachgewiesen. Durch die anderen genetische Veranlagungen werden manche Entwicklungen beschleunigt, andere werden verlangsamt. So sind Jungen antriebsstärker als Mädchen. Sie suchen Halt und Anerkennung im Raum. Sie versuchen, sich im Raum zu orientieren. Mädchen haben andere Ausgangsbedingungen. Die räumliche Orientierung ist nicht so entscheidend.

Außerdem sind Jungen mehr ausgerichtet nach „Mächtigem“, nach „Starkem“ und „Gewaltigem“. Ob Panzer, Feuerwehrautos oder Bagger, sie orientieren sich an Allem, was Kraft hat und etwas bewegt. Auch das hat seine Gründe in der genetischen Ausrichtung. Jungen suchen nach Halt in ihrer Gemeinschaft, ihrer Peer-Group. Dort suchen sie nach Bedeutung. Wenn sie in ihrer Gruppe Macht gewinnen, gewinnen sie an Bedeutung. Das gleicht die genetische Benachteiligung durch das fehlende „Ersatz-Chromosom“ aus.

Wie können Männer heute ihre Bedeutsamkeit suchen und finden?

Heute ist „Studium“ besonders anerkannt in einer Gesellschaft. Darum sind naturwissenschaftliche Studien für Jungen viel attraktiver als für Mädchen. Das hat nichts mit Technikinteresse zu tun, sondern mit der Suche nach Bedeutsamkeit. Gesellschaften nutzen diese Ausrichtung häufig aus, um Jungen zu etwas zu bringen, was ein Mensch kaum wollen kann. Astronauten, Soldaten, Abenteurer… Dinge werden bedeutsam gemacht, um Männer dafür zu gewinnen. Auch Reichtum ist ein starker Antrieb, um Bedeutsamkeit fest zu machen.

Männer fangen an zu begreifen, dass die Rollen, die sie früher spielen wollten, anerzogen waren. Sie suchen nach Wegen, die Bedeutsamkeit in sich selbst zu finden, und nicht in Rollen der Gesellschaft. Gleichzeitig erfahren sie, dass immer mehr Frauen in diese klassischen Rollen gehen – und dort Erfolg haben. Irgendwann werden dann sicher auch die Frauen erkennen, wie es ist, benutzt zu werden von einer Gesellschaft, die Bedürfnisse ausnutzt.

Was nun kann man wirklich tun, damit sowohl die Jungen als auch die Mädchen ihre Begabungen wirklich leben können? Wir brauchen keine „Girls Days“, sondern Schulen und Lehrer, die vermitteln, dass alle Kinder sich nach ihren Talenten und Begabungen frei entwickeln können. Nicht alle gleich machen, sondern sich an der Verschiedenheit erfreuen! Erste wenn der andere Erfahrungshorizont zu mir kommt, wird die Welt für mich reicher. Jedes Kind sollte die Möglichkeit bekommen, alle Talente und Potentiale in sich frei entfalten zu können.

Früher wurden also Männer bei der Suche nach Anerkennung und Bedeutung in Rollen gepresst – und Frauen haben das entscheidend unterstützt, weil sie bei der Partnerwahl auf einen hohen sozialen Status Wert legten. Männer haben bei der Partnerwahl in erster Linie das Kriterium: physische Attraktivität. Frauen, die einen gesellschaftlich anerkannten Mann wollen, arbeiten also vor Allem an ihrer physischen Attraktivität.

Bei unseren genetischen Anlagen besteht ein großer Überschuss. Unser menschliches Gehirn ist sehr offen – mit vielen Möglichkeiten der Entwicklung und Vernetzung. Früher konnten Kinder lange ungeformte Kinder bleiben, um unspezifisch zu lernen, was in ihrer Umgebung gebraucht wird. Diese unspezifischen Hirne sind überlebenswichtig, um sich auf verschiedene Umgebungen anpassen zu können.

Wodurch werden wir zu dem, was wir als Erwachsene sind?

Stabilisieren tun sich die Hirnvernetzungen, die durch ständige Erregungsmuster immer wieder aktiviert werden. Das passiert sogar schon während der Schwangerschaft. Vieles, was genetisch aussieht, ist in Wirklichkeit nur eine Strukturierung von Signalmustern. Jedes Kind kommt mit einem Gehirn zur Welt, das für dieses Kind genau richtig ist. Jedes Baby ist bei seiner Geburt einzigartig hochbegabt. Die Körperlichkeit ist unterschiedlich und bringt unterschiedliche Vernetzungen im Gehirn hervor. Je nach Mutter, Familie, Umgebung… jedes Gehirn formt sich in der Schwangerschaft anhand der Erregungsmuster und körperlichen Eigenschaften immer richtig für die Anforderungen der Umgebung.

