Nina aus L.A.: Von den Vorzügen einer Social Media Auszeit

Im Sommer habe ich Urlaub von Facebook genommen. Ich war zwar weiterhin aktiv auf Twitter und Instagram, aber habe meine Aktivitäten bewusster betrieben. Im September haben mein Mann und ich dann eine Woche auf Hawaii verbracht. Ich entschloss mich, für diese Woche Social Media, Email und mein Mobiltelefon komplett zu ignorieren und eine Kommunikationspause einzulegen.

Die einzige Ausnahme, die ich mir gönnte, war mein iPhone als Kamera zu nutzen und einmal am Tag ein Foto auf Instagram zu teilen.

Warum dieses digitale Entzugsprogramm? Ich bin durch meinen Job als Marketingleiterin bei der Woodbury University in Los Angeles und durch meine Beratungstätigkeit mit meiner eigenen Firma, Communications Rebel, ständig online und immer erreichbar.

Das Smartphone ist meine Kommunikationszentrale.

Mit meinem Smartphone kann ich meine Social Media Aktivitäten verwalten, Telefonate und Videokonferenzen führen und mich mit den neuesten Nachrichten auf dem Laufenden halten. Ich erhalte rund 150 Emails pro Tag, die beantwortet werden wollen. Nicht zu sprechen von mehreren Meetings pro Tag, die vorbereitet und abgearbeitet werden wollen.

Oftmals ist Multitasking meine einzige Möglichkeit, alles zu erledigen, zu beantworten und zu bearbeiten. Ich weiß, dass Multitasking nicht besonders effizient ist, aber manchmal fühle ich mich einfach besser, wenn ich wenigstens ein paar Emails oder Facebook Nachrichten an meinem Laptop abarbeite, während ich in einem Meeting sitze…

Es mag eine moderne, amerikanische „Krankheit“ sein…

Die ewig überflutete, überarbeitete, überstimulierte Social Media und digitale Arbeitswelt, die uns nie erlaubt, einmal durchzuatmen und Abstand von dem ganzen Kommunikationstsunami zu nehmen.

Hawaii

Hawaii – mit Lava vom Vulkanausbruch in den 80ern und Wellen

Umso mehr sehe ich es als notwendig an, sich regelmäßig eine Auszeit (wenn auch kurz) von Social Media und Co. zu gönnen. Hawaii war der perfekte Ort für mein digitales Entzugsprogramm. Der hawaiianische Lifestyle ist behäbiger. Die Menschen scheinen mit der Natur im Einklang zu leben. Sie stehen mit dem Sonnenaufgang auf und der Arbeitstag geht um 16 oder 17 Uhr zu Ende. Restaurants und Geschäfte schließen früher als auf dem amerikanischen Kontinent, und um 22 Uhr abends ist keiner mehr auf der Straße zu sehen. (In Los Angeles fängt der Abend um 22 Uhr erst an…)

Das Leben auf Hawaii fühlt sich geschmeidiger an.

Am Wochenende versammeln sich hawaiianische Familien am Strand und verbringen den Tag mit Surfen, Schnorcheln und Grillen. Im Vergleich zu Los Angeles, wo sich das Leben in der Überholspur abspielt und jeder immerzu mit seinem Handy beschäftigt ist (sogar beim Autofahren), fühlt sich das Leben auf Hawaii geschmeidiger an. In den Cafés unterhalten sich die Menschen! Ich habe auf der Insel niemanden gesehen, der mit dem Laptop oder Handy in einem Café oder Restaurant sitzt. In Los Angeles ist es seine Seltenheit, jemanden ohne Handy oder Laptop an einem öffentlichen Ort mit WLAN zu sehen.

Meine ersten zwei Tage ohne Anschluss ans Internet und meine beliebten Gadgets waren gar nicht so einfach. Ich bin es gewohnt, morgens als erstes meine Emails zu lesen und meine Social Media Aktivitäten zu checken. Ab dem dritten Tag begann ich, meine neu gewonnene Freiheit zu genießen.

