Ist Facebook tot? Unternehmensführung und digitale Kommunikation 2019

Was würde ich einem Unternehmen raten, das seine Aktivitäten in den sozialen Medien strategisch optimieren will? Würde ich empfehlen, auf Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, LinkedIn und Co zu setzen? Und wie beurteile ich die Aussage, Facebook sei „tot“? Wie machen es andere innovative Unternehmen? Kann man von den Besten lernen?

Wer sich abhängig macht, wird zum Abhängigen

Zunächst muss eigentlich jedem Unternehmen klar sein, dass Anbieter im Bereich Social Media konsequent ihre eigenen Interessen verfolgen und keine solidarischen Verpflichtungen gegenüber anderen kommerziellen Anbietern empfinden. Strategisch wird abgewogen, wie Kunden und potentielle Kunden bestmöglich an die eigene Plattform bzw. die eigenen Produkte gebunden wird – und wie man den Umsatz mit den Kunden optimieren kann.

Es wäre empfehlenswert, Google, Facebook und Co als ganz normale Lieferanten zu betrachten, die gern viel versprechen, Lockangebote machen – und nur dann viel bieten, wenn damit ihre gewinnorientierten Ziele verfolgt werden. Wie lukrativ ist der Kunde? Wie riskant sind dessen Inhalte und Diskussionen für meine Plattform? Wie abhängig ist der Kunde von meinen Produkten? Was kann ich tun, um die Geschäftsbeziehung zu festigen und den Kunden möglichst fest an mich zu binden?

YouTube, Facebook, Instagram, LinkedIn

Setzen Unternehmen in ihrer webbasierten Kommunikation ausschließlich auf Facebook, Instagram, LinkedIn und YouTube, geben sie wissentlich oder unwissentlich die Kontrolle über ihre Aktivitäten und Gespräche auf. Man kann es vergleichen mit einem Messestand bei einem großen Messestand-Verpächter. Dieser nimmt für den Stand selbst kein Geld – versucht jedoch so gut wie möglich, durch Serviceleistungen, Werbung und Verkaufsförderung seinen Profit mit dem kostenfreien Mieter zu machen. Wenn dem Vermieter der Messestand des Kleinkunden nicht mehr passt, sieht er zu, wie er den unliebsamen Mieter (und schlecht zahlenden Kunden) los wird oder zumindest ihm so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zugesteht.

Welcher Unternehmer würde sich freiwillig in eine solche Erpressbarkeit begeben? Um Geld zu sparen? Aus einer finanziellen Notlage heraus? Wegen der mangelnden Wertschätzung für Messen, die als unwichtig und zweitrangig angesehen werden? Weil es zu kompliziert und Ressourcen aufwändig ist, als Unabhängiger einen eigenen Messestand anzumieten und zu pflegen?

Kurz und gut, ein guter Unternehmer bestellt sein eigenes Kommunikationsfeld und sieht zu, dass er gegenüber den Wettbewerbern und Trends einen guten Stand hat, sich nachhaltig auf den wichtigen Kontaktpunkten zum Kunden positioniert und Beziehungen zu Stakeholdern und Influencern pflegt. Selbstverständlich nimmt er gern das Angebot an, kostenfrei auf einem großen Messestand auszustellen – doch wenn der Eigentümer der Fläche es sich anders überlegt bzw. diese kostenfreie Präsenz weniger bringt als dass sie an Zeit und Aufwand verschluckt – dann lässt man es eben wieder. Man ist ja nicht davon abhängig!

Sind eigene Kanäle die besser Alternative?

Kein strategisch klug aufgestelltes Unternehmen macht sich von Google, Amazon und Co abhängig und wird somit erpressbar. Die Priorität beim Social Media Marketing liegt auf den eigenen Kanälen. Zwar werden Facebook, Instagram, YouTube, Pinterest, Twitter und Co als Viralschleuder und Kommunikationsanknüpfungspunkt genutzt – doch das eigentliche Anliegen ist es, Interessenten und Kunden auf den eigenen Kanälen zu versammeln und mit ihnen ohne Kontrolle durch die Fremd-Plattformen zu kommunizieren.

Welche Netzwerke und Tools kann ein Unternehmen nutzen, das seine Unabhängigkeit schätzt?

  • Blog/ CMS-Website
  • Forum/ Community
  • E-Mail-Newsletter
  • Mobile App
  • Online-Shop
  • Bild-, Video- und Audiomediathek auf eigenen Servern
  • Messenger, Datenaustausch- und Projektmanagement-Tools  auf unternehmeneigenen Servern

Selbstverständlich betritt man sich eine ganz andere Dimension, wenn ein Unternehmen auf unternehmeseigene Strukturen setzt und darauf achtet, sich auf unternehmeneeigenen Servern zu bewegen. Digitale Kommunikation ist nicht mehr wegzudenken, abschalten oder weglassen ist keine Alternative. Auch kleine Unternehmen können mit dem selbst gehosteten Blog, dem eigenen Forum und dem E-Mail-Newsletter auf eigenem Mailserver digital kommunizieren.

