Christian Spließ: Freiherr von Knigge stellte schon früh fest, worum es eigentlich in Social Media geht: Um gute Kommunikation. Verblüffend modern muten seine Ratschläge an, die sich auf Social Media anwenden lassen. So zum Beispiel riet er schon 1790 wie man einen Shitstorm überlebt.
1.) Grundlegendes für Social Media:
Interessiere Dich für andre, wenn Du willst, daß andre sich für Dich interessieren sollen! (…) Vor allen Dingen vergesse man nie, daß die Leute unterhalten, amüsiert sein wollen; daß selbst der unterrichtendste Umgang ihnen in der Länge ermüdend vorkommt, wenn er nicht zuweilen durch Witz und gute Laune gewürzt wird; daß ferner nichts in der Welt ihnen so witzreich, so weise und so ergötzend scheint, als wenn man sie lobt, ihnen etwas Schmeichelhaftes sagt; daß es aber unter der Würde eines klugen Mannes ist, den Spaßmacher, und eines redlichen Mannes unwert, den niedrigen Schmeichler zu machen.
Gehe von niemand und laß niemand von Dir, ohne ihm etwas Lehrreiches oder etwas Verbindliches gesagt und mit auf den Weg gegeben zu haben; aber beides auf eine Art, die ihm wohltue, seine Bescheidenheit nicht empöre und nicht studiert scheine, daß er die Stunde nicht verloren zu haben glaube, die er bei Dir zugebracht hat, und daß er fühle, Du nehmest Interesse an seiner Person, es gehe Dir von Herzen, Du verkauftest nicht bloß Deine Höflichkeitsware ohne Unterschied jedem Vorübergehenden!
2.) Die Kunst gute Postings zu schreiben:
Habe acht auf Dich, daß Du in Deinen Unterredungen, durch einen wäßrigen, weitschweifigen Vortrag nicht ermüdest! Ein gewisser Lakonismus – insofern er nicht in den Ton, nur in Sentenzen und Aphorismen zu sprechen oder jedes Wort abzuwägen, ausartet – ein gewisser Lakonismus, sage ich, das heißt: die Gabe, mit wenig kernigen Worten viel zu sagen, durch Weglassung kleiner unwichtiger Details die Aufmerksamkeit wach zu erhalten, und dann wieder, zu einer andern Zeit, die Geschicklichkeit, einen nichtsbedeutenden Umstand durch die Lebhaftigkeit der Darstellung interessant zu machen – das ist die wahre Kunst der gesellschaftlichen Beredsamkeit.
3.) Zuviel Eigenlob ist nicht gut:
Rede also nicht zu viel von Dir selber, außer in dem Zirkel Deiner vertrautesten Freunde, von welchen Du weißt, daß die Sache des einen unter ihnen eine Angelegenheit für alle ist; und auch da bewache Dich, daß Du nicht Egoismus zeigest. (…) Belästige nicht die Leute, mit welchen Du umgehst, mit unnützen Fragen.
4.) So überlebt man einen Shitstorm:
Lerne Widerspruch ertragen. Sei nicht kindisch eingenommen von Deinen Meinungen. Werde nicht hitzig noch grob im Zanke. Auch dann nicht, wenn man Deinen ernsthaften Gründen Spott und Persiflage entgegensetzt. Du hast, bei der besten Sache, schon halb verloren, wenn Du nicht kaltblütig bleibst und wirst wenigstens auf diese Art nie überzeugen.
5.) Sei höflich, respektvoll und authentisch:
Vorsichtigkeit ist im Schreiben noch weit dringender als im Reden zu empfehlen. Sei, was Du bist, immer ganz und immer derselbe. Vor allen Dingen also handle nur stets konsequent.
Überraschend, nicht wahr? Nachlesen kann man Knigge online bei Zeno, eine Lektüre die sich lohnt – und die zeigt, dass die Verengung auf „Welches Messer nehme ich jetzt für den Fisch“-Regeln nicht so im Sinne von Knigge war. Diese Regeln gibt es auch, aber in erster Linie geht es Knigge um den Menschen – und auch um den Umgang mit sich selbst.
Bravo und danke, lieber Christian. Den Beitrag speicher ich mircab und werde ihn sicher häufiger „aus dem Hut ziehen“ in Beratungen und Schulungen – Wahrheiten bleiben eben immer wahr 🙂
Social media storyteller -die Berufsbezeichnung höre ich zum ersten Mal. Wobei die Kunst Geschichten zu erzählen und den Zuhörer nicht zu langweilen nicht einfach ist. Daher: herzlichen Dank!