Das Y-Kollektiv hat bei YouTube eine 22-minütige Reportage veröffentlicht, in der Ilhan Coskun, Kameramann beim Y-Kollektiv, mit einem Selbstversuch belegt, wie in ganz großem Stil in der Musikbranche unbekannte Rapper nach oben und in die Charts gepusht werden. Er lernt den Hacker (oder wie er selbst sagt Social Media Experten) „Kai“ kennen, der ihm zeigt wie innerhalb kürzester Zeit Songs und Künstler mit Spotify.Playlists, Instagram Accounts und YouTube-Videos groß gemacht werden. Der Selbstversuch funktioniert erschreckend gut…
Ilhan Coskun produziert mit dem Künstlernamen Error281 bei befreundeten Musikern innerhalb weniger Stunden einen typischen Rap-Song und wenige Tage darauf ein passendes YouTube-Video. „Kai“ richtet für Spotify ein Programm ein aus zigtausend Bots (künstlichen Accounts) und gehackten realen Spotify-Mitgliedern ein und sorgt dafür, dass permanent rund 500 Accounts den bewusst kurzen Song hören – immer abwechselnd, um nicht aufzufallen. Wie gesagt, es scheint kein Problem zu sein, Anmeldedaten und Passwörtern von Menschen zu erhalten, die Spotify-Kunden sind! „Kai“ hatte auch die Anmeldedaten von Ilhan Coskun, was diesen doch etwas geschockt hat.
Die unbekannten Songs werden über die Spotify-Algorithmen in große Playlists eingebracht. Von da aus werden es immer mehr authentische Hörer, die den neuen Rapsong hören. Für den Rechteinhaber (in diesem Fall Ilhan Coskun) gibt es bei jedem Spotify-Aufruf etwa 0,04 Cent. Je mehr der Song gehört wird (von Bots, gehackten Accounts und zunehmend echten Nutzern), desto wahrscheinlicher wird es, dass die GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) ihn in die Charts aufnimmt. Streaming ist heute sehr wichtig für die Ermittlung der Charts. Nicht nur Spotify – auch bei den anderen Streaming-Diensten wird ähnlich manipuliert, um Künstler groß zu machen.
Flankierend zu Spotify und Co werden auch bei YouTube, Reddit und Instagram die Zahlen in die Höhe getrieben. „Kai“ zeigt in dem Video des Y-Kollektivs, wie preiswert man Millionen von Views bei YouTube erwerben kann. Likes, Kommentare, Abonnenten…. In ganz großem Stil wird überall betrogen – und die Plattformen scheint das nicht zu interessieren. Weder YouTube (Google) noch Instagram (Facebook) noch Spotify haben wirksame Instrumente gegen den großen Betrug im Einsatz. Auch Spotify scheint das alles wenig zu beunruhigen. Auf Mails des Y-Kollektivs gab es nicht einmal eine Antwort.
„Kai“ erzählt in dem Video, wie Geldwäsche funktioniert über Spotify und die Massen-Rapper. In wenigen Wochen können große Summen Geld gewaschen werden, weil das, was man in die betrügerischen Aufrufe steckt, durch die Auszahlungen von Spotify an den Rechteinhaber wieder ausgeschüttet wird – oft genug mit satten Gewinnen. Womöglich wird auch bei YouTube Werbung in die Videos eingefügt – was bei Millionen von Aufrufen schönes Geld bringt – von Google als Provision gezahlt.
Ein sehr spannendes Video, das man auf jeden Fall gucken sollte, um zukünftig Zahlen nicht mehr zu trauen. Auch wenn die Rapper-Szene vielleicht am Nächsten dran ist an das kriminelle Milieu und Geldwäsche, ist davon auszugehen, dass so langsam jedes Unternehmen mit Massen-Interesse die Tricks kennt und die günstigen Preise für Views, Follwer, Likes, Aufrufe und Co für sich nutzt. Leider ist so etwas bisher legal und so endet das Video mit der traurigen Erkenntnis: „Wenn Du oben mitspielen willst, musst Du wohl mitmachen“….
Quelle: BlickamAbend