In Deutschland nutzen 2013 lediglich 36 Prozent der Onliner ab 18 Jahren E-Government-Dienste. Das sind gegenüber dem Vorjahr 2012 neun Prozentpunkte weniger. Nur 17 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer sind aktuell „äußerst zufrieden“ mit dem Online-Angebot ihrer Stadt – ein deutlicher Rückgang um 15 Prozentpunkte. Eine Ausnahme bildet die elektronische Steuererklärung (ELSTER): Sie erfährt im Gegensatz zum allgemeinen Trend ein leichtes Plus von zwei Prozentpunkten auf 35 Prozent. Der eGovernment MONITOR 2013 zeigt für Deutschland verglichen mit den Vorjahren einen weiteren Trendbruch: Mit einem Plus von 38 Prozentpunkten in der Schweiz und 59 Prozentpunkten in Großbritannien ist die Angst vor Datendiebstahl als Hemmnis in allen befragten Ländern deutlich gestiegen. In Deutschland befürchten aktuell 61 Prozent der Befragten den Diebstahl ihrer Daten – ein Plus von 57 Prozentpunkten. Mangelnde Sicherheit bei der Datenübertragung ängstigt mehr als die Hälfte aller in den sechs Ländern befragten Onliner, in Deutschland sind es sogar 67 Prozent. Nutzerinnen und Nutzer von E-Government-Services legen länderübergreifend großen Wert auf zuverlässige Systeme, Schutz und Sicherheit ihrer Daten, einfach zu bedienende Online-Plattformen sowie ein vollständiges Informationsangebot. Mobile Government konnte sich in keinem der befragten Länder bislang durchsetzen. Die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer ist mit je 21 Prozent in der Schweiz und in Schweden am höchsten, Schlusslichter sind Deutschland und die USA mit jeweils fünf Prozent.
„2012 nahm die Nutzung von E-Government-Angeboten noch in allen Ländern zu. Die aktuellen Ergebnisse dagegen zeigen, dass das Interesse und die Nutzung aktuell abnehmen. Mehr noch, wir stellen derzeit einen deutlichen Vertrauensverlust in die Sicherheit staatlicher elektronischer Verwaltungsdienste fest. Als Initiative D21 appellieren wir an Politik und Verwaltung, diese alarmierenden Zeichen ernst zu nehmen und auf Grundlage der vorliegenden Untersuchungergebnisse zeitnah Maßnahmen zu ergreifen, die dem Vertrauensverlust entgegenwirken“, sagt Robert A. Wieland, Vizepräsident der Initiative D21 und Geschäftsführer von TNS Infratest.
Dr. Petra Wolf, Executive Director bei ipima, ergänzt: „Parallel zur rückläufigen Nutzung nimmt auch die Zufriedenheit der Menschen mit den Online-Angeboten der Verwaltung ab. Die Ansprüche an Services, die die Behörden ihren Kunden online und mobil zur Verfügung stellen, sind deutlich gestiegen. Die Menschen erwarten offenbar ein vergleichbares Niveau an Nutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Gestaltung wie sie es von nichtstaatlichen Angeboten gewöhnt sind. Insbesondere möchten sie auch ihr gewohntes Nutzungsverhalten, wie etwa die Einbindung sozialer Netzwerke in der Interaktion mit Behörden, nicht mehr missen. Diesen Bedürfnissen konnte kein Befragungsland hinreichend entsprechen.“
Im Vergleich zu den Vorjahreswerten konnten die bestehenden Nutzungsbarrieren nicht weiter abgebaut werden – sie sind im Gegenteil in allen Ländern noch größer geworden. Vor allem mangelnde Durchgängigkeit und undurchschaubare Strukturen behördlicher Online-Angebote stellen für die Befragten entscheidende Hindernisse bei der Nutzung von elektronischen Verwaltungsdiensten dar. Die Ergebnisse zeigen insgesamt eine Kluft zwischen den auf der einen Seite wachsenden Ansprüchen der Bürger an die Weiterentwicklung von E-Government-Plattformen – parallel zu den Fortschritten privatwirtschaftlicher Online-Angebote – und auf der anderen Seite dem aktuellen Status quo verfügbarer Services.
