Ich habe kein WhatsApp. Jetzt kann ich mich fragen, warum ich dann den Facebook Messenger habe – den Grund kann ich mir auch gleich sagen, weil Nachrichten vom Messenger in der Regel von Personen kommen, mit denen ich geschäftlich verbunden bin. Und meine Bekannten nutzen den eher weniger. Vermutlich hat Facebook eh schon heimlich mein Adressbuch auf den Server hochgeladen als die die Anwendung installiert habe, aber so einfach möchte ich es nun wirklich nicht unbedingt jeder App machen. Außerdem sitzt mir der Path-Schock noch in den Knochen.
Denn diese App lud bekanntermaßen hinterrücks alle Kontakte hoch auf deren Server. Was dazu führte, dass ich die App schnell wieder gelöscht habe und außerdem, warum braucht man ein Sozial Network, dass sich auf eine Mindestanzahl von Freunden beschränkt? Gut, wenn ich meine Ruhe haben will, dann gehe ich zu Ello oder zu Seniorbook, weil da keiner ist, den ich kenne. Das ist echt erholsam. Wirklich.
Jetzt geistert also dieses Tribe durch die ganzen Social-Media-Affinen-Kontakte und ja, eigentlich müsste ich mir das installieren um mir das genauer anzuschauen als Kommunikationsexperte, aber nachdem ich mir das Video angesehen habe komme ich auf ein wesentliches Element zurück, dass seit „Asterix und der Kupferkessel“ mir einiges erspart hat: „Die Botschaft! Was ist die Botschaft?“ Oder um es runterzubrechen: Was kann diese Messenger-App, was andere nicht können?
Ein Spiegel als USP? Echt jetzt?
Sollte ich jemals das Problem haben ein Smartphone zu besitzen, dass größer als meine Hand ist fällt ein Punkt schon mal weg: Sicherlich ist es schick mit einem Daumendruck Video-Nachrichten aufnehmen zu können, aber mal im Ernst, das ist jetzt kein so tolles Alleinstellungsmerkmal. Immerhin gibts keine Sticker. Damit fällt allerdings der Spaß weg, den Snapchat und andere Messenger eingeführt haben – sofern man Filter und Sticker als spaßig bezeichnen möchte. Manchmal sind sie es durchaus.
Schön: Diese App erlaubt es einem also Videonachrichten aufzunehmen und zu verschicken. Es ist ja nicht so, dass wir jetzt nicht Skype, Snapchat, Instagram, Vine, Facetime, WeChat oder den AOL-Messenger dafür haben. Gut, der AOL-Messenger konnte kein Video und wir haben auch nicht während des Gehens chatten können weil wir damals keine Desktop-PCs auf die Strasse nahmen, aber – was macht diese Video-App nun besonders? Man kann Punkte sammeln? Es gibt irgendwas, was sich mir nicht aus dem Video selbst zur App erschließt? Hmm, schlechtes Marketing falls dem so wäre.
Ja, Videonachrichten sind toll. Ja, Videos haben mehr als Worte. Nämlich noch Gesicht und Hände und Körper. Ob eine Videoapp, die allen Ernstes einen Spiegel als Feature hat und mit den Worte wirbt, man müsse jetzt nicht mehr Angst haben Anrufe zu verpassen – offenbar sammelt die App alle Videos irgendwie und kann die dann nach und nach abspielen? Ich hab das mit dem „ubiquitärem Zugang“ auf der Webseite nicht so ganz verstanden, muss ich wohl auch nicht – ob eine solche App allerdings wirklich sein muss?
Videonachrichten – gerne, aber bitte ohne mich, Tribe
Ich hab es nicht bereut nie bei WhatsApp Mitglied geworden zu sein. Das hängt allerdings auch damit zusammen, dass ich schon bei diversen Facebook-Gruppen, die ich betreue bisweilen überlege, ob die Mitglieder wirklich ALLES in die Gruppen posten müssen und vielleicht ab und an mal ihr Gehirn einschalten bevor sie was posten. Gruppendynamische Prozesse sind ja nie schöner als bei Facebook zu erleben. Vermutlich auch bei WhatsApp. Da wird noch mehr von einem erwartet, dass man auch sofort antwortet während man selbst immer noch Herr der eigenen Kommunkationslage ist. Sorry, aber ich entscheide wann ich wem warum und wieso antworte. Nicht ihr. Dieser Druck ist schon bei Emails ziemlich groß und bei SMS ist es noch schlimmer geworden. Seitdem man da Features wie „Gesehen“ eingebaut hat. Oder ist das nur Apples Message-System?
Momentan sehe ich bei Tribe für mich und auch für meine Kunden keinen Sinn. Ich sehe ja noch nicht unbedingt den Sinn, Snapchat als Tool zu empfehlen – außer man ist hipp, jung, ein Startup oder möchte zumindest die Zielgruppe von Jungen Leuten erreichen, aber ich frage mich dann immer wenn ich auf anderen Kanälen keine Inhalte habe, die wirklich passen, was will ich dann auf Snapchat? Gute Frage: Was ist die Botschaft? Was will ich erreichen? Und vor allem wem? Und habe ich pasende Inhalte für den Kanal?
In diesem Sinne: Tribe riecht mir definitiv eher nach einer App, die bei mir auf dem Friedhof der unbenutzten Apps landen wird. Deswegen installiere ich sie gar nicht erst. Es sei denn John Marcus Henry Brown ist da. Dann eventuell. Wobei: Was macht der eigentlich auf Snapchat momentan?