Der Mensch stammt vom Tier ab – diese Erkenntnis war eine der großen Erschütterungen des menschlichen Selbstverständnisses. Seit der Aufklärung definieren wir Menschen uns nun in Abgrenzung zum Tier in erster Linie über unsere Intelligenz. Doch wieder haben wir eine neue Evolutionsstufe erreicht. Wir müssen uns eingestehen, dass Computer der menschlichen Intelligenz überlegen sind und diese sich in rasender Geschwindigkeit weiter entwickeln. Die nächste logische Konsequenz? Wir verschmelzen mehr und mehr mit Maschinen. Werden wir alle zu Cyborgs und Marvel-Helden?
Zurzeit gleichen wir mit unserem technischen Fortschritt in erster Linie noch Mängel aus. Blinde lernen sehen, Lahme lernen gehen, Tote lernen leben – zumindest ihre Organe… Doch es geht immer weiter. Bald wird vielleicht auch all das, was der Mensch im Laufe des Lebens an Erinnerung und Erfahrung gespeichert hat, weiterleben können in Software-Urnen bei den Liebsten. Oder das Vermächtnis unserer Ahnen wird weiterleben in Forschungseinrichtungen und Museen – wird Vergangenheit und Zukunft verbinden.
Bedeutet das, dass der Mensch sich selber abschafft? Werden wir wie in den großen Dystopien von den Computern unterworfen oder gar vernichtet? Nein, ich denke, die unausbleibliche Verschmelzung von Mensch und Maschine ist sogar etwas, auf das wir uns freuen können.
Von Mathematik als Mutter aller Wissenschaften entlastet können wir uns frei dem widmen, was Mensch sein von Grunde her bedeutet: Die Fähigkeit zu lieben und die Welt in Liebe zu verwandeln. Was für eine Verantwortung kommt da auf den rechenbefreiten Menschen zu! Wir können Fehler machen aus Liebe, Erkenntnisse haben in Liebe, können verstehen, warum wir quälen aus Liebe, uns rächen aus Liebe, ignorant, hochmütig, machtbesessen, gierig, faul und neidisch sind aus Liebe.
Wenn wir begreifen, dass der Verbrecher in uns nichts weiter ist als ein unglückliches, nach Liebe bettelndes Kind, können wir aus diesem Schulungsplaneten Erde ein Paradies bauen. Die Maschinen können all das übernehmen, bei dem sie uns überlegen sind (frei nach dem Motto „Überlass das Denken den Pferden, sie haben den größeren Kopf“) und wir können mit frei fließender Liebe und dem uns angeborenen Spieltrieb diese Welt transformieren.
Nicht zurück zur Natur wollen wir – sondern hin zur Natur. Hin zu einer überquellenden Natur, die allen fühlenden Wesen das gibt, was sie brauchen, um sich entspannt und geborgen ausleben und entwickeln zu können in Freiheit und Unbekümmertheit. Es wird so viel Spaß machen, unsere Vorstellungskraft und Experimentierfreude zu choreografieren!
Ich habe keine Angst mehr davor, dass eine starke Künstliche Intelligenz den Menschen ausrottet. Sie ist und bleibt eine Maschine ohne Liebeshunger und deren pervertierten Formen. Maschinen werden uns all das abnehmen, was errechnet werden kann – und uns in dieser neu gewonnenen Freiheit den Rahmen bilden für das, was Mensch wirklich ist: mehr als ein Tier – einzigartig in seiner Sehnsucht nach Liebe und Vollkommenheit.
Also ich freu mich drauf. Und wenn ich das Glück habe erst dann zu sterben, wenn es möglich ist, menschliches Leben als Erinnerung in Daten zu speichern, würde ich diese Kopie gern hierlassen bei meinem Tod. Auch wenn sich niemand dafür interessieren sollte – so eine „Datenurne“ fände ich eine hübsche platzsparende Hinterlassenschaft.