Anlässlich der Vorstellung des eGovernment MONITORs 2013 erklärt die IT-Beauftragte der Bundesregierung, Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe: „Um das Vertrauen der Nutzer in staatlich angebotene Online-Dienste zu erhalten und gegebenenfalls verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen, müssen wir die Maßnahmen zu Cyber-Sicherheit und Datenschutz im
E-Government erheblich stärken. Darüber hinaus werden sich die E-Government-Angebote zunehmend auf die neuen Erwartungen der Nutzer einstellen müssen. Vor dem Hintergrund der gänzlich anderen Finanzierungssituation gegenüber den privaten Angeboten müssen wir erörtern, wie wir mit diesen Nutzererwartungen umgehen.“
Der eGovernment MONITOR 2013
Der eGovernment MONITOR 2013 (www.egovernment-monitor.de) untersucht im vierten Jahr in Folge die Nutzung und die Akzeptanz elektronischer Bürgerdienste im internationalen Vergleich. Die Studie liefert jährlich ein umfassendes Bild über die aktuelle Situation in Deutschland, Österreich, Schweiz, USA, Großbritannien und Schweden. Dabei gibt sie auch Antworten auf Fragen rund um die Themen Mobile Government und Open Government. Im Vordergrund der Befragung stehen die Nutzerperspektive sowie konkrete Erfahrungen der Online-Bevölkerung ab 18 Jahren. Auf Basis der Ergebnisse können Politik und Verwaltung gezielt Maßnahmen für die Weiterentwicklung von elektronischen Bürgerdiensten ableiten und in ihrer Wirksamkeit überprüfen. Der eGovernment MONITOR 2013 ist eine Studie von Initiative D21 und ipima – institute for public information management, durchgeführt von TNS Infratest. Die diesjährige Studie haben die Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik, das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, die Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die IDG Business Media GmbH, BearingPoint Deutschland, das Bundeskanzleramt Österreich, die Innovationsstiftung Bayerische Kommune, der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, fortiss – An-Institut Technische Universität München, die Technische Universität München – Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, die Initiative D21 und die TNS Infratest GmbH ermöglicht.
eGovernment MONITOR 2013: Ergebnisse im Überblick
Nutzung von E-Government-Angeboten im Ländervergleich
In allen befragten Ländern ist ein Rückgang der E-Government-Nutzung zu verzeichnen. Im Sechs-Länder-Vergleich liegt Österreich mit 65 Prozent E-Government-Nutzung im Jahr 2013 auf dem ersten Rang. In Schweden nutzen 53 Prozent aller Onliner die vorhandenen E-Government-Angebote. Auf Platz drei liegt mit 50 Prozent die Schweiz. Deutschland belegt im Jahr 2013 Platz vier. Im Vergleich zum Vorjahr geht die Nutzung von E-Government-Angeboten um neun Prozentpunkte zurück. Dies entspricht aktuell 36 Prozent. Großbritannien folgt mit 34 Prozent auf dem fünften Platz. Die USA sind wie bereits 2012 mit 24 Prozent am Ende der Rangreihe.
Mehrzahl der Befragten ist zufrieden – Unzufriedenheit nimmt jedoch zu
Der Anteil der zufriedenen Personen überwiegt in allen Ländern gegenüber dem Anteil der Unzufriedenen. Besonders die Schweizer bewerten das Online-Angebot ihrer jeweiligen Stadt zu
75 Prozent positiv. Verglichen mit 2012 fällt jedoch auf, dass die Zufriedenheit in fast allen Ländern abgenommen hat: Während in Deutschland im Vorjahr noch 57 Prozent aller Onliner „mindestens zufrieden“ mit den Angeboten waren, sind es 2013 nur noch 47 Prozent. Der Anteil der „äußerst Unzufriedenen“ ist in Deutschland von sieben Prozent 2012 auf zwölf Prozent 2013 sowie in Österreich von drei Prozent 2012 auf zehn Prozent 2013 deutlich gestiegen.
