Eva Ihnenfeldt: Das Problem, wenn man sich zu wichtig nimmt…

Ich schreite durch mein Leben wie ein König durch sein Land. Dabei bin ich der König, der unerkannt bleiben will und sich als einfacher Bürger tarnt. So erhält er ein ehrliches Bild darüber, ob er ein guter ‚Wirklichkeitsschöpfer“ ist für seine Welt.

Wenn ich unter Menschen bin, prüfe ich, ob es auch all meinen mir Anvertrauten gutgeht. Ich lobe das T-Shirt eines Opas mit Rollator, auf dem ein heulender Wolf abgebildet ist, bei unserer kurzen Begegnung auf dem Gehsteig. Er strahlt und ich bin zufrieden. Ja, auch klapprige Greise haben das Recht, sich als Antihelden zu präsentieren. Bravo!

Auf dem Weg zum Bus überhole ich eine junge Frau. Sie lacht: „Sie sind ja schneller als ich!“ „Jau“ sage ich und lege genüsslich einen albernen Marschschritt ein. „Und das mit 66 Jahren! Immer steil voraus“ „Marsch Marsch“ antwortet sie und wir lachen beide so vertraut, als ob wir unterbewusst spüren können, dass wir uns schon ewig kennen.

Und so lebe ich Tag für Tag, Moment für Moment. Nachts träume ich manchmal von einem meiner Anvertrauten – so wie heute Nacht von Edeltraut, der Gardinennäherin. Ich suche im Internet, ob sie noch ihr Geschäft betreibt – und überhaupt, ob sie noch hier lebt  – ich werde sie kurz kontaktieren und mich erkundigen, ob alles OK ist.

Das sind so die Vorteile, wenn ein Mensch verstanden hat, dass er Schöpfer seines Lebens ist – Augenblick für Augenblick. Alles um die „Alles-Meins-Versteher“ gehört zu ihnen wie ihr Körper und wie ihre Sinnesempfindungen. Jedes Blümchen, jede Wolke, jede Netflix-Serie und jeder, der da an der Haustür klingelt: „Alles Meins“.

Das Gute an uns „Alles-Meins-Verstehern“ ist, dass wir alle und alles lieb haben – was es auch sei. Wir als Schöpfer fühlen uns auf der einen Seite wie Sozialarbeiter oder Gärtner unserer Schöpfung, auf der anderen Seite wie Regenten, die den Bewohnern unseres Reichs ihre Eigenverantwortung respektvoll überlassen, ohne uns einmischen zu wollen.

Mein „Alles meins“ Problem:

Das Problem bei dieser paradiesischen Weltenwahrnehmung ist allerdings, dass ich mich viel zu wichtig nehme. Ich bin das Zentrum meiner Welt, ich bin die Sonne. Wenn irgendwo irgendwas schiefläuft, bin immer ich dafür verantwortlich. Wer sonst?

Ich leide dann so sehr wie ein Fußballtrainer, der ein wichtiges Spiel verloren hat und befürchten muss, zur Strafe abgesetzt zu werden – ausgestoßen, abserviert – taugt nix.

Es kann lange dauern, bis ich aus einer solchen Verzweiflung wieder auftauche – bis ich verstehe, dass die Spieler meiner Mannschaft genauso ihr eigenes Leben erschaffen wie ich – und dass ich in ihrem Leben nur eine belanglose Nebenrolle einnehme. Ich bin gar nicht wichtig!

Dann bin ich erleichtert und meine übermütige Freiheit kehrt zurück. Dann quatsche ich wieder mit Hinz und Kunz und versuche, sie zum Lachen zu bringen.

Ja, ich bin Schöpfer meiner „Alles meins“ Welt – aber das Schönste daran ist, dass auch all das, was mir begegnet, seine eigene „Alles meins“ Welt bildet – sogar jedes Gänseblümchen spürt es beim stolzen Blühen auf der Hundewiese: „Alles Meins“.

Bild von katerinavulcova auf Pixabay

Seit über zwanzig Jahren auf der "freien Wildbahn" hat Eva Ihnenfeldt sowohl 2004 eine eingetragene Genossenschaft für Existenzgründer gegründet als auch 2011 eine Akademie für die Ausbildung von Social Media Manager/Innen. Lange Zeit war sie Dozentin und Trainerin für Marketing, Kommunikation und Social Media. Heute arbeitet sie als Coach für Menschen im beruflichen Wandel. Ihre Stärke ist es, IST-Situationen zu akzeptieren, Visionen zu erkennen und gemeinsam mit ihren Klienten Strategien zu entwickeln, die sich auch in der Praxis bewähren. Mobil: 0176 80528749 - E-Mail: [email protected]

steadynews.de

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