Die Bundesregierung hat Ende Januar 2021 das Gesetz für eine Bürger-Identifikationsnummer gegen die Stimmen der Opposition in der öffentlichen Verwaltung durchgebracht. Ob diese Bürgernummer, die mit der Steuer-ID identisch sein soll, auch im Bundesrat Zustimmung erfährt, bleibt abzuwarten. Es bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.
Die Bürger Identifikationsnummer soll es den Bürgern erleichtern, sich bei Behörden korrekt und schnell auszuweisen. Wenn die einzelnen Bürger und deren Basisdaten zusammengeführt werden, erübrigt es sich, jedes Mal wieder Formulare auszufüllen, Ausweispapiere zu kopieren oder andere Belege vorzuweisen, die der Identifikation und dem Nachweis der Daten dienen.
Hinter der Bürger-ID-Nr. befinden sich persönliche Basis-Daten wie Name, Geburtsdatum und -ort, Anschrift und Geschlecht. Diese Basisdaten können dann von rund 50 Behörden und anderen Stellen abgefragt werden. Auch Krankenkassen und die Rentenversicherung sollen in dem neuen System eingegliedert sein.
Ob eine einheitliche Bürger-Identifikationsnummer dazu führt, dass der Staat seine Bürger umfassender überwachen und kontrollieren kann, sollte breit diskutiert werden. Zwar ist in dem Gesetz verankert, dass jeder Bürger bei jeder Abfrage seine Zustimmung geben muss – doch falls zum Beispiel ein Antragsteller seine Zustimmung verweigert und dies dazu führt, dass sein Antrag nicht bearbeitet werden kann, wäre das kein echtes Recht.
Fraglich ist, ob wirklich nur die absoluten Basisdaten ausgetauscht werden bei den angeschlossenen Behörden, Krankenkassen und weiteren Stellen – oder ob es im weiteren Verlauf innerhalb des Netzwerkes möglich sein könnte, Informationen der Rentenversicherung, der Polizei, des Finanzamts oder der elektronischen Krankenakte einzusehen.
Könnte zum Beispiel die Elterngeldstelle direkte Informationen über den Verdienst der Eltern erhalten? Könnte das Jobcenter direkt überprüfen, wie die Vermögensverhältnisse der Antragsteller von ALG-II-Leistungen über die Kontoauszüge hinaus sind? Könnten Gäste und Besucher öffentlicher Orte direkt am Eingang abgelehnt werden, weil sie beim Checkin als Straffällige identifiziert werden?
Es ist sehr wahrscheinlich, dass das beschlossene Gesetz in seiner jetzigen Form im Bundestag abgeschmettert wird. Und sollte es tatsächlich den Bundesrat passieren, müsste ganz sicher das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob diese einheitliche Bürger-Identifikationsnummer mit dem Grundgesetz vereinbar ist. In Österreich und Schweden gibt es übrigens bereits ähnliche Modelle. Vieles spricht für die digitale Bürger-Identifikationsnummer – doch auch in Zeiten von Corona sollte darüber debattiert werden und die Bürger sollten sich mit dem Thema intensiv auseinandersetzen.