Einige von uns erfahren in ihrem Leben eine plötzliche Umwandlung ihres kompletten Umfeldes. Ob durch Heirat, Erbe, Karriere, Unternehmensgründung, Auswanderung oder andere Umstände – man wird sozusagen in ein anderes Leben katapultiert. Das Leben wird vielleicht komfortabler, anstrengender, reicher, aufregender, komplizierter, angesehener – oder aber auch trauriger.
Für viele von uns ist dieser Wechsel genau das Richtige. Es gibt Menschen, die ihre ganze Kindheit und Jugend über das Gefühl hatten, im falschen Leben gefangen zu sein. Als Erwachsene geschieht etwas, was ihnen ermöglicht, endlich ihr eigentliches, echtes Leben zu beginnen – zum Beispiel in einem anderen Land, einer andere Kultur.
Für viele andere jedoch bleibt das neue Leben, in das sie katapultiert wurden, fremd. Sie fühlen sich ausgeliefert, sind tief verunsichert. Aus selbstbewussten unbekümmerten Persönlichkeiten werden scheue Wesen, die versuchen, sich so gut wie möglich mit den neuen Anforderungen zu arrangieren. Manche bekommen Depressionen, weil sie völlig vereinsamen oder weil sie sich schämen für das, was sie sind.
In einem fremden Leben
Natürlich lockt uns die Aussicht auf ein Leben in Wohlstand, Aufregung, gesellschaftlichem Ansehen oder einer anderen beneidenswerten Umgebung. Oder wir opfern unser komplettes altes Leben der Liebe zu einem Menschen, der uns magnetisch anzieht. Doch ich kann nur empfehlen, sich nicht aufzugeben für den sozialen Aufstieg oder für die Auslieferung an den geliebten Menschen.
Was du ererbt von deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen.
Was man nicht nützt, ist eine schwere Last,
Nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen.
(Johann Wolfgang von Goethe)
Wenn Du das Gefühle hast, ein fremdes Leben zu leben, ob im Beruf, in der Familie, oder in einer fremden Kultur, lass es nicht passiv geschehen. Liefere Dich niemals einer fremden „Macht“ aus. Das Wichtigste, was Du hast, bist Du selbst. Deine Würde, Deine Persönlichkeit, Deine Berufung und all das, was Du liebst. Gib niemals Deine Heimat auf – und diese Heimat liegt in Dir selbst. Wo bist Du glücklich? Wo spürst Du, dass Du „richtig“ bist – genau so, wie Du bist!
Es ist nicht leicht, die innere Heimat zu erkennen. Es ist nicht leicht, sich einzugestehen, dass man ein „fremdes Leben“ lebt, das fern von dieser inneren Heimat ist – viel zu fern. Wir müssen ja nicht alle reich und berühmt werden – aber unserer inneren Heimat treu bleiben, das sollten wir schon – wo auch immer uns das Schicksal hin verschlägt.