Marketing: Wie wirbt man erfolgreich um verwöhnte Kinder?

Schule ist ein Spiegelbild für unsere Gesellschaft. So wie das Bildungssystem für den Nachwuchs funktioniert, funktioniert auch die Erziehung der Konsumenten. Eine gewagte These? Na dann lasst sie uns untersuchen! Eines ist immerhin klar: Für Werbung und die Erziehung der Konsumenten wird erheblich mehr Aufwand getrieben als für die Bildung der Kinder.

Werbung und Schule im Laufe der Zeit

Fünfziger und sechziger Jahre
In den fünfziger und sechziger Jahren lebte Schule von Belohnung und Bestrafung. In riesigen Schulklassen herrschten Lehrer über Kinder. Festgelegte Rollen und standesorientierte Einstufungen entschieden über die Zukunft der „Zu Formenden“. In der Werbung war es ähnlich: Frauen wurden mit Produkten in ihrer Rolle als Ehe- und Hausfrau gefestigt, Männer als Ernährer und Eroberer angesprochen. Werbung glich dem autoritären Schulsystem, und die Konsumenten gehorchten den Botschaften bereitwillig.

Siebziger und achtziger Jahre
Dann kam die Studentenbewegung und ein neuer Wind zog ein in Schulen und Werbung. In den siebziger und achtziger Jahren schlich sich ein neuer Geist ein, der Obrigkeit hinterfragte und individuelle Entfaltung ermöglichte. Arbeiterkinder konnten Abitur machen, in der Oberstufe konnten Fächer frei gewählt werden, selbstständiges Denken wurde zum Maintream. So auch in der Werbung: Sex, Flowerpower, Aufbruch aus Rollenmustern…

Neunziger Jahre – bis heute
Seit den neunziger Jahren haben die Grünen und ein nachhaltiges Planetenbewussten das Schulsystem geprägt. Kinder lernen, dass der Mensch das schlimmste Tier auf der Erde ist. Werbung wurde seitdem ein wenig der „Mr. Hide“ neben dem Dr. Jekyll aus Schule und Politik.

Der Konsument wurde das Ventil für die neuen ethischen Regeln. So wie der Katholizismus seine dunklen Ventile fand, fand auch der Schädling „Mensch“ seine Ventile. Gleichzeitig wuchsen die moralischen Anforderungen an Eltern und Lehrer. Kinder wurden begriffen als ebenso schützenswert wie unser Planet: Kinder sind zerbrechlich, unschuldig, bei Verhaltensauffälligkeiten Produkte einer ungesunden Umgebung.

Heute leben wir in einer sich selbst zerstörenden Wegwerfwelt, in der es vor Allem um direkte Lustbefriedigung geht. In der Schule müssen Lehrer versuchen, die Kinder über Entertainment und Bestätigung bei Laune zu halten, in der Werbung versuchen Unternehmen es ebenso. Wir sind im Zeitalter der verwöhnten Kinder angelangt.

Bild von Azmi Talib auf Pixabay 

Marketing im Zeitalter der verwöhnten Kinder

Egal, ob wir Konsumenten bei unserer Forderung nach kosmischer Heilung angesprochen werden, bei unseren Süchten oder bei unser Vertreibung von Langeweile – wir reagieren nicht mehr auf autokratische Methoden wie dem Einprügeln von Botschaften durch ständige Wiederholungen. Wir wollen bestes Entertainment und beste Leistung!

Wir sind mit Produktmarken und Eventanbietern genauso streng wie mit unseren Eltern und Lehrern: Beweise uns Deine moralische Integrität, oder wir wechseln. Alternativ: Biete uns Perfektes für den besten Preis, oder wir verschwinden. Und veröffentlichen anschließend schlechte Rezensionen. Und wenn wir extrem unzufrieden sind, machen wir Dich fertig.

Empfehlungen für das Marketing

  1. Lernt, uns verwöhnte Kinder zu lieben, so wie heutige Eltern es tun. Wir wollen nicht mehr von Euch beherrscht und erzogen werden – wir wollen geliebt werden. Nehmt uns so an, wie wir sind. Aber: Ihr könnt Liebe nicht spielen, Eure Kommunikation muss authentisch sein
  2. Lernt, dass es Euch um unser Wohl geht – so wie Lehrer es tun. Es ist tatsächlich möglich, Kinder sanft und freundlich dahin zu führen, ihr Bestes zu geben. Versteht, dass jeder Mensch die tiefe Sehnsucht hat, ein sinnerfülltes Leben zu führen, anerkannt zu werden und stolz auf sich zu sein. Für die Einen ist es Erfolg, Wettbewerb, Leistung – für die Anderen Genuss, Gemeinschaft, Love and Peace. Und für wieder Andere ist es die Erfüllung dadurch, mitzuhelfen am Aufbau eines gesunden Planten mit glücklichen Lebewesen in einem prachtvollen Universum.
  3. Hört auf damit, uns Eure Werbung aufzuzwingen. Im digitalen Zeitalter habt Ihr die Macht, uns immer und überall mit Euren Werbebotschaften zu bewerfen – versteht, dass diese aufgezwungenen Drückermethoden zum Widerstand führen können – und dass immer mehr von uns verwöhnten Kindern in diesen Widerstand gehen. Wir wollen umworben werden, wir sind tatsächlich mehr als konditionierte Pawlowsche Hunde!
  4. Lernt, Love-Brands zu werden. So wie Kinder in der Schule Lehrer haben, denen die Kinder hinterherlaufen wie glückliche Gänseküken, gibt es auch Marken, die es schaffen, unsere Herzen zu verzaubern. Für mich persönlich ist EMP immer das beste Beispiel. Ich liebe EMP!
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Ich mag uns verwöhnte Kinder

Auch wenn sich viele Eltern (und Lehrer – und Marken) nach den gehorsamen Kindern aus den Nachkriegszeiten zurücksehnen, es gibt kein Zurück. Und ich persönlich finde es wundervoll, dass wir so verwöhnte Kinder geworden sind.

Wir ducken uns nicht, wir strecken uns aus. Und siehe da: Keine Monster entstehen, wenn wir Dr. Jekyll und Mr. Hide befreien, sondern freundliche, liebesfähige, ehrliche Menschen. Die gern konsumieren, weil es Spaß macht! Und die gern Minimalisten sind, weil sie Natur und Kosmos lieben! Und die gern ferne Länder bereisen, weil sie den Planten spannend finden und sich am Liebsten vereinigen wollen mit der ganzen Welt. Also werbt um uns, anstatt uns zu ködern mit billigen Konditionierungen. Und liebt uns, weil wir es wert sind.

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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