Heute früh habe ich einen Podcast gehört von Müttern, die über selbstbestimmte Kinder sprachen. Kinder, die nicht gehorchen, Kinder, die auf ihrem eigenen Willen bestehen, Kinder, die sich weigern, abends den Schlafanzug anzuziehen… Wie kann man da als Mutter mit umgehen?
Zwei der drei Mütter sprachen darüber, dass sie ihr Kind nackt ins Bett gehen lassen „dürfen“, dass sie für sich reflektieren „dürfen“, warum sie das Verhalten des Kindes ärgert, dass sie Ärger fühlen „dürfen„, wenn das selbstbestimmte Kind nicht nur über sich selbst, sondern auch über die Mutter bestimmen will.
Und da saß ich da und fragte mich, wer ihnen ihre Gefühle und Verhaltensweisen denn verbieten könnte! Gibt es in ihrem Umfeld eine Instanz, die alles, was sie tun, beobachtet und richtet? Wenn ja, wer ist das? Gott?

Ich habe dieses gehäufte „Sie dürfen“ und „Ich darf“ erstmalig in der Coronazeit bemerkt – in der Zeit, wo man sich plötzlich warnend zum Abschied zurief „Pass auf Dich auf!“.
Ich stand in einer Arztpraxis an einer Empfangstheke, vor der sich eine kleine Schlange gebildet hatte. Die Assistentin sagte stets „Sie dürfen jetzt unterschreiben“ und ich dachte ‚Was soll das?‘. Ich darf unterschreiben? Ich muss es doch – oder man wird mich mit meinem Anliegen (impfen) wegschicken.
In der Zwischenzeit hat sich das Ganze gesteigert, und immer mehr Menschen sagen ständig über sich selbst „Ich darf …“. Vor allem sozial und therapeutisch Gebildete geben sich immer mal wieder die Erlaubnis, irgendetwas denken, sagen, fühlen oder tun zu dürfen. Ist das ein Bestandteil der viel gelobten Achtsamkeit geworden?
Ich habe gerade Googles Gemini gefragt, und die Antwort auf mein „Warum bloß????“ lautete
Einige Menschen verwenden „ich darf“, um das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht einfach etwas tun, sondern es „erlaubt“ bekommen. Dies kann mit einem geringeren Selbstvertrauen oder einer größeren Achtsamkeit für Regeln und Vorschriften einhergehen.
Junge, Junge, ich bin doch nicht in China! Ist unser Social Scoring System wirklich schon so fortgeschritten, dass wir fein darauf achtgeben, ob wir uns achtsam an alle geschriebenen und ungeschriebenen Regeln halten? OK, dann ist das halt so. Wer weiß, vielleicht fange ich damit auch noch irgendwann an – weil alle es tun…