Wie war das nur möglich? – Eine Buchempfehlung von Gastautor Stefan Dickhäuser. „Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben“* Von Sönke Neitzel und Harald Welzer.
Die Flüchtlingskrise zieht ihre Kreise, mitten unter uns, quer durch die Gesellschaft. Es fallen beinahe täglich Worte der Diffamierung, Meinungen werden oft fragwürdig vertreten und dann gibt es noch das Phänomen der „Protestwähler“, deren Höhepunkt in den Ergebnissen der letzten Landtagswahlen gipfelte.
„So fing es 1933 auch an!“
Dieser Ausspruch fällt mit Blick auf das Wahlergebnis oft. Meine Buchempfehlung heute wird diese These zwar vollkommen unberücksichtigt lassen, aber dennoch wird dieses Buch Parallelen zulassen, die meiner Meinung nach deutlicher nicht sein können.
Dieses durchaus lesenswerte Buch gibt detaillierte Einblicke in die Fragestellung, wie der Holocaust möglich war. Wer oder was trieb die Menschen, jegliche Form der Menschlichkeit, Achtung und Nächstenliebe fallen zu lassen und einen Massenmord an Millionen von Menschen fast vollständig widerstandslos hinzunehmen – diesen sogar zu unterstützen?
Die Autoren stützen sich dabei auf unzählige Abhörprotokolle, die von deutschen Kriegsgefangenen angefertigt wurden. Diese geben einen sehr detaillierten Einblick in das Seelenleben von Soldaten, veranschaulicht die Verrohung durch den Krieg und die Abstumpfung in Bezug auf jegliche Menschlichkeit.
„Wir haben gelernt, der Holocaust ist nicht mehr möglich!“
Auch ich habe oft gedacht, dass der millionenfache Massenmord an Menschen auf Grund der schrecklichen Geschehnisse nicht mehr möglich sein wird. Denn wir haben gelernt, sind uns der Verbrechen gegen alle Menschlichkeit sehr bewusst. Wozu also „noch ein Buch“?
Es waren nicht nur Soldaten, die die unmenschlichen Ideen einiger weniger mit vernichtender Präzision und einer Perversion aus deutschem Organisationstalent möglich gemacht haben. So gibt dieses Buch einen sehr tiefen Einblick in die menschliche Seele, den Verhaltensmustern einer Gesellschaft und den Referenzrahmen von Gruppen, ja sogar eines ganzen Volkes.
„Es fängt 2016 an!“
In Zeiten des Nationalsozialismus gab es eine feste Größe. Eine Einheit, die über Leben und Tod, Wohlstand oder „Vernichtung durch Arbeit“ unterschied. JUDE oder NICHTJUDE, brutal einfach und brutal in seiner Wirkung. Das Buch „Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben“ von Sönke Neitzel und Harald Welzer gibt hier einen besonders guten Einblick, der meiner Meinung erschreckende Parallelen zur Flüchtlingskrise zulässt. Europäer oder Flüchtling! Flüchtling oder Wirtschaftsflüchtling, Gutmensch oder Wutbürger. „Ossi“ oder „Wessi“. Gruppen, die fest gegeben zu sein scheinen und allem Anschein nach Unüberwindbar sind. Dabei sollte genau dies der Kernpunkt unserer Geschichte sein, den wir nicht vergessen dürfen.
Das Buch „Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben“ von Sönke Neitzel und Harald Welzer ist in seiner gebundenen Ausgabe seine 22,90 € durchaus wert. Persönlich erfreut mich aber besonders, dass dieses sehr empfehlenswerte Buch auch über die Landes- und Bundeszentrale für politische Bildung im Paket mit 5 weiteren Titeln für nur 12,- € erhältlich ist. (Pro Lieferjahr kann man als NRW-Bürger bis zu 6 Bücher aus ca 270 Titeln für eine einmalige Bereitstellungspauschale von 12,00 Euro kostenfrei bestellen. Auch der Versand ist kostenfrei)
https://www.politische-bildung.nrw.de/print/soldaten/index.html
Stefan Dickhäuser
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Habe das Buch vor einigen Jahren gelesen und fand besonders die Schilderung der Tiefflieger-Piloten sehr erhellend, die das Abschießen von fliehenden Zivilisten als Spiel oder Sport empfanden. Ich kann gut nachvollziehen, dass man leicht in einen solchen Gefühlsmodus kommt, wenn ich mir heute Ego-Shooter anschaue: Ähnlich wie im Konsolenspiel ist der Pilot einer Distanz zum Opfer ausgesetzt, die ihn emotional komplett von ihm trennt. Ob man durch die Mattscheibe eines TV-Bildschirms schaut oder durch die Frontscheibe eines Flugzeugs, scheint für uns Menschen in bestimmten Situationen dasselbe zu sein. Nachvollziehbar: Wenn wir auf der Autobahn unterwegs sind, nehmen wir ja auch nur die Autos wahr und nicht die Menschen am Steuer: Wir sagen „Der blöde BMW klebt mir immer an der Stoßstange!“, nicht „Der Mann hinter mir drängelt ganz schön!“. Auch hier trennen wir uns emotional von den Menschen um uns herum. Ich hoffe, dass wir uns nicht irgendwann mehrheitlich emotional trennen von den Flüchtlingen in den Aufnahmelagern. Ich hoffe, dass sie immer „die Menschen in den Lagern“ bleiben, und sie nicht zu „den Lagern“ werden. Und dass bald keine Lager mehr nötig sein werden.