Laut einer vom Bundesfamilienministerium in Auftrag gegebenen Studie haben sich junge Menschen zwischen 14 und 24 Jahren zunehmend in Messenger wie WhatsApp zurückgezogen. Soziale Netzwerke wie Facebook werden zwar weiterhin passiv konsumiert – doch sich selbst dort öffentlich zu äußern, wagen immer weniger Jugendliche. Abgeschreckt durch Hasskommentare, Falschinformationen und Shitstorms ist die heutige Jugend in Deutschland zwar sehr gern im Internet, jedoch legt die Mehrheit viel Wert auf geschützte Räume in der Kommunikation.
Man spürt, dass das Internet erwachsener wird. Da die Medienkompetenz wohl bei Jugendlichen, die mit den digitalen Kommunikationseigenheiten aufgewachsen sind, weiter entwickelt ist als bei Älteren, sind die Ergebnisse der Studie nicht verwunderlich:
Ergebnisse der Studie vom DIVSI
Im öffentlichen Raum (Facebook, YouTube, Instagram…) werden erwünschte Inhalte vorwiegend passiv konsumiert. Im Messenger (meist WhatsApp) wird sich zwanglos innerhalb der Netzwerke ausgetauscht. Viele junge Leute legen sich für Instagram ein Pseudonym-Profil an, das auf „nicht öffentlich sichtbar“ gestellt wird. Dort können sie im geschützten Raum mit Freunden kommunizieren und Stories für ihre Freunde posten.
Weitere Ergebnisse der Studie hier bei t3n
Die Schweigespirale im Internet
Nicht nur destruktiv eingestellte Menschen, auch Chat-Bots wüten im Social Web und schüchtern viele Bürger ein. Nicht nur junge Menschen, auch Ältere sind immer vorsichtiger bei ihren Meinungsäußerungen, wenn es um heikle Themen geht. Vor Allem bei politisch werden die Menschen extrem vorsichtig und fürchten sich davor, zum Opfer von Hatern und organisierten rechten Politik-Lobbys zu werden.
Jeder muss wohl für sich selbst definieren, wie er sich positioniert. Viele Einflussfaktoren sind dabei zu berücksichtigen:
- Wie wichtig ist es mir, mich mit meinen Werten öffentlich zu zeigen?
- Was ist das Ziel meiner Social Media Aktivitäten bei öffentlichen Netzwerken?
- Wie baue ich mein Netzwerk auf, um konstruktiv informiert zu werden und debattieren zu können?
- Wie erlange ich Medienkompetenz, um mich vor Manipulationen und Falschnachrichten zu schützen?
Die Masse der Bürger ist verständlicherweise lieber ruhig und äußert die eigene Meinung nur im privaten Umfeld. Ungern gehen die Menschen das Risiko ein, sich der „Öffentlichkeit“ auszuliefern in ihrer Funktion als Tribunal. Doch im Internet kommt neben der enormen Reichweite erschwerend hinzu, dass Computerprogramme die Wirklichkeit verzerren.
Problemfall Twitter
Bei Twitter werden politisch brisante Debatten manchmal zu zwei Dritteln (!) von Bots geführt! Falschmeldungen werden geschickt direkt zu Anfang eines Themas per Link verbreitet. Durch Tricks erhöht sich die Glaubwürdigkeit der Chat-Programme, die überwiegend von rechten Kreisen in Umlauf gebracht werden, um die Gesellschaften zu spalten. Und es wird immer schwieriger, diese Programme von „echten“ Menschen zu unterscheiden. Der einizge Weg ist oft genug: Profil, Kommunikationsverhalten und Beziehungsnetzwerk jedes unbekannten Twitter-Accounts analysieren. Doch wer macht das schon!
Süddeutsche: Wie Bots bei Twitter Diskussionen manipulieren
Die neue Schweigespirale war wohl unvermeidlich. Die Unschuld der ersten Jahre im Web 2.0 ist Vergangenheit. Wir sind gezwungen, bewusst Entscheidungen zu treffen. Doch das hat auch Vorteile! Es stärkt die Persönlichkeitsentwicklung und Zielorientierung. Wer sich bewusst aktiv im Internet bewegt, kann Reichweite und Vertrauen aufbauen.
Unternehmen, die wertebasierte Unternehmenspolitik betreiben, können davon profitieren. Lesen tun die Leute ja! Das kann genutzt werden, um Kunden und Empfehler mit einer anspruchsvollen und werteorientierten Kommunikation zu begeistern. Die Leute wollen ja kaufen! Aber es sollen Produkte sein, die nicht nur durch ihre Qualität, sondern auch durch ihre Ausstrahlung überzeugen. Marken wie Nike machen es vor. Also ran! Gute Zeiten für echtes Marketing im Internet.