Was wäre, wenn ich mich aus Social Media zurückziehe?

Was wäre, wenn ich mich aus der Öffentlichkeit – also aus dem Social Web – komplett zurückziehen wurde? Kein Blog mehr, kein Newsletter, kein Facebook. Wenn ich mit dem Smartphone nur noch telefonieren würde und Messages schreiben?

1. Ich würde das Gefühl haben, unbedeutend zu sein. Niemanden, den ich aufmerksam machen, trösten, bestärken und zum Nachdenken anregen kann. Die einzigen Menschen, bei denen ich wirken kann, wären die, mit denen ich beruflich und privat direkte Begegnung habe
2. Ich hätte viel mehr Zeit zu lesen und Dinge zu tun, bei denen ich mich kreativ ausdrücke
3. Schreiben würde ich nur noch als Tagebuch. Niemand würde es lesen außer mir
4. Ich würde mich gefangen fühlen in dem, was ich arbeite und womit ich mein Geld verdiene. Es wäre schwieriger, mich „neu zu erfinden“, weil mir mein Netzwerk wegbrechen würde
5. Ich würde entweder einsam – oder ich würde mir in der realen Welt ein Netzwerk aufbauen, in dem ich eine „öffentlich sichtbare“ Rolle spiele: vielleicht als Autorin in einer VHS-Gruppe oder bei den Toastmasters…

Die Vorstellung, als Autorin in einem realen Netzwerk zu sein, ist verlockend. Es wäre mir egal, ob ich im Internet mit meinen Beiträgen Leute erreiche – oder in der haptischen Welt. Singen im Chor, reden bei den Toastmasters, Geschriebenes vorlesen in einer Autorengruppe… Alles gut und machbar, solange ich mich fortbewegen kann.

Unsichtbar werden?

Unsichtbar zu sein, wäre schlimm. Entweder ich würde es schaffen, in Einsamkeit spirituelle Erfüllung zu finden durch „geistige Nahrung“, beten, schreiben und lesen (so wie Leute, die lange in Einzelhaft im Gefängnis sitzen), oder ich würde in Depression versinken.

Beim Schreiben dieser Vorstellung entwickelt sich gerade durchaus eine Sehnsucht, Social-Media-frei zu leben. Mehr Zeit haben, weniger Verpflichtungen, weniger Verantwortung… Doch auf der anderen Seite ist meine Gestaltungsfreiheit durch Blog, Newsletter, Facebook und das Potenzial weiterer digitaler Kanäle ein Geschenk, das ich hoch achte und dem ich sehr dankbar bin.

Kommunikation mit dem Unerwarteten

Kommunikation mit Menschen, denen ich nie begegnet bin, ist wunderschön. Zufälle, aus denen sich Begegnungen ergeben, sind ein unfassbares Geschenk. Dem Schicksal die Chance geben, sich auf das Unerwartete, Unvorstellbare einzulassen, ist etwas, was mich schon von Jugend an begleitet.

Das Leben ist eine weltweite Party, und Social Media bietet die Möglichkeit, an dieser Party auch dann noch teilzunehmen, wenn ich alt und bewegungsunfähig ans Bett gefesselt bin. Ich kann mir vorstellen, dass ich sogar als Demenz-Zugehörige noch im Netz Lebensfreude finden würde. Solange ich noch lesen und schreiben kann (und mir jemand gutmütig bei der Technik hilft) kann ich im digitalen Raum Begegnungen haben.

Dem Zufall eine Chance geben

Ich bin ein Mensch, der unerwartete Begegnungen liebt. Ob beruflich (als Dozentin, als Coach, als Entrepreneurin, als Selbstständige unter Selbstständigen) oder privat (Verabredungen mit Netzkontakten) kann ich darauf vertrauen, auf der Party des Lebens immer wieder spannende Seelen zu finden. Oder die Seelen finden mich. Ich liebe das Leben und seine Abenteuer. Dank meiner Öffentlichkeit kann ich mich zu erkennen geben und diejenigen anziehen, die zu mir passen. Was für ein Wahnsinn! Was für ein Geschenk! Was für eine Chance!

Nein, es gibt keinen Grund, mich aus dem Social Web zurückzuziehen. Ich bin dankbar und überwältigt von den Möglichkeiten, die es bietet – gerade, wenn ich mich mal wieder neu erfinde. Verbunden sein mit der ganzen Welt ist nicht nur in autokratischen Systemen eine Chance, etwas zu bewegen zu können. Danke für die digitale Vernetzung, lieber Gott. Danke dafür, dass wir heute auch auf einem Planeten leben dürfen, der nur aus Bits und Bytes besteht. Ich hoffe, ich erweise mich dieser Möglichkeiten würdig. Zumindest versuche ich weiterhin, mein Bestes zu geben. Versprochen.

Seit fast zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Unternehmenden. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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