Aufgrund meiner therapeutischen Arbeit sind mir Menschen, die unter lähmenden Depressionen leiden, vertraut. Meine Klienten leiden unter empfundener Sinnlosigkeit, mangelnden Glauben an bessere Zeiten, viele haben das Gefühl, keinen Wert zu besitzen. Therapeuten wissen, was grundlegend getan werden muss, um aus der Lähmung zu kommen: Ein Lebensstil, der für den Körper gesund ist, der an Struktur und Verhaltenskonditionierungen gebunden ist, der Raum bietet für Persönlichkeits-Entwicklung.
Doch wie kann ein von Sinnlosigkeit Gequälter zu der Kraft kommen, sich mit Disziplin und streng befolgten Regeln aus der Lähmung zu befreien? Ein „Reiss Dich mal zusammen“ hilft da wenig. Warum ist das so?
Erst die Selbstliebe – dann der Wille – dann die Disziplin
Die von der WHO entwickelte Fragebogen zum psychischen Wohlbefinden bringt innerhalb von zwei Minuten auf den Punkt, ob ein Mensch psychisch belastet ist. Auch für glückliche Menschen lohnt es sich, die 5 Fragen zum Wohlbefinden in den letzten zwei Wochen zu beantworten. Es wird deutlich, wie wichtig gewisse Faktoren sind, um das Leben aus ganzem Herzen zu lieben.
WHO-5 Fragebogen zum Wohlbefinden
Ich habe in meiner Arbeit immer wieder bestätigt bekommen, dass meine Klienten zunächst erfahren müssen, wie wertvoll, einzigartig, liebens- und bewundernswert sie sind. Und bisher ist mir noch kein Mensch begegnet, auf den diese (Selbst-)-Erkenntnisse nicht zutreffen. Jeder ist etwas Besonderes, und jeder ist toll. Erst die Selbstliebe lässt das erkennen, das gibt Kraft für Änderungen, das ist häufig der erste Schritt zur Heilung.
Was Disziplin anbetrifft, sind wir Menschen sehr verschieden. Ein depressiver Leistungssportler hat wohl wenig Probleme mit Disziplin beim täglichen Trainingsprogramm. Doch sein Herz geht nicht mit. Vielleicht braucht er Disziplin dafür, um Selbstkasteiung und Leistungsfixierung loszulassen. Egal! Wichtig ist, die eigene Psyche und den eigenen Körper so zu lieben wie das eigene, frisch geborene Baby.
Der eine braucht Arbeit und Anerkennung, um aus der Sinnlosigkeit zu kommen, der andere braucht Kontemplation (innere Versenkung) und Freiheit von Leistung, um die bedrückende Fremdbestimmung abzulegen. Doch Disziplin braucht man immer, damit sich der neue Lebensstil festigt.
Bei vielen meiner Klienten liegen die Probleme durchaus im Nahrungs- und Konsumverhalten. Süßigkeiten, Fastfood, Coca-Cola und mangelnde Bewegung sind die körperlichen Hauptgifte; Zocken und Unterhaltungsmedien verhindern Persönlichkeitsentwicklung und soziale Kontakte im „echten“ Laben.
Wie kommt man zu Selbstliebe und Selbstbewunderung?
Wie würdest Du Deinen geliebten Hund (oder ein anderes Haustier) versorgen? Worauf würdest Du achten, damit Dein Tier ein langes, gesundes Leben führt? Schreib doch einmal auf, was Dir wichtig wäre als Verantwortliche/r für Deinen Dich über alles liebenden Hund.
Im nächsten Schritt verstehe, dass Du selbst mit Deinem Körper, Deinen Gefühlen und Deinem Kopf Dein eigenes Haustier bist. Du lebst in einem Körper, Du lebst in einem Gefühlskomplex, Du brauchst geistige Anregungen, um nicht zu erkranken. Und wenn es irgendwo nicht stimmt, suchst Du als Herrchen oder Frauchen nach Heilmitteln und Trainingsprogrammen, damit Dein Hund wieder entspannt, gelassen, glücklich ist – und nicht an Verdauungsbeschwerden leidet.
Für Selbstliebe braucht man Menschen, die zuhören
Leider ist es selten, dass Menschen Menschen zuhören. In der Regel wartet das Gegenüber (Familie, Freunde, Kollegen) nur auf eine Gelegenheit, von sich selbst zu erzählen. Wir Menschen sind so ausgehungert nach Eigenbotschaften, dass wir beim Zuhören vor allem auf den Moment warten, wo wir selbst reden können.
„Das kenne ich….“ und schon geht es los. Jede Gelegenheit wird ergriffen, um eigene Erfahrungen mitzuteilen.
Therapeuten haben den Vorteil, dass sie in keiner näheren Beziehung zum Klienten stehen. Sie haben keinen Wunsch, von sich selbst zu erzählen. Sie verdienen ihr Geld mit Zuhören. Und das tut dem Unglücklichen und/ oder Angstgeplagten gut. Außerdem kennen Therapeuten Methoden, wie man sich aus Lähmungen und Ängsten befreien kann.
In der Verhaltensänderung liegt der Heilungsweg. Medikamente allein lindern nur die Symptome. Das ist wichtig, um Kraft zu schöpfen für den Heilungsweg. Doch eine Heilung erfordert immer auch eine Lebensstiländerung. Der psychisch gesunde Mensch lebt auch gesund. Einfach, weil er es sich wert ist. Weil er sich liebt. Weil er nicht aufgibt: Er forscht, trainiert und agiert, damit es seinem „Haustier“ gutgeht. „Ich liebe mich über alles und sorge dafür, dass ich alles bekomme, was ich für ein glückliches, langes Leben brauche“
Tipps vom Psychotherapeuten Philipp Ruland:
Hilfsmittel gegen Depressionen. Drei Dinge die garantiert funktionieren
<