Zuverlässigkeit der Systeme ist eine der wichtigsten Anforderungen
Die Zuverlässigkeit der Systeme ist – außer in den USA – in allen Ländern unter den drei wichtigsten Anforderungen bei der Nutzung von E-Government-Angeboten zu finden. In Deutschland ist dieser Aspekt mit 86 Prozent ebenso wichtig wie die Kriterien Datenschutz und Datensicherheit sowie eine einfache Bedienbarkeit. In der Schweiz und Österreich ist das Thema Zuverlässigkeit noch wichtiger: Hier geben 87 Prozent (CH) und 91 Prozent (A) der befragten Onliner an, dass ihnen dieser Aspekt mindestens „wichtig“ sei. Auch Datenschutz und Datensicherheit erachten die Befragten in allen Ländern nach wie vor als eines der wichtigsten Themen.
Nutzungsbarrieren: mangelnde Durchgängigkeit und undurchschaubare Strukturen
In allen sechs Ländern stehen verschiedene Barrieren einer vertrauensvollen, umfassenden Nutzung von E-Government im Weg. 64 Prozent der Deutschen und 67 Prozent der Österreicher kritisieren, dass die Services nicht vollständig über das Internet abgewickelt werden können. Im Jahr 2012 lagen die Werte deutlich niedriger: 51 Prozent der Deutschen und 43 Prozent der Österreicher gaben an, dass mangelnde Durchgängigkeit für sie gegen eine intensivere Nutzung von Online-Behördendiensten spricht. Ein ähnliches Bild zeigt sich hinsichtlich des Aufbaus und der Navigation der Online-Angebote. In den D-A-CH-Ländern empfinden mehr als die Hälfte der Befragten die Undurchschaubarkeit der Strukturen als Nutzungsbarriere. Im Jahr 2012 lagen die Werte in diesen Ländern noch bei unter 45 Prozent.
Konkrete Bedenken: Angst vor Datendiebstahl steigt sehr stark an
Die öffentliche Diskussion um die aktuellen internationalen Datenschutz- und Sicherheits-Skandale haben im Jahr 2013 dazu geführt, dass die Internetnutzer beim Thema Datensicherheit sensibilisiert sind. Besonders deutlich wird dies beim Aspekt „Angst vor Datendiebstahl“. Der Vergleich mit den Vorjahreswerten zeigt einen sehr starken Anstieg in allen in der Studie befragten Ländern und macht deutlich, dass sich die Bürger kritisch mit dem Thema auseinandersetzen. Mehr als die Hälfte aller befragten Onliner befürchtet mangelnde Sicherheit bei der Datenübertragung. In Deutschland sind es sogar 67 Prozent. Die Angst vor Datendiebstahl ist in Großbritannien und den USA mit jeweils 65 Prozent in diesem Jahr am höchsten. Die größte Zuwachsrate zeigt sich aber in Deutschland: Gaben im letzten Jahr vier Prozent der Befragten an, Angst vor dem Diebstahl ihrer Daten zu haben, so sind es aktuell 61 Prozent – ein Plus von 57 Prozentpunkten.
Geringe Nutzung: neuer Personalausweis, De-Mail und elektronische Steuererklärung
Im Jahr 2013 nutzen 27 Prozent aller in Deutschland Befragten den neuen Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion. Bislang besitzen nur zehn Prozent aller deutschen Onliner ein De-Mail-Konto, zwölf Prozent planen dessen Einrichtung. Knapp die Hälfte der Befragten, nämlich 46 Prozent, lehnt hingegen die Nutzung von De-Mail ab. 30 Prozent geben an, De-Mail nicht zu kennen. Die elektronische Steuererklärung ist in Deutschland mit 58 Prozent über der Hälfte der Online-Bevölkerung bekannt. 35 Prozent haben schon einmal eine papierlose Steuererklärung abgegeben. Die Nutzung dieses Angebots hat entgegen dem negativen Gesamttrend nicht abgenommen, doch liegt sie mit 35 Prozent lediglich bei rund einem Drittel der Onliner. Geplante Erweiterungen dieses Services wie die „Vorausgefüllte Steuererklärung“ bewerten 73 Prozent der Befragten in Deutschland positiv.
