Zu faul zu arbeiten? Haben sich die Besitzenden alles selbst verdient?

„Ich habe mir mein gut versorgtes Leben verdient. Die, denen es schlechter geht, hätten sich eben mehr anstrengen müssen! Besser lernen in der Schule, einen höheren Bildungsabschluss erwerben, einen sicheren Beruf ergreifen, strebsam sein, die familiäre Gemeinschaft weiterführen, Vermögen und Besitz aufbauen, für die Gesundheit sorgen durch Ernährung und Sport. Vorbild für den Nachwuchs sein, anspruchsvoll die Freizeit gestalten, seine Bürgerpflichten wahrnehmen und wählen gehen“.

Es sei jedem Menschen gegönnt, in einer Welt zu leben, die all dieses ermöglicht. Doch ist es verständlich, aus einer solchen Welt heraus auf die herabzuschauen, die es nie leicht hatten seit ihrer Geburt, in ihrer Welt? Hatten diese wirklich „bemitleidenswertes Pech“ mit ihren Familien und Geburtsorten – oder sollte man nicht jede Welt jedes Menschen anerkennen, allen Welten Respekt und Ehrfurcht entgegenbringen?

Bild von Mohamed Hassan auf Pixabay

Es gibt immer Gründe

Natürlich ist es angenehmer, durch eine Fußgängerzone zu gehen, in der Wohlstand, Schönheit und Luxus zu Hause sind, als durch einen Stadtteil, an der die Armut wohnt. Natürlich fährt man im Urlaub lieber dahin, wo Natur und Mensch sich in üppiger Pracht ausbreiten, als dahin, wo Kinder an die Windschutzscheibe klopfen und um ein paar Münzen betteln. Wo Bettler auf der Straße liegen und dem wohlgenährten Bürger fluchend hinterherrufen.

Keine Schuld, kein Verdienst

Das alles ist verständlich. Ihr braucht Euch nicht Eurer Privilegien zu schämen. Doch bitte hört auf, die Schuld bei denen zu suchen, die nicht so sicher und wohlhabend seid wie Ihr. Ihr braucht ja nichts zu spenden, Ihr braucht Euch Armut ja nicht freiwillig anzuschauen, braucht auch nicht gleich ehrenamtlich im Altenheim oder in der Suppenküche tätig zu werden – nur bitte, hört auf zu denken „Selbst schuld! Mir hat auch keiner was geschenkt“.

Die Einen leben so, die Anderen leben so. So war es und so wird es wohl auch bleiben. Zurzeit leben wir in einem Deutschland, in dem die Armut rasend schnell zunimmt. Gerade hier bestimmt Dein Geburtsumfeld, wie es weitergeht mit Dir. Ob Du wohlhabender Akademiker wirst oder Tagelöhner mit 24.000 Euro Jahresbrutto als Hilfsarbeiter. Wenn Du es überhaupt schaffst, einen Vollzeitjob bis zur Rente durchzuhalten, der womöglich Deinen Rücken zerstört durch die harte, körperliche Arbeit.

Deutschland im Jahr 2023

Eine Familie mit Kindern versorgen, ohne staatliche Alimentierung? Bei knapp zwanzig Prozent der Deutschen unmöglich (Statistisches Bundesamt). Jeder Fünfte arbeitet als Geringverdiener. Da bleibt man entweder allein – oder man akzeptiert die staatliche Unterstützung. Und Alleinerziehende sind sowieso in der Mehrheit auf Alimentierung angewiesen, da sie erst dann wieder in Vollzeit arbeiten können, wenn die Kinder nicht mehr auf sie angewiesen sind während der Arbeitszeit plus Fahrzeit.

Einfach Respekt

Darum meine bescheidene Bitte: Habt einfach Respekt vor denen, die es schaffen, Tag für Tag zu überleben. Ich habe große Hochachtung vor ihnen und finde es total schade, dass wir nicht mehr in der Zeit von Willy Brandt leben, als die Sozialdemokratie noch Bedingungen schaffte, die den gesellschaftlichen Aufstieg auch für Arbeiterkinder ermöglichte. Als es noch Arbeiterkinder an den Universitäten gab – und in hohen beruflichen Positionen.

Chapeau, Ihr Überlebenden!

Es ist, wie es ist. Aber Respekt kostet nichts. Dank meines Berufs weiß ich, wie kostbar und bewundernswert die Armut ist. Glaubt mir einfach und habt Respekt. Chapeau, Ihr Überlebenden. Ihr hat unsere Bewunderung wahrlich verdient.

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

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