In den ersten drei Lebensjahren lernt dieses perfekte Kind als Subjekt. Sie lernen nicht, indem sie geschickt werden, sie lernen als Gestalter ihres eigenen Entwicklungs-Lebens. Sprechen, aufrecht gehen, sich in die Umgebung einfügen… Lernen macht Lust, weil diese Kinder ständig über sich selbst hinauswachsen.

Vom gestaltenden Subjekt zum geformten Objekt

Doch diese Lust verschwindet sofort, wenn ich zum Objekt gemacht werden als Kind: Bewertungen, Bewunderungen, Belohnungen und Bestrafungen… Sobald ein Kind merkt, dass sein Lernprozess von anderen Menschen gestaltet werden soll schwindet die Offenheit für Entdeckungen in dieser Welt. Das Kind erlebt, wie sein Glaube, dass es ein Subjekt ist, in eine Erkenntnis, dass es ein Objekt ist, sich wandelt. So kann man nicht überleben und jeder Mensch sucht nach Auswegen, wie es wieder Subjekt werden kann. Wie kommt man wieder aus der Nummer heraus, dass man von anderen Menschen für gewisse Zwecke benutzt wird?

Meist passiert das so, dass das Kind die Mutter oder den Lehrer selbst zum Objekt erklärt. Es entlastet, die Mutter oder den Lehrer als „blöd“ zu bewerten. Das Kind maßregelt, beurteilt, bestraft und belohnt…. Menschen beginnen, aneinander vorbeizufliegen, indem sie sich gegenseitig als Objekt betrachten. Das verhindert die Begegnung von Mensch zu Mensch. Das verhindert, voneinander zu lernen.

Können wir zurückfinden zur Begegnung von Mensch zu Mensch – von Subjekt zu Subjekt?

Heute können wir zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte fragen, ob das alles wirklich so ein muss. Heute können wir wieder dahin zurückfinden, uns gegenseitig als Subjekt zu begegnen. Wir können uns gegenseitig einladen und uns inspirieren, unser Potential zu entfalten. Wir können aufhören, uns gegenseitig zu bewerten. Da fängt die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau an. Da fängt das an, was uns Menschen von Computern und Automaten unterscheidet.

Wir müssen uns auf das zurück besinnen, was die Rechner und Computer alles nicht können. In den nächsten 20 Jahren wird so ziemlich alles, was heute noch von Menschen an Tätigkeiten ausgeführt wird, von Computern und Automaten übernommen. Das Einzige, was die Automaten nicht übernehmen können, ist Kreativität. Gerade darum ist es überlebenswichtig, dass wir uns wieder als Subjekt erfahren und uns gegenseitig so wertzuschätzen, wie wir sind.

Wir können unserem Gegenüber zutrauen, Höchstleistungen zu vollbringen. Da müssen wir nicht schieben und drücken – das ist dem Menschen angeboten. Kreativität ist niemals etwas, was der Einzelne entwickeln kann. Nur wenn sich Menschen in dieser hochkomplexen Welt zusammentun, können sie wirklich kreativ etwas bewegen. Menschen müssen sich gemeinsam auf den Weg machen. Das geht aber nur dann, wenn wir uns gegenseitig als Subjekte achten. Der „Girls Day“ ist auch so etwas, wo ich versuche, Mädchen zu Objekten zu erklären, die etwas zu lernen haben.

In jedem Mädchen und in jedem Jungen stecken faszinierende Mathematiker. Wenn das nicht passiert, liegt das nicht daran, dass an dem Hirn etwas falsch ist. Das liegt daran, wenn eine Mathematik-Leistung als ungenügend bewertet wird. Wenn ein Junge als ungenügend bewertet wird, spornt das durch oben bestimmte genetische Vorgaben meist an, sich weiterzuentwickeln. Mädchen suchen den Fehler eher bei sich selbst. Wenn wir anfangen, Menschen zuzugestehen, in jedem Fach und jedem Bereich Freude zu finden. Und wenn wir ihnen zugestehen, in einem Fach vielleicht nicht so begabt zu sein, und dafür ihr Potential in ein anderes stecken, das sie begeistert, dann ist das die beste Voraussetzung für eine Welt, in der Subjekte diese Welt am besten – und gemeinsam – gestalten.D

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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