41 Prozent der deutschen Onliner kennen Open Government-Angebote
Open Government-Angebote sind in den untersuchten Ländern unterschiedlich stark bekannt. Insgesamt wenig informiert über Open Government zeigt sich die deutsche Online-Bevölkerung: Nur 41 Prozent kennen eines der angeführten Angebote. Auf dem ersten Platz liegt die Schweiz – hier kennen drei Viertel der Onliner mindestens eines der Open Government-Angebote (74 Prozent). Auch in der Nutzung sind die Schweizer führend: 39 Prozent der Befragten nutzen das Angebot „Kontaktaufnahme zur Verwaltung“. Die Möglichkeit, mit der Verwaltung über soziale Netzwerke in Kontakt treten zu können, ist mit drei Prozent unter den Nutzern am wenigsten bekannt. Trotz einer mäßigen Nutzung von Open Government-Diensten sehen die Befragten darin verschiedene Vorteile. Der größte Pluspunkt besteht für viele darin, dass eine öffentliche Diskussion als Frühwarnsystem für die Politik dienen kann. In den D-A-CH-Ländern und in Großbritannien sehen diesen Vorteil rund zwei Drittel der Online-Bevölkerung. In Schweden und in den USA ist es immerhin rund die Hälfte.
Viele Mobile Government-Skeptiker
Smartphone, Tablet & Co kommen zunehmend zum Einsatz, um Behördengänge unabhängig von Zeit und Ort zu erledigen. Mit insgesamt 68 Prozent (46 Prozent „äußerst wichtig“; 22 Prozent „wichtig“) schreiben vor allem die Österreicher den mobilen Endgeräten zukünftig eine hohe Bedeutung zu. Das Land, in dem Mobile Government als vergleichsweise weniger wichtig erachtet wird, ist die Schweiz. Für ein Viertel bleiben Handy oder andere mobile Endgeräte zukünftig „unwichtig“ oder sogar „äußerst unwichtig“ für die Abwicklung von Behördengängen. Für 48 Prozent der in Deutschland Befragten sind mobile Endgeräte in diesem Zusammenhang „äußerst wichtig“ (27 Prozent) oder „wichtig“
(21 Prozent). 21 Prozent beurteilen die zukünftige Bedeutung mobiler Endgeräte als „unwichtig“
(5 Prozent) oder „äußerst unwichtig“ (16 Prozent). Auffällig ist in allen Ländern die hohe Prozentzahl derjenigen, die Mobile Government ablehnen. Vor allem in den USA mit 66 Prozent und Deutschland mit 61 Prozent geben viele Befragte an, zukünftig keine mobilen Online-Behördendienste nutzen zu wollen. Im Jahr 2012 lehnten 39 Prozent in Deutschland und 54 Prozent in den USA die Nutzung von Mobile Government ab.
eGovernment MONITOR 2013: Methodensteckbrief
Auswahl Interviews
Durchführung von jeweils 1.000 Interviews in Deutschland (DE) und der Schweiz (CH), 1.001 Interviews in Österreich (A), 1.007 Interviews in den USA, 1.010 Interviews in Großbritannien und Nordirland (UK) – im weiteren Text Großbritannien genannt – sowie 1.023 Interviews in Schweden (SE).
Grundgesamtheit
Personen in Privathaushalten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Schweden, Großbritannien und den USA im Alter ab 18 Jahren, die das Internet privat nutzen.
Auswahl
Online-Panel; Daten gewichtet nach zentralen Merkmalen (Geschlecht, Alter und formale Bildung).
Repräsentative Erhebung
Ergebnisse auf die Grundgesamtheit übertragbar.
Erhebungsmethode
Durchführung als Onlinebefragung (computergestütztes Webinterview, CAWI, KW 32 bis KW 34 im Jahr 2013).
Definition E-Government
Unter E-Government verstehen wir Informationen und Dienste von Behörden und öffentlichen Einrichtungen (Kommune, Stadt, Landkreis, etc.), die über das Internet genutzt werden können, wie z.B. die elektronische Steuererklärung.
Definition Open Government
Open Government steht für die Öffnung von Regierung und öffentlicher Verwaltung gegenüber den Bürgern und der Wirtschaft. Ziel ist mehr Transparenz, mehr politische Teilhabe und eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Regierung und Regierten.