Warum setzen fast alle Unternehmen auf Cloud-Lösungen und fremde Plattformen und Tools?

Mit unternehmenseigenen Strukturen ist der Aufwand erheblich höher, eine Community aufzubauen und Reichweite zu erzielen. Die Menschen bewegen sich auf den großen Plattformen wie Google, LinkedIn (Microsoft) und Facebook. Unternehmen können sie dort viel leichter erreichen und zu sich ziehen, als wenn sie auf organische Suchmaschinenoptimierung und E-Mail-basiertes Marketing setzen.

Allein der Aufbau eines digitalen Vertriebs- und Kommunikations-Systems auf eigenen Servern und die damit verbundenen Kosten schrecken ab. Doch wenn wir sehen, wie zum Beispiel Online-Händler bei Amazon die Daumenschrauben angezogen werden, damit sie zusätzlich zu ihren Gebühren auch noch Werbung schalten, sollte das nachdenklich machen.

Der große Aufschrei, als Facebook den Business-Seiten die organische Sichtbarkeit bis auf ein Minimum reduzierte, damit Ads geschaltet werden, ist ebenfalls ein Wink in die richtige Richtung. Wartet nicht, bis das Gleiche bei Instagram und YouTube passiert: Macht Euch unabhängig! Nutzt Facebook, Google und Co als willkommene Ergänzung – aber doch bitte nicht wie ein Süchtiger, der von seinem Dealer abhängig ist!

Ist Facebook tot? Sind andere soziale Plattformen zukunftssicherer?

Niemand kann sagen, ob Facebook sich zu einem ganz neuen Netzwerk (zum Beispiel zu einer interaktiven Online-„Zeitung“ mit privaten Bereichen und Produktinformationen) entwickelt, oder ob die User nach und nach zu neuen sozialen Netzwerken abwandern. Vielleicht ist Facebook schon in drei Jahren Vergangenheit wie heute MySpace – aber ist das so wichtig?

Instagram wird wahrscheinlich mehr und mehr zum „virtuellen Schaufenster“ und extrem spannend als Werbeträger mit interaktivem Komfort – aber sollte man sich von Werbeträgern abhängig machen, ohne mit den eigenen Kunden und Interessensgruppen digitale zu kommunizieren? Gerade die sich ständig verschärfenden Gesetze und internationalen Abkommen zwingen uns doch dazu, uns so unabhängig wie möglich zu machen. Kein Unternehmen wird gern überwacht, analysiert und zensiert in seinen Inhalten, Gesprächen, Geschäftsbeziehungen und Kontakten. Die Daumenschrauben werden ständig weiter angezogen. Darauf muss reagiert werden.

Dark Social

WhatsApp, andere Messenger und Sprachassistenten  werden immer bedeutender für die gewinnorientierte Kommunikation, da die Menschen den Blick der Öffentlichkeit meiden. Doch die Anbieter dieser Dienste sind selbstverständlich bestens informiert über die Aktivitäten im „Dark Social Web“ – wollen wir das? WhatsApp, der Messenger und Instagram gehören genauso dem Facebook-Konzern wie das soziale Netzwerk Facebook. Also muss eine Grundsatz-Entscheidung getroffen werden. Blatt im Wind der digitalen Konzerne – oder Aufbruch in „digitalen Immobilienbesitz“ mit eigener Architektur und eigenen Kommunikations-Regeln.

Der Weg in die Unabhängigkeit

Ob kleiner Schrebergarten oder Indupark, es ist eine gute Zeit, sich unabhängig zu machen und trotzdem weiterhin klug und strategisch basiert die vorhandenen sozialen Netzwerke zu nutzen. Ob dann Facebook stirbt wie jetzt gerade Google+, ob YouTube nur noch Medienkanal der Verlage wird, ob WhatsApp und Instagram in rasender Geschwindigkeit die Preise erhöhen bei den Business-Kunden…. Das kann man dann gelassen diskutieren, wenn es passiert – weil man ja unabhängig ist.

Die SteadyNews mit dem dazugehörigen Newsletter sind so ein Schrebergarten im WorldWideWeb. Gern würde ich irgendwann noch ein selbst gehostetes Forum (WordPress-Plugin) für den Austausch der Community.

Gern nutze ich Facebook, Twitter, Xing und LinkedIn als Ergänzung. Doch wären all diese sozialen Plattformen morgen tot, würde mich das nicht vernichten. Dann wäre ein Sturm durch das digitale Netz gefegt, der mir durchaus auch Vorteile bringen würde. Solange es Browser, Provider und Suchmaschinen gibt, bin ich digital handlungsfähig. Und damit fühle ich mich ausgezeichnet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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