Ziemlich schnell wurde ich aufmerksamer und achtsamer.

Ich genoss es, einfach mal nichts zu tun und Leute zu beobachten. Ziemlich schnell wurde ich aufmerksamer, achtsamer und fühlte mich weniger gestresst. Wo ich sonst wertvolle Minuten meines Tages mit Social Media Updates verbringe, habe ich auf Hawaii’i diese Zeit bewusst für mich eingesetzt und mit Yoga, Meditation, Wandern und Herumtrödeln verbracht.

Plötzlich hatte ich auch wieder Raum für neue, kreative Ideen. Minuten, die ich sonst dazu nutze, durch Facebook zu scrollen, verbrachte ich auf Hawaii mit Tagträumen.

Einer meiner Lieblingsunternehmer in Nordamerika, Paul Jarvis, hat seine Erfahrungen mit einer Social Media Auszeit in einem Artikel in The Next Web beschrieben. „Meine Social Media Pause eröffnete mir neuen Raum. Raum zu denken und mit meinen Gedanken alleine zu sein. Raum zu experimentieren. Und den Raum, sich auf etwas zu konzentrieren.“

In ihrem Beitrag auf Greatist.com schreibt Sophia Breene: „Ständig Schritt zu halten mit Email, Facebook, Twitter, Instagram und anderen Online Aktivitäten, kann erschöpfend sein, strapaziert unsere Beziehungen und wirkt sich negativ auf unsere Produktivität aus.“

Und Professor Ioannis S. Pantelidis schreibt auf LinkedIn in „Lessons from a Social Media Sabbatical“: „Deine Freunde online sind fantastische Leute, aber nicht alle sind enge Freunde. Nimm Dir Zeit, die Bedeutung von Freundschaft wiederzuentdecken.“

Der Trend zum „Unplugging“

Blick über ein wolkenverhangenes Los Angeles

Blick über ein wolkenverhangenes Los Angeles

Jeder mag besondere Gründe haben für eine Social Media Auszeit. Aber eins wird deutlich, wenn wir uns den Trend zum “Unplugging” anschauen: Viele von uns haben sich mit der Idee “mehr ist mehr” angefreundet, wenn es um unsere Arbeit und den Umgang mit dem Internet geht. Mehr Kommunikation ist gut, mehr Aktivität in den sozialen Medien ist besser. Und die Möglichkeit, jeden zu jeder Zeit kontaktieren zu können, scheint der größte Vorteil des Internetzeitalters zu sein – so reden wir uns ein.

Leider müssen wir oftmals feststellen, dass “mehr” nicht immer “mehr” ist. Meistens ist weniger mehr. Durch meine Arbeit im Marketing und in der Kommunikation weiß ich aus Erfahrung, dass sich weniger, aber gezieltere und strategisch sinnvolle Aktivität in den sozialen Medien auszahlt. Und ja, theoretisch sind wir dank moderner Technologie jederzeit erreichbar – aber müssen wir wirklich rund um die Uhr auf Anfragen oder Kommentare reagieren?

Grenzen zu setzen, wenn es um unsere eigenen Social Media Gewohnheiten geht, ist das Beste was wir für unsere Gesundheit, unsere Produktivität und unseren Fokus tun können. Eine regelmäßige Social Media Auszeit gehört meiner Meinung nach ins Wohlfühlprogramm eines jeden Unternehmers im heutigen Internetzeitalter.

Über Nina Grenningloh Reyes

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Nina Grenningloh Reyes ist Gründerin von Communications Rebel und entwickelt Marketing- und Kommunikationsstrategien für Unternehmen in den USA und Deutschland, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen die Welt ein Stückchen besser machen. In Deutschland hat sie zum Beispiel mit Lunapads und Greenpicks Eco & Upcycling Market gearbeitet. In den USA hat sie Marketingkampagnen für die St. Baldricks Foundation und für Woodbury School of Architecture betreut. Nina lebt in Los Angeles, wo sie neben der kalifornischen Sonne die kulturelle und kulinarische Vielfalt liebt.
www.communicationsrebel.com

 

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